Bei der Geburt unseres vierten Kindes hatte ich die „40″ schon überschritten. Trotzdem fühlte ich mich nicht anders, als wenige Jahre zuvor in der Schwangerschaft mit unserem dritten Kind. Ich hatte das Glück, eine sehr entspannte und komplikationslose Schwangerschaft zu haben. Die kurze, schnelle Hausgeburt schloss sich dem an. Ich hatte aber auch bei allen Schwangerschaften das große Glück, dass diese ebenso leicht und vor allem sehr schön für mich waren.
Denn schwierige Verläufe habe ich in meinem Berufsleben viele gesehen. Bei Frauen in jedem Alter. Und auch bei Frauen, die bisher gesund waren und gut auf sich und ihren Körper acht gaben. Alter allein ist nie der Faktor für mögliche Komplikationen. Statistisch steigen gewisse Risiken mit dem Alter. Aber das sollte vor allem das Fachpersonal im Hinterkopf behalten und nicht den Schwangeren pauschal überstülpen. In dem Beitrag Schwanger ab 35: Anlass zur Sorge oder zur Freude? hatte ich bereits schon darüber geschrieben, dass es doch sehr von der jeweiligen Schwangerenbegleitung abhängig ist, wie Frauen diese Zeit erleben.
Fakt ist, dass sich das Alter, in dem wir Kinder bekommen, doch immer weiter nach hinten verlagert hat. Es gibt sicherlich einen „biologisch optimalen Zeitraum“, aber Familienplanung beinhaltet ja doch ein paar Faktoren mehr als das. Und überhaupt lässt sich Familie nicht immer so planen, wie wir es uns vielleicht wünschen. Da mir immer wieder Frauen schreiben oder mich zu diesem Thema ansprechen, möchte ich diesem Umstand hier auf dem Blog einen Raum geben. Die Erfahrungen von anderen können und sollen sicherlich niemandem seine persönlichen Entscheidungen abnehmen. Aber sie geben hoffentlich wertvolle Anstöße für die eigenen Gedanken dazu. Deshalb freue ich mich, dass in dieser Reihe andere Ü40-Mütter von ihren Erfahrungen erzählen. Im ersten Beitrag erzählt Nina ihre Geschichte. Mit fast 41 Jahren wurde ihr zweites Kind geboren.
Verkettung von Umständen und Entscheidungen
Du hast ein Kind mit über 40 Jahren bekommen. Gab es Gründe oder bestimmte Lebensumstände, warum du dich in diesem Alter entschieden hast, (noch einmal) Mutter zu werden?
Bei der Geburt meines zweiten Kindes, meiner Tochter Iva, war ich fast 41 Jahre alt. Genau genommen ist sie mein drittes Kind, da ich nach der Geburt meines Sohnes mit 38 bereits ein Jahr später wieder schwanger war, aber leider eine missed abortion in der 11. SSW hatte. Das hat mich doch mehr mitgenommen, als ich zunächst dachte. Daher habe ich mir länger Zeit gelassen, um erneut schwanger zu werden. Insgesamt bin ich eine „späte“ Schwangere geworden, weil es einfach gebraucht hat, bis ich meine bessere Hälfte gefunden hatte. Das war also in dem Sinne schicksalsbedingt.
War der Zeitpunkt für dich passend oder wärst du gern früher oder vielleicht auch später (erneut) Mutter geworden?
Grundsätzlich war der Zeitpunkt beider Geburten sehr stimmig für mich. Aber ich glaube auch, dass es eigentlich müßig ist, darüber nachzudenken, ob man zu einem anderen Zeitpunkt hätte schwanger werden wollen. In der Regel ist es wie bei uns eine Verkettung von Umständen und Entscheidungen, die dazu führen. Manchmal denke ich, jetzt zwar es wäre schöner, wenn meine Kinder eine Mutter hätten, die vielleicht zehn Jahre jünger und damit vielleicht mit mehr Energie ausgestattet wäre. Aber auch das wäre ja gar nicht garantiert.
Wie hast du die Schwangerenvorsorge erlebt? War dein Alter ein Thema dabei?
Da ich bei beiden Schwangerschaften hauptsächlich durch meine Hausgeburtshebamme betreut wurde und eigentlich nur für den Organultraschall zur Gynäkologin gegangen bin, war es beide Male kein Thema. Meine Hebamme meinte beim zweiten Mal eher scherzend genervt, dass wir ja jetzt doppelt aufpassen müssten, weil auch unsere Iva über den Geburtstermin hinaus noch drin bleiben wollte. Weil ich ja jetzt offiziell als „Risikoschwangere“ gelte.
Bewusster und ein bisschen wehmütig wahrgenommen
Wie hast du dich auf die Geburt vorbereitet? Spielte dein Alter dabei eine Rolle? Wurde dir zu etwas geraten oder von etwas abgeraten?
Aus den gleichen Gründen wie gerade genannt habe ich mich nicht besonders vorbereitet oder spielte mein Alter eine wesentliche Rolle.
Wie verlief die Schwangerschaft? Was fandest du schön oder hast du genossen in dieser Zeit? Was hat dich vielleicht belastet?
