Liebe werdende Mutter,

gerade eben erst hast Du den positiven Schwangerschaftstest in der Hand gehalten. Du freust Dich auf Dein Kind, das im Juli oder August nächsten Jahres zur Welt kommen soll. Der Sommer ist eine so wunderbare Zeit für eine Geburt und für ein sonniges, warmes und weiches Wochenbett. Allerdings ist er keine gute Zeit, um eine Hebamme zu finden. Das liegt zum einen daran, dass der Sommer eine beliebte Ferienzeit ist und es auch für Hebammen schwierig ist, nur eine Vertretung für zwei, drei Wochen zu organisieren. Denn natürlich kann man nie so richtig planen, wenn die Babys irgendwann plusminus zehn Tage um den eigentlich errechneten Termin herum geboren werden. Und dann dauert so ein Wochenbett ja auch noch acht Wochen, für die eine Hebamme als Ansprechpartner für die Familie zur Verfügung stehen muss, auch wenn keine täglichen Hausbesuche mehr erforderlich sind.

Du weißt nun, dass es im Sommer etwas schwieriger ist mit der Hebammensuche. Deshalb hast Du gleich nach dem positiven Schwangerschaftstest die erste Hebamme angerufen. Sie hat Dir leider abgesagt, aber Dir zumindest zwei weitere Kolleginnen mit wahrscheinlich noch freien Kapazitäten empfohlen. Doch auch diese beiden konnten Dir nicht weiterhelfen, unter anderem, weil eine bereits vor dem Sommer die Freiberuflichkeit aufgeben wird. Die andere weiß noch nicht, wie es bei ihr weitergehen wird…

Ich weiß das auch nicht. Fakt ist, dass mal wieder am 30.06.2015 die Berufshaftpflichtversicherung ausläuft. Und was ab dem 01.07.2016 passiert, ist bisher mal wieder ein Rätsel. Es wird wohl eine Versicherungsoption geben, aber die Konditionen sind noch unbekannt. Es gibt Gerüchte, dass es zukünftig nicht ganz unproblematische Dreijahres-Verträge geben soll. Der Berufsverband (DHV) kündigte im August an, bis zum Herbst die neuen Versicherungskonditionen zu kennen. Nun steht der Winter steht vor der Tür und die dort versicherten Hebammen wissen nicht mehr als damals.

Man kann nicht planen, wenn man nicht verlässlich und schriftlich fixiert weiß, ob es einen neuen Versicherungsvertrtrag geben wird und wie dieser nun konkret aussehen wird? Vielleicht ist es besser, nur noch angestellt zu arbeiten? Wieder ganz zurück in den unterbesetzten Kreißsaal… Oder man geht besser gleich einer ganz anderen Tätigkeit nach? Hebammen haben sicher viel Geduld, doch auch die ist irgendwann aufgebraucht. Wie viele Jahre machen wir dieses Spielchen schon mit und wie lange hält man das noch aus? Wie sollen wir als Hebammen Frauen in dieser besonderen Lebensphase noch Sicherheit vermitteln können, wenn wir diese selbst nicht mehr haben? Ich weiß es nicht. Viele Kolleginnen wissen es nicht.

Und Du als werdende Mutter wirst nicht wissen, wie verlässlich Deine Hebammenbetreung sein wird, wenn Du denn überhaupt noch eine Kollegin findest, die Dich begleiten kann. Der Sommer ist eine wunderbare Zeit, um ein Baby zu bekommen. Und ich wünsche Dir und auch uns Hebammen, dass wir dieser Zeit gelassen und voller guter Hoffnung entgegen sehen können.

Deine Hebamme

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Kommentare

9 Antworten zu „Sommerbaby“

  1. T
    teytey

    Ja, ich habe da auch ein großes Problem.
    Meinen jetzt 10 Monate alten Sohn habe ich in der Klinik geboren, mit einer Hebamme, die mir ständig wegen einem Wehentropf in den Ohren lag, den ich bestimmt 10 Mal abgelehnt habe, einem Schichtwechsel und darauf folgendem Dammschnitt, wobei ich, als ich die Schere sah, fragte, was sie vorhaben, sie sagten „Untersuchung“, zwei hielten mich plötzlich fest und eine schnitt mir die Vagina auf, damit „wir endlich mal fertig werden“, dabei dauerte die Geburt noch gar nicht lang, und noch weitere unschöne Details. Erst nach 7 Monaten konnte ich an die Geburt denken ohne zu weinen.
    Mir war klar, die Geburt meines nächsten Kindes findet zu Hause oder im Geburtshaus statt.

    Jetzt bin ich wieder schwanger, errechneter Geburtstermin 3.7.16, und ich suche verzweifelt eine Hebamme die mich während der Geburt begleitet.

    Jetzt interessiert mich das mit der DHV Klage, weß jemand mehr darüber?

    Liebe Grüße
    T.

  2. A
    Anja

    Wir müssen weiterkämpfen! Der Deutsche Hebammenverband hat doch angekündigt, eine Klage vorzubereiten? Man kann ja nur klagen, wenn man direkt betroffen ist – also Hebamme oder schwanger und keine Hebamme mehr da ist?

    Aber kampfloas aufgeben kann es doch nicht sein!

