Linda hat 2013 in Freiburg ihr Hebammenexamen gemacht. Die 26-Jährige ist verheiratet und Mutter von zwei Kinder. Sie hat von Anfang an in der Freiberuflichkeit gearbeitet und auch Beleggeburten in der Klinik begleitet. Nach der Geburt ihres Sohnes im September 2013 hat sie nach sieben Monaten wieder als Hebamme gearbeitet. Aktuell ist sie mit ihrem zweiten Kind in Elternzeit, die sie dieses Mal auch ein Jahr lang genießen möchte. Hier erzählt sie die Geburtsgeschichte ihrer Tochter Frida, die den Eltern die Entscheidung für eine Klinikgeburt oder eine Hausgeburt einfach abgenommen hat.
Es ist der 18. Februar 2016. Ein Donnerstagabend. Mein Mann und mein Sohn (zweieinhalb Jahre alt) liegen schon im Bett. Ich bin drei Tage vor dem errechneten Termin (ET) und schreibe noch mit einer Freundin. Am nächsten Abend sind wir zum Essen verabredet und ich bin optimistisch, dabei zu sein, denn mein Bauch ist heute Abend so ruhig wie schon seit Wochen nicht mehr. Noch einmal richtig den Bauch vollschlagen am chinesischen Buffet, das wäre was.
Doch es sollte anders kommen…
Gegen halb elf bin ich ins Bett gegangen und auch echt schnell eingeschlafen. Die letzten zwei Wochen waren sehr anstrengend, jeden Abend Wehen, jeden Abend die Frage: „Wird da heute mehr draus? Geht es jetzt los?“ Ja, ich war irgendwie viel unentspannter, als bei meinem ersten Kind… und dann hörte ich mich immer zu meinen schwangeren Frauen sagen: „Du merkst, wenn es los geht.“ Was für ein banaler Ratschlag… aber so war es dann tatsächlich.
Zu Hause bleiben oder in die Klinik fahren?
Irgendwann wurde ich durch ein unangenehmes Ziehen im Rücken geweckt und ich wusste gleich: „Jetzt geht’s los.“ Ich schaute auf die Uhr, 01:17 Uhr. Mein Mann und Felix lagen beide schnarchend neben mir und ahnten noch nichts von dem, was sich da anbahnte. Jetzt ging es also los. Schon erstaunlich, dass mir das jetzt gleich nach der ersten Wehe so klar war. Ich blieb noch eine Weile im Bett liegen, da die Wehen noch nicht so schmerzhaft waren und ich nutze die Zeit, um immer mal wieder die Augen zuzumachen und döste tatsächlich auch zwischendurch immer noch mal ein bisschen ein. Die Wehen kamen von Anfang an eigentlich sehr regelmäßig. Sie fingen alle sieben Minuten an und verkürzten sich dann so langsam auf einen Abstand von fünf Minuten.
Ich war eigentlich völlig entspannt, freute mich, dass es endlich los ging und konnte es kaum erwarten, meine Tochter endlich auf der Welt zu begrüßen. Das einzige, was mir die ganze Zeit im Kopf rumgeisterte, war die Frage, ob ich zu Hause bleibe oder doch in die Klinik fahre, meinem Mann zuliebe?! Er war gegen eine Hausgeburt, aber nicht aus Angst vor mangelnder medizinischer Versorgung, sondern, Achtung, O-Ton: „Ich will die Sauerei nicht zu Hause haben.“ Ich habe mir den Mund fusselig geredet, dass eine Geburt nichts mit Sauerei zu tun hat (zumindest in den seltensten Fällen), habe aber irgendwann aufgegeben, gegen eine Wand zu reden. Ich hatte mit meiner Hebamme besprochen, dass wir es wie beim Großen machen. Wir schauen einfach, was passiert und entscheiden spontan, ob wir daheim bleiben oder eben doch fahren.
Gegen halb drei wurden die Wehen dann etwas stärker und ich beschloss, erst einmal unter die Dusche zu gehen. Das warme Wasser hatte mir damals bei Felix auch schon so gut getan, er wurde übrigens in der Wanne geboren. Ich stand also aus dem Bett auf und bekam einen fragenden Blick von meinem Mann, als ich mir Handtücher aus dem Schrank holte. Ich sagte nur: „Alles gut, hab ein bisschen Wehen, gehe mal unter die Dusche, schlaft ihr noch ein bisschen weiter.“ Das warme Wasser tat gut und ich blieb eine Weile darunter stehen. Nach der Dusche ging ich ins Wohnzimmer und machte es mir auf dem Pezziball gemütlich.
