Schwanger mit Mehrgewicht: Das solltest du wissen

Am 25. November ist Roses Revolution Day. An diesem Tag las ich zufällig mehrere Texte von Frauen, die während ihrer Schwangerschaft und Geburt aufgrund ihres Mehrgewichts als Schwangere bitter beleidigt wurden. Aussagen wie „Man kann im Ultraschall nichts sehen, weil Sie so dick sind“ waren dabei noch die harmlosesten der beschriebenen Beleidigungen.

Ja, Schwangere mit Mehrgewicht benötigen in bestimmten Bereichen eine angepasste Betreuung. Vor allem aber verdienen sie das, was jede Schwangere verdient: Fachpersonen, die sie ernst nehmen, sie als Schwangere sehen, höflich mit ihnen kommunizieren und sie nicht diskriminieren.

Im Folgenden findest du einige Aspekte, die bei einer Schwangerschaft mit Mehrgewicht eine besondere Rolle spielen können. Diese Informationen können dich vielleicht nicht vor Beleidigungen schützen. Aber sie befähigen dich, die entsprechende Betreuung einzufordern. Und eben dazu zu wissen, welche Maßnahmen angeboten werden, um dann eigenmächtig gute Entscheidungen zu treffen.

Risiken bei Mehrgewicht

Den Mutterschaftsrichtlinien zufolge gilt eine Schwangerschaft mit Mehrgewicht per Definition als Risikoschwangerschaft

Dies kann dazu führen, dass der Fokus bei den Vorsorgeuntersuchungen stark auf entsprechende Risiken und Komplikationen gerichtet ist. Das wiederum kann eine Schwangere verunsichern. Es stimmt, dass einige Risiken erhöht sind, wenn ein Mehrgewicht zu Beginn der Schwangerschaft vorliegt. Genauso wichtig ist es jedoch, diese erhöhten Risiken in den richtigen Kontext zu stellen. „Höheres Risiko“ bedeutet NICHT „hohes Risiko“. Insgesamt bleiben die Risiken weiter niedrig. Es verzerrt die Realität, wenn ausschließlich über Risiken und Komplikationen gesprochen wird. 

Auch die im folgenden aufgezählten Aspekte haben ihren Fokus auf Risiken, die erhöht werden. Dies soll dich aber keinesfalls verunsichern. Es soll dich darauf vorbereiten, welche Risiken du für dich abwägen oder ausschließen kannst.

Wann liegt Adipositas vor?

Zu Beginn der Schwangerschwaft wird der Body-Mass-Index (BMI) anhand des aktuellen Gewichts und der Größe ermittelt. Damit wird der BMI in drei Kategorien eingeteilt:

  • Untergewicht: BMI <18,5
  • Normalgewicht BMI 18,5 – 24,9
  • Präadipositas BMI 25 – 29,9
  • Adipositas Grad 1 BMI 30 – 34,9
  • Adipositas Grad 2 BMI 35- 39,9
  • Adipositas Grad 3 BMI >40

Ab einem BMI von 25 spricht man von Übergewicht. Das Risiko für Begleiterscheinungen steigt mit der Höhe des BMI. Nach einer Erhebung waren 2017 etwa 36% aller Schwangeren in Deutschland übergewichtig.

Vorsorge in der Schwangerschaft

Eine Schwangerschaft und später Elternschaft stellt das gesamte Leben auf den Kopf. Wenn ohnehin alles Kopf steht, fällt es manchmal leichter, Gewohnheiten abzulegen und neue Routinen zu entwickeln. Wie auch außerhalb einer Schwangerschaft ist regelmäßige Bewegung und eine gesunde Ernährung stets förderlich. Dies gilt besonders für Frauen mit Übergewicht, die durch weniger Gewicht erhebliche Vorteile gewinnen.

Die empfohlene Gewichtszunahme während der Schwangerschaft variiert je nach Ausgangsgewicht. Bei Übergewicht (Präadipositas) liegt die empfohlene Zunahme zwischen 7 und 11,5 kg. Bei Adipositas sollte die Zunahme zwischen 5 und 9 kg liegen. Nach einer Magenbypass-OP sollte während der Schwangerschaft keine weitere Gewichtsreduktion erfolgen.

Ein erhöhtes Gewicht alleine ist kein Grund für zusätzliche CTG-Kontrollen. Ab Adipositas Grad 3 allerdings steht der Schwangeren ein weiterer Ultraschall zum Ende der Schwangerschaft zu.

Risiko einer Frühgeburt steigt

Während der Schwangerschaft verändert sich der Blutdruck aufgrund der erhöhten Blutmenge. Um etwa eine Schwangerschaftsvergiftung (Präeklampsie) frühzeitig zu erkennen, wird der Blutdruck bei jeder Vorsorge kontrolliert. Bei Übergewicht ist es wichtig, dass die Blutdruckmanschette die richtige Größe hat und den Arm deutlich überlappt. Bei einer zu engen Manschette sind die Werte zu hoch und nicht aussagekräftig.

Übergewichtige Frauen haben ein dreifach erhöhtes Risiko für Gestationsdiabetes und unerkannten Typ-2-Diabetes. Deshalb wird der Glukosestoffwechsel bereits in der Frühschwangerschaft getestet.

Das Risiko einer Frühgeburt steigt statistisch mit Mehrgewicht. Es ergibt also Sinn, sensibel auf den Körper zu hören und weitere Risikofaktoren einer Frühgeburt zu minimieren.

Geburt und Wochenbett

Bei Terminüberschreitung besteht ein leicht erhöhtes Risiko einer stillen Geburt. Daher wird übergewichtigen Schwangeren möglicherweise eine frühere Einleitung empfohlen. 

Ein Kaiserschnitt soll besonders bei mehrgewichtigen Frauen vermieden werden, da die die Kaiserschnittnarbe oft schlechter heilt. Gleichzeitig erleben Frauen mit Adipositas häufiger ein Ausbleiben der Wehen. Oder das Gewicht des Kindes ist erhöht, was dann einen Kaiserschnitt notwendig machen kann.

Ab Adipositas Grad 3 erfolgt noch während der Schwangerschaft ein Termin beim Anästhesieteam, da die Anlage einer Anästhesie komplexer sein kann. Im klinischen Setting erfolgt die Herztonableitung des Kindes meist mittels CTG. Bei einer dickeren Bauchdecke funktioniert diese Ableitung manchmal nicht optimal. Dann kann es nötig sein, die Herztöne mittels einer Elektrode am kindlichen Kopf abzuleiten.

Stillen besonders sinnvoll

Stillen ist besonders wertvoll für übergewichtige Wöchnerinnen, sofern gewünscht. Es fördert nicht nur den Gewichtsverlust der Mutter, sondern verringert auch das Risiko von Übergewicht beim Kind, wenn mindestens drei Monate gestillt wird.

Es gibt also zusammenfassend allerlei Vorsorgen, die bei einer Adipositas getroffen werden können, um erhöhte Risiken einzuordnen. Übergewicht bedeutet aber nicht immer automatisch weitere Risiken, die auftreten. Und selbst wenn: Auch mit einem Risiko kann man wunderbar Kinder gebären.

Trotzdem ist es sinnvoll, besonders in der Schwangerschaft und im Wochenbett auf seinen Körper zu achten. Denn der leistet gerade in diesen Zeiten Wunderbares. Bewegung und Ernährung stellen hierbei wichtige Weichen. Und wenn dann das Baby sowieso den ganzen Alltag umwirft, ist es vielleicht auch genau die Zeit für neue Bewegungs- und Ernährungsgewohnheiten.

Quelle: Leitlinie Adipositas und Schwangerschaft

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