    Anja

  3. S
    SeptemberMama

    Der Monat September ist genauso schlimm…. Ich habe 30 Hebammen angerufen, die 31. hatte dann Zeit …

  4. S
    sommermama

    Kind 1 war genau auf den ersten sommerferientag 2014 terminiert und ich musste im vierten Monat acht oder neun Hebammen durch telefonieren. Ganz hinten in der Liste unter w fanden wir dann die unsere, die dann kurz danach mit ihrer Praxis auch unsere Nachbarin wurde. Mit ihr hatten wir großes glück.

    ob es Kind 2 geben wird, steht in den Sternen. Es hängt an vielem (schaffe ich den Alltag mit kind1? Neuer Job? neue wohnung?)

    Aber ein wichtiger faktor ist auch eine gute hebamme.

  5. K
    Keikoa

    Mit Tränen in den Augen habe ich deinen Text gelesen,nicht nur weil mein eigener Berufsstand und dessen Ausübung so in Gefahr ist,sondern auch weil ich das erste mal die ganze Misère aus der anderen Perspektive miterlebe,als Schwangere. Ich habe mit meinem ET Glück,Mitte Juni..aber selbst hier war es nicht einfach eine Kollegin zu finden die mich begleitet…Mir fehlen einfach die Worte und Ideen…ich hoffe und bange und bete…

  6. T

    Heute morgen habe ich erfahren, dass eine unserer Hebammen jetzt schon in Kindergarten als pädagogische Fachkraft arbeitet … und ab nächsten Jahr auf Vollzeit in einer anderen Einrichtung.

    Wieder eine weniger.

    Darf man wirklich nur noch zwischen Juli und September schwanger werden?

    *ratlos*

    ~Tabea

  7. W
    Weib Yvonne

    Liebe Anja,

    vielen Dank für diesen treffenden Text.
    Nachdem ich nun schon seit einigen Jahren für die Hebammen aktiv bin, schwindet mein Mut zusehens, dass sich noch etwas sinnvolles bewirken läßt. Trotz Aktionen, trotz Elterninitiativen.
    Ich darf hoffentlich im Juli Wunschkind Nummer 6 begrüßen und stehe bis jetzt noch ohne Hebamme da. Meine letzte Geburt im Krankenhaus? Leider ist das keine Option für mich.
    Sollte sich also keine passende Lösung finden, werde ich wohl alleine gebären.
    Mein Wunsch ist das allerdings nicht. :-/

  8. F
    Frederike

    Genau wie du schreibst: „Wie viele Jahre machen wir dieses Spielchen schon mit und wie lange hält man das noch aus?“ – Nochmal die gleiche Frage wie vor einigen Monaten dazu: Warum wird denn nicht gestreikt? Jede andere Berufsgruppe hätte doch dazu schon längst aufgerufen. Natürlich sind Notbesetzung im Kreisssaal/Geburtshaus nicht schön, aber wenn kein Druck aufgebaut wird, ist das Signal an die Politik und KK doch gleich Null… Bei denen kommt doch nur an: es geht doch, lassen wir sie halt jammern, aber Gejammere sind wir gewöhnt…
    Bzw. hat der Verband eigentlich Lobbyisten in Berlin? Hier braucht man doch Profis die sich mit Lobbyarbeit auskennen…

    Hoffentlich wendet sich noch alles zum Guten!!

    1. N
      Nadine

      Im Gegensatz zu Lokführern, Piloten, Erziehern, etc. sind Hebammen nicht gewerkschaftlich organisiert. Dat heißt zum einem, dass niemand zu einem generellen Streik aufrufen kann, sondern jede Hebamme einzeln entscheiden müsste, ob ubd wann sie streikt. Wenn ich das richtig verstanden habe, gibt es sogar 2 oder mehr Hebammenverbände, in denen eine Hebamme aber auch nicht zwingend Mitglied sein muss. Selbst wenn also ein Verband (keine Gewerkschaft!) zum Streik aufruft, erreicht er damit nur einen Bruchteil der Hebammen.
      Zum zweiten bedeutet Streik für die Hebammen direkter Verdienstausfall. Berufsgruppen, die gewerkschaftlich streiken, erhalten ja einen Teil ihrese Lohnes durch die Gewerkschaft zurück (sofern sie Mitglied dort sind) und erreichen mit dem Streik einen finanziellen Verlust bei ihrem Arbeitgeber. Bei den Hebammen ist das anders. Viele Hebammen sind selbstständig. Wenn die Streiken würden, wäre das für die KK eher vorteilhaft, da dann ja auch keine Rechnungen von den Hebammen kommen würden. Die lachen sich so eher ins Fäustchen.
      Drittens der moralische Aspekt. Die wenigsten Hebammen könnten ‚ihre‘ Frauen im Stich lassen, wenn gestreikt wird.

      Und viertens habe ich das Gefühl, dass ein Streik eher das Gegenteil beweisen würde und den Hebammen eher schadet, denn nützt. Kurzfristig (also für die Dauer eines Streikes) würde man die Hebammenarbeit bestimmt ‚überbrücken‘ können. Dann übernehmen halt die Ärzte im KH das Ruder und die Mütter werden zu Hause alleine gelassen. Als Jungmutter hast du dann auch nicht unbedingt die Zeit/Kraft/Nerven auf dein Recht auf Hebammenhilfe zu pochen… Für die KK wäre das das gefundene Fressen zur Abschaffung der Hebammen. Mit den langfristigen Folgen dürfen sich dann unsere Kinder auseinandersetzen :o(

      Ich kämpfe weiter für euch wunderbaren Hebammen und unterstütze und helfe, wo ich kann! Damit meine Tochter ebenfalls in den Genuss von euch kommen kann.

      Alles Liebe ♥
      Nadine

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