Direkt nach der Geburt ist der Kitastart oft in weiter Ferne – noch kann man sich kaum vorstellen, dieses Baby nicht mehr dauerhaft um oder auf sich zu haben. Dennoch sollte diese Frage im Laufe der nächsten Monate intensiver angegangen werden. Nicht nur, um sich rechtzeitig überhaupt einen Betreuungsplatz zu sichern. Sondern auch, um einen Platz zu finden, der zum Kind und der gesamten Familie passt.
Schließlich geht es bei der Betreuung des Kindes später nicht nur darum, es irgendwo versorgen zu lassen. Eltern wollen einen Ort finden, an dem sich das Kind wohl fühlt, sein eigenes Potential entfaltet und sich durch die Bezugspersonen sicher und gut begleitet fühlt. Die Bezeichnung „Erziehungspartnerschaft“ steht dafür, dass Eltern und pädagogisches Fachpersonal gemeinsam an einem Strang ziehen – immer zum Wohle des Kindes. Um dies gewährleisten zu können, muss vieles stimmig sein.
Kita ist nicht gleich Kita
Der erste wichtige Aspekt, den Eltern angehen können, ist die Frage nach der pädagogischen Ausrichtung der außerfamiliären Betreuung – sofern sie vor Ort eine Auswahl verschiedener pädagogischer Ansätze vorfinden.
In größeren Städten gibt es meist verschiedene Betreuungsangebote in der Nähe zum eigenen Wohnort. Es lohnt hier, die Unterschiede der pädagogischen Arbeit genauer zu betrachten. So lässt sich überprüfen, ob es zwischen der pädagogischen Ausrichtung der Kita und den eigenen Werten und Vorstellungen eine genügend große Schnittmenge gibt. Kita ist nämlich nicht gleich Kita. Und was vor Ort stattfindet, unterscheidet sich teilweise enorm.
Passt der pädagogische Ansatz zu uns?
Mittlerweile gibt es eine große Anzahl unterschiedlicher pädagogischer Ansätze. Sehr bekannt ist der Ansatz der Reformpädagogin Maria Montessori, der schon zu Beginn des letzten Jahrhunderts entwickelt wurde. Getreu dem Leitbild „Hilf mir, es selbst zu tun“ geht es hier um die Entwicklung der Selbstwirksamkeit und Selbständigkeit des Kindes. Hierzu ist ganzheitliches, selbstgesteuertes Lernen im Fokus, gestützt durch die Nutzung sensorischer Lernmaterialien. Wer sich hierfür entscheidet, sollte auch im Familienalltag auf Beteiligung und Selbstwirksamkeit des Kindes setzen.
Die Waldorfpädagogik ist ebenfalls um diese Zeit herum entstanden. Sie geht auf ihren Begründer Rudolf Steiner und sein anthroposophisches Weltbild zurück. Seine kontroverse Weltsicht fließt bis heute in die Arbeit der Kitas ein. Eltern sollten vorab genau prüfen, ob sie sich in dem Konzept wiederfinden. Beispielsweise kann die Ablehnung von Medien in diesem Ansatz zu einem Konfliktfeld werden, wenn Kinder zu Hause einen umfangreichen Medienkonsum haben.
Ein etwas später entwickelter Ansatz stammt aus der italienischen Stadt Reggio: Die Reggio-Pädagogik zeichnet sich dadurch aus, dass Kinder aktiv an ihrer Entfaltung beteiligt sind. Pädagogische Fachkräfte verstehen sich als Begleitperson des Kindes, die den Rahmen schaffen, in dem das Kind Erfahrungen sammelt. Besonders bekannt aus diesem Konzept ist die Annahme, dass der Raum als dritter Pädagoge fungiert. Räume sind flexibel, veränderbar, sinnlich und laden zum Erkunden ein. Hier gibt es allerdings kaum feste Strukturen, was für einige Kinder und Familien schwierig sein kann.
Erst Kita-Ansatz finden, dann Kita suchen
Auch Ansätze der Naturpädagogik wie Waldkindergärten sind sehr beliebt. Die Kinder verbringen dabei viel Zeit in der freien Natur, die Spiel- und Lernangebote selbst anbietet. Eine naturverbundene Haltung der Eltern und Freude des Kindes am Spiel im Freien sind hilfreich, um sich mit diesem Ansatz gut zu verbinden. In der Eingewöhnungszeit müssen die eingewöhnenden Bezugspersonen schließlich auch in der Natur sein und sollten nicht unbewusst Ablehnung oder Ekel vor Natur transportieren.