Im Vergleich zur ersten Schwangerschaft habe ich alles nochmal viel bewusster und ein bisschen wehmütig wahrgenommen. Wohl auch in dem Wissen, dass es diesmal wohl das letzte Mal sein wird (für ein drittes Kind fühle ich mich jetzt in der Tat zu alt 🤣). Gesundheitlich ging es mir diesmal einfach in der Hinsicht nicht so gut wie in der ersten Schwangerschaft, weil ich eigentlich von der 12. bis zur 34. Woche quasi konstant mit einer Bronchitis herum laboriert und mich einfach angeschlagen gefühlt habe. Aber Schwangerschaftsbeschwerden in dem Sinne hatte ich beide Male nicht.
Wie hat dein Umfeld auf die Schwangerschaft reagiert? Familie, Freunde, Kollegen? Gab es auch Reaktionen wegen deines Alters?
Grundsätzlich haben alle genauso positiv reagiert wie bei der ersten Schwangerschaft. Kommentare hinsichtlich meines Alters gab es im Vorfeld eigentlich nur von meinem Vater, der meinte, wenn zweites Kind, dann müsste das ja mal bald passieren, bevor ich „zu alt“ sei.
Gefühl von Kontrollverlust
Hast du Unterschiede in Bezug auf frühere Schwangerschaften bemerkt?
Neben der Infektanfälligkeit fehlte einfach die Energie. Aber das mag auch dem Umstand geschuldet sein, dass da bereits ein kleiner Mensch ist, der schon sehr konkrete Bedürfnisse hat.
Wie verlief die Geburt?
Die Geburt an sich verlief wunderschön. Wie beim ersten Mal auch zu Hause, diesmal mit meinem Sohn, der die Ankunft seiner Schwester ganz gespannt miterleben konnte. Leider musste ich danach notfallmäßig verlegt werden wegen einer Teilretention der Plazenta. Aber zum Glück hat sich das überhaupt nicht auf das Bonding mit meiner Tochter ausgewirkt. Ich konnte nach der kurzen Narkose gleich weiter stillen.
Hast du Unterschiede in Bezug auf frühere Geburten gemerkt?
Ich war sehr froh, bereits beim ersten Mal so ein positives Geburtserlebnis gehabt zu haben. Denn diesmal lief es ziemlich schnell und damit alles in allem auch hektischer ab. Vor allem eben in der Nachgeburtsphase. Kurzzeitig hatte ich da sowohl bei der schnellen Austreibungsphase als auch bei der wortwörtlichen Ohnmacht in der Nachgeburtsphase das Gefühl von Kontrollverlust. Aber meine beiden tollen Hebammen haben mir da große Sicherheit gegeben und ich habe mich einfach sehr privilegiert gefühlt in einem Land zu gebären, in dem man rund um die Geburt so gut betreut wird.
Schon mit über 35 in die Schublade der Risikoschwangeren
Wie ging es dir nach der Geburt? Wie hast du das Wochenbett erlebt?
Dadurch bedingt, dass ich eben recht viel Blut verloren hatte und meine Hämoglobinwerte ziemlich im Keller waren, war das Wochenbett zu Beginn wirklich mit strikter Bettruhe verbunden. Ich habe die ersten zwei Wochen eigentlich ausschließlich dort verbracht. Fühlte mich zunächst deutlich schlapper als beim ersten Mal. Ich musste neben einer fies schmerzhaften Analvenenthrombose in den ersten zwei Wochen dann in der dritten Woche auch noch eine Mastitis verarbeiten. Aber ab der vierten Woche war ich dann wieder ziemlich fit. Musste ich aber auch sein, weil mein Mann diesmal nicht so lange frei nehmen konnte, wie beim ersten Mal.
Was würdest du einer Frau sagen, die sich mit Ü40 ein (weiteres) Kind wünscht? Welche Vorteile oder Nachteile siehst du in einer späteren Schwangerschaft? Oder macht es überhaupt einen Unterschied?
Üblicherweise gerät man ja schon mit über 35 in die Schublade der Risikoschwangeren, was ich absoluten Unsinn finde. Ich habe versucht, die Pränataldiagnostik auf ein absolutes Minimum zu reduzieren. Daher und auch aus Prinzip habe ich in beiden Schwangerschaften jegliches Screening auf Gendefekte oder Organanomalien in der Frühschwangerschaft abgelehnt. Weil für mich beide Male klar war, dass ich ein solches Kind nicht abtreiben würde. Ich habe beide Male nur aufgrund der Hausgeburtssituation einen Organultraschall in der 25. SSW machen lassen. Einfach um sicher zu gehen, dass derselbigen in der Hinsicht nichts im Wege stand, sprich dass das Kind sofort ärztliche Hilfe gebraucht hätte.
Mittlerweile muss ich gestehen, würde ich trotz abgeschlossener Familienplanung nochmals schwanger werden, sähe das anders aus. Nicht weil ich das Risiko für so viel höher halten würde. Aber ich wäre mir nicht mehr so sicher, so viel Energie zu haben drei Kinder und dazu noch eines mit besonderen Ansprüchen großziehen zu können.
Ich würde daher jeder Frau über 40 und eigentlich jeder Schwangeren raten, einerseits auf ihr Bauchgefühl zu hören, sich nicht durch Meinungen anderer beeinflussen zu lassen, sich gleichzeitig aber sehr gut zu informieren, um sich eine eigene Meinung bilden zu können. So kann man für sich selbst und das Kind Verantwortung übernehmen. Und auch für alle Frauen gilt der wichtigste, aber zum Teil am schwierigsten umzusetzende Rat: Sucht euch eine tolle Hebamme, im besten Fall eine für Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett, die euch auf diesem wunderschönen Weg zum Mutterwerden begleitet!
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