Die ersten Wochen nach der Geburt, das Wochenbett eben, sollten eine im besten Fall ruhige und entspannte Zeit sein. Kuscheln mit dem Baby, Schlafen, Ausruhen und dem Körper nach der Geburt Zeit für die Regeneration geben. Hebammen betonen gerne, dass es nicht umsonst Wochen-„Bett“ heißt. Aber droht durch das viele Liegen nicht eine Thrombose?
Für die meisten Frauen wird also in den ersten Wochen nach der Geburt das Bett oder Sofa der wesentliche Aufenthaltsort sein. Manchmal gibt es allerdings Gründe, die empfohlene „Bettlägerigkeit“ genauer zu beobachten bzw. kritisch zu begleiten. Das ist immer dann der Fall, wenn Wöchnerinnen ein erhöhtes Thromboserisiko haben.
Das Hormon Progesteron macht den Körper in der Schwangerschaft weicher – so auch die Blutgefäße. Der Rückfluss des Blutes wird langsamer, weil die Venenwände instabiler und die Venenklappen schwächer werden. Das macht bei vielen Schwangeren ein Gefühl von schweren Beinen.
Höheres Risiko für Thrombose?
In den meisten Fällen hilft es, die Beine hochzulegen, mit Wechselduschen die Blutzirkulation anzuregen und die Beine mit einer kühlenden Lotion (wie etwa Venadoron) einzureiben. Im letzten Drittel der Schwangerschaft drückt auch das schwerer werdende Baby auf die Beckenvenen und bewirkt einen verlangsamten Rückfluss des Blutes.
Zusätzlich erhöht sich das Blutvolumen in der Schwangerschaft und die Gerinnungsfaktoren nehmen zu. Mit einer verstärkten Blutgerinnung sorgt der Körper dafür, dass der Blutverlust während der Geburt im Rahmen bleibt. Dies macht das Befinden in den letzten Schwangerschaftswochen meist beschwerlich, nicht aber gefährlich.
Anders verhält es sich, wenn ein deutliches Übergewicht (BMI > 29), Präeklampsie, eine Schwangerschaft durch Reproduktionsmedizin oder eine belastete Anamnese (wie z.B. wiederholte Fehlgeburten, genetisch bedingte Gerinnungsstörungen) hinzu kommen. In diesen Fällen steigt die Möglichkeit, an einer Thrombose zu erkranken.
Gefährlicher Blutpfropf
Dem Wort Thrombose liegt der Begriff Thrombus zugrunde. Er kommt aus dem Griechischen und bedeutet Pfropf oder Klumpen. Bei einer Thrombose bilden sich durch eine veränderte Fließgeschwindigkeit des Blutes die Thromben. Das sind Blutgerinnsel, die ein Blutgefäß blockieren oder ganz verstopfen können.
Durch die schwangerschaftsbedingten Veränderungen der Venen kann es in seltenen Fällen zu einer so genannten tiefen Beckenvenenthrombose kommen. Das Risiko ist dafür in der Schwangerschaft zwar fünfmal höher als im nichtschwangeren Zustand. Eine Beckenvenenthrombose kommt aber nur in einer von 1000 Schwangerschaften und damit selten vor. Zudem meist in den ersten 20 Schwangerschaftswochen.
In der Schwangerenvorsorge wird zu Beginn in der Anamnese erfragt, ob es Thrombosen in der Familie gibt, ob die Schwangere an Krampfadern leidet, raucht oder einen erhöhten BMI hat. Individuell abgestimmt werden dann Kompressionsstrümpfe und/oder das Blut verdünnende Medikament Heparin verschrieben. Die Behandlung, die sich an deutschen und internationalen ärztlichen Leitlinien orientiert, stützt sich in erster Linie auf Erfahrungswerte. Es gibt nur wenige Studien mit Schwangeren dazu
Bettruhe nach der Geburt?
Die Empfehlung, in den ersten Wochen nach der Geburt zur Schonung des Beckenbodens und zur Heilung der Geburtsverletzungen viel zu liegen, muss unter dem Gesichtspunkt der Thromboseprophylaxe differenziert betrachtet werden. Denn ein Risikofaktor für eine Thrombose ist die verringerte Blutzirkulation durch häufiges Liegen.
Also doch kein Wochen-„Bett“? Wie so oft macht es die Mischung. Gelegentliches Aufstehen zur Toilette, zum Duschen, vielleicht auch zum Familienfrühstück tut der allgemeinen Ruhe keinen Abbruch. Es reicht aus, um den Kreislauf zu mobilisieren. Gleiches gilt für etwas Beingymnastik im Bett (Fußkreisen, Zehen strecken und anziehen, Bein hoch lagern) und Wechselduschen.
Wöchnerinnen mit einem erhöhten Thromboserisiko wird geraten, die Kompressionsstrümpfe, die sie bereits in der Schwangerschaft getragen haben, in den ersten Wochen nach der Geburt weiter zu verwenden. Auch die täglichen Heparin-Spritzen werden fortgeführt. Für das Stillen ergeben sich dadurch keine Einschränkungen.
Information versus Angst
In jedem Fall wird die betreuende Hebamme individuell Empfehlungen aussprechen. Geburtsverletzungen (die dadurch beschädigten Wände der Blutgefäße begünstigen eine Thrombose) oder ein Kaiserschnitt, die Höhe des Blutverlustes und die Länge der Geburt spielen hier eine Rolle.
Wenn sich bei einer Thrombose ein Blutpfropf löst, kann er über die rechte Herzhälfte in eine Lungenarterie gelangen. Er kann dort zu einer gefährlichen Lungenembolie führen. Dieses Ereignis ist im Wochenbett extrem selten – und doch kann das Wissen darum Angst machen. Doch die Erfahrung zeigt, dass eine gute Aufklärung im Wochenbett über die Anzeichen einer tiefen Beckenvenenthrombose dazu beitragen kann, solch ein Ereignis zu verringern. Nachdem Anfang der 2000er Jahre in England eine ärztliche Leitlinie zu Thrombose im Wochenbett erschien, verringerten sich die Fallzahlen in darauffolgenden Jahren deutlich.
Treten in den ersten Wochenbett-Tagen und -Wochen Schmerzen und/oder ein Hitzegefühl im Bein auf oder ist eine Schwellung und/oder Rötung zu sehen, sollte in jedem Fall die betreuende Hebamme informiert werden oder ärztlich abgeklärt werden. Denn es ist wichtig zu beurteilen, ob es sich um normale und meist harmlose Wassereinlagerungen handelt oder um erste Anzeichen einer Thrombose. Schmerzen oder ein Spannungsgefühl im Fuß, der Wade oder der Kniekehle können auch ein Hinweis sein.
Ultraschall zeigt Thrombose
Die Hebamme kann am betroffenen Bein bestimmte Punkte drücken, die bei einer Schmerzreaktion auf eine Thrombose hinweisen können. Manchmal kann auch eine oberflächliche Venenentzündung zu Schmerzen und thromboseähnlichen Symptomen führen.
Eine Ultraschalluntersuchung und eine Blutuntersuchung können den Blutfluss in den Beinvenen darstellen und Aufschluss darüber geben, ob die Blutgerinnung gestört ist.
Die ersten Wochen nach der Geburt eines Kindes dürfen und sollen in jedem Fall eine ruhige Zeit sein. Auch wenn es Vorbelastungen aus der Familie, der eigenen Krankheitsgeschichte oder der Schwangerschaft gibt, ist mit entsprechender Vorbeugung und Aufmerksamkeit ein gemütliches Wochenbett möglich.
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