Neben den genannten Konzepten gibt es noch verschiedene andere Ansätze von Fröbel, Freinet, den Situationsansatz und mehr. Sich mit ihnen zu beschäftigen, ist der erste bedeutsame Schritt auf dem Weg zur außerfamiliären Betreuung.
Hat man einen oder mehrere passende Ansätze gefunden, gelangen dann die konkreten Angebote vor Ort genauer in den Blick. Alle Kindertageseinrichtungen müssen über ein Konzept verfügen, das ihre Arbeit genauer beschreibt. Oft ist dieses online einsehbar. Hier kann man sich über die ganz konkrete pädagogische Arbeit informieren, aber auch Öffnungs- und Schließzeiten erfahren und einen Einblick in das Leitbild und die Elternarbeit erhalten.
Checklisten helfen bei Auswahl
Besonders wichtig ist dabei, dass das Eingewöhnungsmodell erklärt wird. Moderner als das Berliner oder Münchner Eingewöhnungsmodell ist das Partizipatorische Eingewöhnungsmodell nach Prof. Dr. Marjan Alemzadeh. Dieses ermöglicht einen bindungsorientierten Übergang, der die Familie individuell in den Blick nimmt und ihr die Zeit gibt, die sie braucht.
Auch die Entwicklungspsychologin Liselotte Ahnert betont in ihrem Buch „Wie viel Mutter braucht ein Kind?” die Bedeutung der Eingewöhnung:
„Es ließ sich tatsächlich nachweisen, dass die Mutter-Kind-Bindung von einem sicheren in ein unsicheres Muster kippte, wenn die Eingewöhnungszeit sehr hastig vorgenommen wurde und nur wenige Tage betrug.”
Bei einem Tag der offenen Tür können dann noch mehr Informationen eingeholt werden: die Räumlichkeiten werden besucht, die Spielmaterialien betrachtet, die pädagogischen Fachpersonen sind ansprechbar. Die Bertelsmann-Stiftung hat eine Checkliste für Kita-Plätze und eine Checkliste für Kinder unter drei Jahren in Kitas erstellt, die hilfreiche Punkte beinhaltet, auf die man in Hinblick der Auswahl achten kann.
Und jenseits von Krippe und Kita?
Manchmal finden sich bei der genaueren Beschäftigung mit den jeweiligen Angeboten wenig Übereinstimmungen mit den eigenen Überzeugungen. Vielleicht hat man auch negative Erfahrungsberichte anderer Eltern gehört oder bei einer Hospitation bzw. auf dem Spielplatz etwas gesehen, das einem Unwohlsein bereitet. Nicht immer passen die vorhandenen Betreuungsmöglichkeiten.
Wer die Möglichkeit hat, entschließt sich vielleicht, doch noch etwas länger in Elternzeit zu gehen. Manchmal können auch andere Verwandte noch eine Weile bei der Versorgung des Kindes unterstützen. Es ist okay, das Kind auch erst in späteren Jahren in die außerfamiliäre Betreuung zu geben. Natürlich sind Sozialkontakte wichtig und Kinder spielen durchaus auch schon in der Kleinkindzeit miteinander und nicht nur nebeneinander. Aber diese Kontakte können auch in der Freizeit stattfinden.
Ein Mittelweg zwischen der außerfamiliären und familiären Betreuung für alle, die im Homeoffice arbeiten oder nicht erwerbstätig sind, aber das Kind in einer regelmäßigen Gruppe teilhaben lassen wollen, ist eine GeKi. Diese gemeinschaftliche Kinderbetreuung hat als Idee, dass sich Familien zusammenschließen, sich gemeinsam treffen und die Kinder beaufsichtigen, während sie dabei auch anderen Tätigkeiten nachgehen.
Kita ist mehr als ein Ort
Die außerfamiliäre Betreuung ist mehr als „nur“ ein Ort, an dem das Kind zukünftig einen großen Teil seiner wachen Zeit verbringen wird. Es ist ein Ort, an dem es sich entwickelt und neue Lernerfahrungen machen wird. Es ist wichtig, dass es eine gute Passung gibt zwischen dem, was das Kind als der individuelle Mensch braucht, und dem, was die Familie benötigt, um sich mit der Kita gut verbinden zu können.
Und es darf nicht übersehen werden, was die Kita überhaupt anbieten kann. Gerade das Kind sollte nicht mit Anpassungsleistungen überfordert werden, sondern einen Ort finden, der zu seinen Bedürfnissen nach Sicherheit, Schutz, Vertrauen und individueller Förderung passt. Dafür lohnt es sich, achtsam eine Auswahl vorzunehmen und sich intensiv damit zu beschäftigen.
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