Unser viertes Baby kam nach einer vergleichsweise kurzen Wehendauer zu Hause im Badezimmer zur Welt. Die Geburt war zwar wesentlich kürzer als bei den anderen drei Kindern. Dafür gab es kaum Pausen zwischen den Wehen, was es gefühlt anstrengender machte, weil man ja in dem Moment auch nicht weiß, dass es dieses Mal nicht allzu lange dauern wird. Gerade die Übergangsphase war wirklich anstrengend. Also jener Moment, in dem sich der Muttermund die letzten Zentimeter öffnen muss, bevor dann endlich der fast erlösende Wechsel in die aktive Wehenphase kommt, bei der man endlich mitschieben kann, um das Baby zu gebären.
Ich dachte damals: „Das Hypnobirthing klappt auch nicht mehr in dem Moment und ich verfluche innerlich alle Affirmationen und inneren Bilder von sich öffnenden Rosenblüten und Luftballons, die in die Höhe steigen und den Schmerz wegtragen sollen. Das hier ist echt anstrengend, es lässt sich nicht schönreden.“ Trotzdem bin ich immer noch der Meinung, dass Hypnobirthing ein sehr guter Weg ist, sich auf eine Geburt vorzubereiten.
Meine Erwartung daran war und ist es aber auch nie gewesen, eine komplett „schmerzfreie Geburt“ zu erleben – auch wenn dies durchaus für manche Frauen möglich ist. Mein Ziel war es immer, möglichst entspannt und gelassen durch die Schwangerschaft und dann auch in die Geburt hinein zu gehen und in meiner Kraft zu bleiben, auch wenn es streckenweise wirklich anstrengend wird. Und genau dies war für mich durch die Hypnobirthingvorbereitung möglich. Ich habe dafür keinen Kurs besucht und auch kein Buch gelesen, sondern wieder einige Termine bei der Psychologin und Hypnosetherapeutin Alexandra Kopf wahrgenommen. Ihre Arbeit und auch ihr Buch Traumgeburt schätze ich sehr.
Nie mit Angst vor dem was da kommt
In der ersten Sitzung haben wir gemeinsam geschaut, welche Sorgen und Ängste gerade da sind und was mich vielleicht noch davon abhält, ganz gelassen und entspannt auf die noch kommenden Schwangerschaftswochen und die Geburt zuzugehen. Alles, was mich belastete, konnte ich schon bei diesem ersten Termin bei ihr in der Praxis lassen. Bei weiteren Terminen hat sie dann die auf mich zugeschnittene Hypnose durchgeführt, die auch auf CD aufgenommen wurde, damit ich zu Hause weiter „üben“ kann. Ich habe diese Trance dann auf meinen iPod aufgespielt – dann aber nicht täglich gehört, aber doch immer wieder. Nicht selten bin ich dabei eingeschlafen.
Je weiter die Schwangerschaft voranschritt, umso gelassener wurde ich. Zwar habe ich bisweilen doch mit etwas Ungeduld auf die Geburt gewartet. Aber ich hatte nie Angst vor dem was da kommt. Ganz im Gegenteil war eine Vorfreude da. Auch wenn mir natürlich klar war, dass die Geburt anstrengend wird und – um es beim Namen zu nennen – sicher auch schmerzhaft. Zumindest hatte ich es ja genauso schon dreimal erlebt. Und tatsächlich brachten mich dann die schnell extrem intensiv gewordenen und gefühlt pausenlosen Wehen bald an meine Grenzen. Aber eben nur bis dahin und nicht darüber hinaus. Die Worte meiner Hebammen, der Kontakt zu meinem Baby oder einfach ein Schluck kalte Cola ließen mich schnell wieder weiter machen, was getan werden musste.
