Schief gewickelt

Hier und da teilen wir ja auch das eine oder andere Bild aus unserem Familienleben mit Baby. Ein Baby, was viel getragen wird. Meist im Tragetuch, aber gerne auch in der Babytrage. Auf Tragefotos sieht man schnell, wenn das Baby nicht optimal gebunden ist. Vielleicht sitzt es zu tief oder die Tuchbahnen sind verdreht. Vielleicht hat das Baby auch die nicht perfekte Anhockspreizhaltung eingenommen. Wer Fehler sucht, der wird sie sicher finden.

Als Hebamme habe ich einen Grundkurs als Trageberaterin gemacht und bin deshalb ganz gut drin im Thema, denke ich. Natürlich sehe ich es auch als meine Aufgabe, den Eltern auf Wunsch das Tragen so optimal wie möglich zu zeigen. Oder bei weiterführenden Fragen auf eine wie ich finde sinnvolle, indivuelle Trageberatung zu verweisen. Wenn ich den Eltern das Tragen zeige, habe ich dafür in der Regel genug Zeit und die Situation ist entspannt. Es sind beste Voraussetzungen, um wirklich alles optimal anzupassen und zu binden.

Babyalltag im Tragetuch

Hier in unserem Babyalltag habe ich diese Zeit und Ruhe nicht immer. Manchmal ist das Baby darum sicherlich auch mal etwas schief gewickelt. Eigentlich wäre es dann vielleicht sinnvoll, noch mal komplett neu zu binden. Aber nicht immer gibt das der Zeitplan her. Oder das schief gebundene Baby ist längst eingeschlafen.

Ich erwische mich dann häufiger bei dem Gedanken, dass das nun jemand mit Trageexpertise sehen und entsprechend kritisieren könnte. Unter Tragebildern bei Instagram oder auf Facebook lese ich nicht selten Kommentare, die die Tragende „verbessern“. Diverse Tipps gibt es oft kostenlos, allerdings ohne dass überhaupt danach gefragt wurde. Und wenn ich als Mutter vielleicht keinen guten Tag habe, knabbert die Kritik an meiner mütterlichen Kompetenz.

Gerade für Eltern, die vielleicht gerade erst erste Erfahrungen mit dem Tragen sammeln, ist es bestimmt nicht sehr bestärkend, diese Kritik zu lesen. Ja, klar, es gibt Tragebilder, da bekommt man beim Ansehen schon Rückenschmerzen. Aber oft hagelt es die Kritik ja schon bei viel kleineren „Tragefehlern“.

Wie in so vielen Bereichen können wir es als Eltern mal wieder nur falsch machen! Entweder ist das Tuch nicht gut gebunden oder Eltern haben gleich viel zu viel Geld für eine komplett blöde Fertigtrage ausgegeben. Dabei fühlen sich die meisten Traglinge trotzdem recht wohl, so nah an Mama oder Papa gekuschelt. Sie werden auch nicht sofort einen Hüftschaden erleiden, wenn das Tuch mal ein bisschen schief sitzt. Bindung entsteht nicht durch die einzig richtige Bindeweise des Tragetuches. Das sieht man schnell, wenn man auf Tragebildern mal in die verliebten Gesichter von Eltern und Kind schaut. Gut gebunden kann ein Baby also auch sein, wenn es mal nicht auf Kopfkusshöhe sitzt.

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Kommentare

8 Antworten zu „Schief gewickelt“

  1. I
    Iwona

    Danke für diesen Text. Ich habe beide Kinder sowohl in der Trage als auch im Tragetuch getragen und auch Sachen von den selbst ernannten Experten gehört… Wie zum Beispiel „die trage datg man erst benutzen, wenn das Kind selbstständig sitzen kann“, oder „das Kind darf erst ab dem dritten Monat getragen werden, bis dahin ist alles weich“ und und und..

    Was auch immer, ich habs getan, meine Tochter trage ich immer noch, und alle sind glücklich 🙂

  2. M

    Vielen Dank für den schönen, ausgleichenden Text! Neben den „normalen“ Kommentaren à la „Bekommt denn das Baby da überhaupt Luft?“ oder „Ist das nicht viel zu warm fürs Baby, jetzt bei der Hitze?“ braucht man ja nicht auch noch Verunsicherung durch (vermeintliche) Experten 😉

  3. J
    Johanna

    Unser Junge hat eine Zeit lang ganz gern im Tuch entspannt wenn der Kopf stark nach hinten baumelte. Da bin ich auch schon mal angesprochen worden dass er sicher starke Schmerzen habe, und so sah es auch sicherlich aus. Ich glaube wenn ihr Wickel-Kommentare kriegt ist es eher von neidischen Leuten die Fehler suchen weil euer Leben auf Instagram „zu“ schön harmonisch aussieht. Lasst euch da nicht „anknabbern“, ihr macht das schon gut mit der Bindung.

  4. A

    Danke für deine Worte!

  5. J
    J

    Oh danke ja. So ist es. Wenn ich heute daran denke, wie wir unseren Sohn in den Monaten „verwickelt“ haben, fällt es schwer mir vorzustellen, dass wir es einfach nicht besser hinbekommen haben. Am Ende waren wir aber deutlich besser. Unserem Sohn war es aber egal: Am Anfang wie am Ende hat er es einfach geliebt im Tuch und es war für ihn immer ein sicherer Hafen.

  6. S
    Saphira

    Passiert mir immer, wenn ich das Tuch um das auf dem Arm eingeschlafene Baby herumwickel…. Gott sei dank sind sich Experten einig: Ein nicht perfekt gebundenes Tuch macht eine reife Hüfte auch nicht wieder unreif! Liebste Grüße!

  7. S
    Sindy

    Hach da muss ich dir jetzt Mal von Herzen zustimmen! Ich war am Anfang so verunsichert, wie das Baby nun richtig zu binden ist (obwohl ich sowohl eine liebe Hebamme, als auch eine trageberatung hatte). Es ist doch auch so, dass alles seine Zeit und Übung braucht. Und was klappt schon jeden Tag perfekt? Mittlerweile fühle ich mich sehr sicher beim binden und mir ist egal was andere sagen – auch wenn Mal nicht alles perfekt sitzt. Wie bei eigentlich jeden Thema rund ums Baby gilt auch hier: Einander unterstützen und bestärken ist der beste Weg. Ich fände es wirklich schade, wenn Mütter das tragen schnell wieder aufgeben oder gar nicht erst versuchen, aus Angst etwas falsch zu machen und Kritik zu ernten. Danke für deinen Text

  8. L
    Lina

    Toll! Danke, dass du diese passenden Worte gefunden hast. Für etwas was vermutlich jede tragende Mama erlebt, ob im Supermarkt, im Babytreff, bei Instagram o.ä..
    Ist es nicht toll, dass Eltern ihre Schützlinge tragen wollen um ihre Bindung zu vertiefen, es zu beschützen und überall mit hinzunehmen? Die durch (ungefragte) Kritik ausgelösten Zweifel machen manchen Eltern sicherlich das Tragen madig, aus Angst dem Kind „drastisch zu schaden“. Mehr Zuspruch würde gut tun 🙂

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