Die Kliniktasche schon im Kofferraum
Veratmen musste ich die Wehen noch nicht wirklich und dennoch stellte ich mir so langsam die Frage, wann ich meine Hebamme anrufen soll. Die Geburt meines ersten Kindes ging schon recht schnell und ich kam sehr lange gut alleine zurecht und jetzt hatte ich immer im Kopf, dass die zweiten ja oft viel schneller kommen. Ich war echt in einer Zwickmühle. Gebraucht habe ich meine Hebamme noch nicht, ich wollte aber auch auf keinen Fall zu spät anrufen. Gegen zwanzig nach vier habe ich sie schließlich angerufen und ihr den Stand der Dinge durchgeben. Sie würde sich langsam fertig und dann auf den Weg machen und kommen. Ich gab die Info an meinen Mann weiter mit der Bitte, meine Schwester anzurufen, denn die würde sich um Felix kümmern. Ich glaube, mein Mann begriff erst jetzt, was eigentlich Sache ist.
So langsam musste ich auch die ein oder andere Wehe veratmen. Gegen kurz vor Fünf war meine Schwester da, die verzweifelt versuchte, ihren Neffen Felix, der wach geworden war, vom weiter schlafen zu überzeugen. Zehn Minuten später kam auch Anne, meine Hebamme und wir schrieben erst mal ein kurzes CTG, nachdem ich ihr noch mal ausführlich erzählt hatte, was bisher so gelaufen war. Herztöne waren völlig unauffällig, die Wehen kamen mittlerweile alle drei Minuten und mussten jetzt auch alle kräftig veratmet werden. Ich blieb eine Weile auf dem Sofa liegen, weil ich es ganz angenehm fand und mit den Wehen ganz gut zurecht kam. Anne massierte mir das Kreuzbein, denn da spürte ich die Schmerzen am meisten und hatte das Gefühl, es zerreißt mir meinen Rücken.
Mein Mann, der immer noch davon ausging, dass wir in die Klinik fahren würden, hatte für alle Brötchen aufgebacken und frühstückte erst mal mit dem Großen und meiner Schwester. Anne und mich versorgte er mit Tee und Wasser und fragte immer artig, ob er irgendwas tun könne. Das Auto hatte er auf dem Bürgersteig geparkt und auch meine vorbildlich gepackte Kliniktasche hatte schon den Weg in den Kofferraum gefunden (das habe ich wohl alles gar nicht mitbekommen).
So wie ich es mir gewünscht hatte…
Gegen halb sieben hatte ich plötzlich Zweifel, zu Hause zu bleiben. Mein einziges Problem allerdings war, dass ich befürchtete, dass es mir zur Geburt in unserer Badewanne zu eng wird (Standardbadewanne, recht schmal, dafür recht tief). Anne schlug vor, doch mal die Blase leer zu machen, dann einmal zu untersuchen (was bisher noch nicht geschehen war) und dann schauen wir weiter. Gesagt getan, ich quälte mich also runter vom Sofa und stapfte um 06:35 Uhr Stufe für Stufe die Treppe rauf zum Badezimmer.
Ich setzte mich auf die Toilette, kontrollierter Blick in die Vorlage, keine Spur von Zeichnungsblutung oder schleimigem Ausfluss. Pipi gemacht, und dann hat es irgendwie klick gemacht in meinem Körper. Beim abputzen war sie da, die Zeichnungsblutung, ich stand auf und spürte auch schon den enormen Druck nach unten und konnte mich kaum auf den Beinen halten. Anne ließ schnell Wasser in die Wanne laufen, ging schnell noch mal nach unten, ihre nötigsten Utensilien holen und schickte dabei meine Schwester mit Felix weg. Sie nahm ihn mit zur Arbeit. Da hatte er sich schon seit Wochen drauf gefreut, dass er, wenn seine Schwester geboren wird, mit der Tante in den Kindergarten darf.
Als Anne wieder oben war, stieg ich in die Wanne, da war es 06:43 Uhr. Ich selbst war völlig überrumpelt, konnte es nicht glauben, dass es jetzt so schnell gehen soll. Hatte ich doch gerade noch ernsthaft überlegt, ins Auto zu steigen und noch in die Klinik zu fahren. Nach vier Presswehen und leichtem Mitschieben war es dann schnell geschafft. Um 06:53 Uhr wurde Frieda geboren, zu Hause in der eigenen Badewanne, so wie ich es mir gewünscht hatte. Und auch der Papa war völlig überwältigt und glücklich und im Nachhinein ganz stolz, dass seine Tochter zu Hause geboren wurde.
Nachdem auch die Plazenta sehr rasch folgte, zog ich dann vom Badezimmer ins Bett, wo erst einmal ausgiebig gekuschelt wurde. Irgendwann versorgte Anne einen kleinen Riss und schaute sich im Anschluss Frieda genau an, die das alles völlig entspannt mit sich machen ließ, hatte sie sich ja zuvor schon ein wenig an Mamas Brust gestärkt. Ach, es war so schön. Ich würde noch drei Kinder bekommen, wenn es immer so läuft 😉 – auch wenn man bedenkt, dass die Kleine mit 3600 Gramm gute 800 Gramm schwerer war als ihr Bruder bei der Geburt und das bei einer identischen Körperlänge von 49 Zentimetern. Und trotzdem rutschte sie so schnell ans Licht der Welt. Ich war im übrigen zuvor davon überzeugt, wieder ein kleines, zartes Kind zu bekommen, sollte aber eines besseren belehrt werden.
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