Blogleserin Pia hatte mich in diesem Zusammenhang gefragt: „In meinem Umfeld höre ich immer wieder den Anspruch von Frauen, quasi schmerzfrei zu gebären – etwa durch Hypnobirthing oder aufgrund eines guten Körperbewusstseins. Ich frage mich, was Du als Hebamme und geburtserfahrene Frau dazu sagst. Ist das ein Anspruch, der unrealistisch ist und daher viele Frauen enttäuschen muss? Oder ist das durchaus anstrebenswert und mittels gewisser Methoden erreichbar?“
Wehen in einem anderen Kontext erleben
Nun: Es ist durchaus für manche Frauen möglich, komplett schmerzfrei zu gebären, weil sie die Wehen tatsächlich nicht als Schmerz wahrnehmen oder aber auch deshalb, weil sie die Wehen in einem anderen Kontext erleben, der für sie nichts mit Schmerz zu tun hat. Ob einem dass durch Hypnobirthing oder eine andere Form der Geburtsvorbereitung gelingt, lässt sich letztlich immer erst hinterher sagen. Deshalb ist es vielleicht ein realistischeres Ziel sich vorzunehmen, gut durch die Geburt zu gehen. Jede Geburt ist eine große körperliche Leistung, die sehr anstrengend sein kann und einem meist recht viel abverlangt. Davor konnte mich ganz persönlich auch Hypnobirthing nicht bewahren. Aber es half mir immer wieder, meine Geburtsarbeit in der anstrengendsten Phase weiterzumachen, ohne dass es sich destruktiv anfühlte oder ich mich von den Wehen komplett überrollt fühlte.
Es ist ein bisschen so wie beim Laufen einer sehr langen Strecke. Die Beine und auch andere Muskeln schmerzen schon länger. Man ist außer Puste – aber das Ziel ist noch nicht ganz erreicht. Also läuft man weiter. Auch hier ist es letztlich eine Art Schmerz, den man im Körper wahrnimmt. Aber eigentlich ist es im Kontext Sport eher eine große Anstrengung. So wie es die Geburt eben auch ist.
Und sowohl beim Sport als auch beim Gebären darf man darüber schimpfen und fluchen, wenn es sich gerade danach anfühlt. Oder man kommt in einen richtigen „Flow“ oder einen Trance-Zustand, der einen weiter trägt. Andere Frauen wiederum können diese Anstrengung auch einfach wegatmen oder sogar weglächeln. Bis hin zum Erleben eines Orgasmus unter der Geburt kann das Gebären auch als wirklich beglückend erlebt werden. Es ist einfach sehr individuell, wie man eine Geburt erlebt. Deshalb kann auch keine Methode eine „Lösung“ für alle Frauen versprechen.
Hypnobirthing kann Ängste und Spannungen lösen
Gut ist, was gut tut. Hypnobirthing kann Ängste und Spannungen lösen und dazu verhelfen, mit Gelassenheit und Vorfreude in die Geburt zu gehen. Ob diese dann komplett „schmerzfrei“ verläuft, wird sich erst unter den Wehen zeigen. Zu hohe Erwartungen können vielleicht tatsächlich im Nachhinein dazu führen, dass Frauen enttäuscht sind. Entweder vom Hypnobirthing-Konzept oder – noch schlimmer – von sich selbst. Es ist wirklich schade, wenn Frauen nach der Geburt denken, sie hätten sich nur nicht genug angestrengt. Auch bei intensivster Geburtsvorbereitung mittels Hypnobirthing oder anderen Methoden ist es okay, wenn dann doch ein Schmerzmittel oder auch eine PDA an einem Punkt der Geburt zur Schmerzbewältigung zum Einsatz kommt.
Weder in die eine oder in die andere Richtung sollte man sich da zu sehr festlegen, denn sonst kommt es hinterher wirklich zu einem nicht nötigen Gefühl der Enttäuschung. Geburt ist in vielen Punkten nicht planbar – und ob Traumgeburt oder Geburtstrauma ist sicherlich nicht allein vom Faktor Schmerzkontrolle abhängig. Alles, was einem vorbereitend hilft und in der Schwangerschaft gut tut, ist also immer gut und richtig so – auch ohne ganz konkretes Ziel. Und wenn es hinterher anders kommen sollte, war es trotzdem nicht umsonst. Für mich kann ich also sagen: Ich hatte meine persönliche Traumgeburt, wenn auch nicht schmerzfrei. Und Hypnobirthing hat einen Teil dazu beigetragen.
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