Dies ist der 41. Beitrag in unserer Reihe „Stillen ist bunt“ (alle weiteren findet ihr gesammelt hier), in dem Christiane ihre persönliche Stillgeschichte teilt. Die 38-Jährige lebt mit ihrer Familie in Bayern. „Unser Sohn ist bald drei Jahre alt. Nach mehreren beruflichen Stationen in Deutschland und Europa sind wir nun ,angekommen‘ und haben uns auf das Abenteuer Familienleben eingelassen“, schreibt sie.
Ihre Stillgeschichte ist geprägt von einem schwierigen Stillstart mit einer zunächst unzureichenden Milchbildung. Hier erzählt sie, wie sie doch noch zum ausschließlichen Stillen gekommen ist.
Was hast du vor deiner Schwangerschaft über das Stillen gedacht bzw. welche Erfahrungen mit dem Thema gemacht?
Ich wusste, dass ich stillen wollte. Hauptsächlich, um das Allergierisiko meines Kindes zu senken. Ich bin Asthmatikerin und ich hatte große Bedenken, dass mein Kind auch erkranken könnte. Ich selber wurde nicht gestillt (wie in den 1980ern eben üblich) – und man weiß heute vom positiven Einfluss der Muttermilch, wenn in der Familie Allergien gehäuft vorkommen.
Wie hast du dich vor der Geburt über das Thema informiert? Gab es Wünsche und Vorstellungen in Bezug auf die vor euch liegende Stillzeit?
Ich wollte alles auf mich zukommen lassen. Irgendwie dachte ich, das wird schon klappen. Einen Stillvorbereitungskurs hab ich allerdings gemacht. Dort wurde viel über wunde Brustwarzen und Milchstau gesprochen, übers Abpumpen (falls man mal ausgehen möchte) und von der Möglichkeit der Stillberatung nach der Geburt.
Wie verlief der Stillstart und wie ging es dir und deinem Baby dabei? Welchen Einfluss hatte die Geburt auf eure ersten Stillmomente?
Der Stillstart war sehr schwierig, damit hatte ich so gar nicht gerechnet. Die Geburt verlief sehr schnell, nach nur fünf Stunden war der kleine Mann da. Ohne PDA, dafür mit Wehentropf. Keine gute Kombination. Aufgrund der schnellen Geburt hatte ich viele Geburtsverletzungen, habe sehr viel Blut verloren. Ich durfte den Kleinen 30 Sekunden anschauen und wurde dann unter Vollnarkose operiert, da die Blutungen nicht gestoppt werden konnten. Knapp drei Stunden später bin ich aufgewacht und bekam den Kleinen sofort angelegt. Viel mitbekommen habe ich davon wegen der Narkose nicht.
Geschockt, traurig und zutiefst verunsichert
Wie lief das Stillen im Wochenbett? Hattest du in dieser Zeit Unterstützung?
Ich war aufgrund des Blutverlustes bei der Geburt sehr, sehr schwach. Die angebotene Blutkonserve wollte ich nicht nehmen. Ich hab den Kleinen nach Bedarf angelegt, aber es kam kein Milcheinschuss, wohl aufgrund des Blutverlustes. Am Abend des dritten Tages stand plötzlich eine Krankenschwester im Zimmer und meinte, mein Sohn hätte mehr als zehn Prozent Gewicht verloren und müsste zugefüttert werden. Das Fläschchen hatte sie gleich dabei und hat es ihm gegeben, ohne mit mir zu sprechen. Ich war geschockt, traurig und zutiefst verunsichert.
Zu Hause versuchte ich mit meiner Nachsorgehebamme zu stillen, das hat aber nicht geklappt. Sie hat mir nicht richtig helfen können, da einfach keine Milch da war. Meine Brust war wie leer. Der Kleine trank sein Fläschchen, ich war unglücklich.
Zehn Tage ging das so, dann war der Termin in der Stillberatung. Ab da wurde die Milchpumpe mein bester Freund. Ich wollte eine Relaktation versuchen, noch zum Teilstillen kommen. Bis dahin hatte mir niemand gesagt, wie wichtig es ist, den Milchfluss mit der Pumpe anzuregen, wenn nicht genug Milch da ist. Ich pumpte alle zwei Sunden tagsüber, alle drei Stunden nachts. Zuerst kam gar keine Milch, dann ein bisschen, dann immer mehr. Nach drei Wochen stillte ich mein Kind nachts ganz normal, nach sechs Wochen waren wir beim Vollstillen! Was für ein Erfolg, der erste Tag ganz ohne Fläschchen war auch noch mein Geburtstag 😊 💙
Wer war bei Fragen oder Problemen in der Stillzeit für dich da? Wer oder was hat dir besonders gut bei etwaigen Schwierigkeiten geholfen?
Ohne Stillberatung hätte ich es nicht geschafft überhaupt zu stillen. Wir hatten regelmäßig Kontakt über die Zeit und es hat mir sehr den Rücken gestärkt zu wissen, dass jemand da ist, der sich auskennt. Mein Mann hatte sehr Angst, dass ich mich überfordere mit dem Pumpen, Fläschchen geben, sterilisieren am Anfang.
Wie die Milch mehr wird
Aber er war auch stolz, wenn er gesehen hat, wie die Milch mehr wird! Meine Schwiegermutter hat im Gegensatz zu meiner Mutter ihre Kinder gestillt und wusste daher, dass es normal ist, nachts alle zwei Stunden zu stillen. Sie hat mich immer wieder bestärkt und auch andere Familienmitglieder „aufgeklärt“, dass ich das schon richtig mache. Das hat mir sehr gut getan.
Wie verlief der Beikostbeginn? Welche Erwartungen gab es? Und wie hat sich das Stillen in dieser Zeit verändert?
Mit fünf Monaten war der Kleine soweit, dass es den ersten Brei gab. Wir haben „klassisch“ nach und nach Brei eingeführt und es klappte vollkommen problemlos. Das Stillen nach Bedarf war aber nach wie vor sehr wichtig, vor allem abends, nachts und beim Zahnen oder kleineren Infekten, wenn der Kleine kein Essen mochte.
Wie verlief der Abstillprozess bzw. welche Wünsche oder Vorstellungen hast du in Bezug auf diese Zeit?
Ich wollte mit dem Abstillen warten, bis ich das Gefühl hatte, das es für mein Kind der richtige Zeitpunkt ist. Mit 21 Monaten war es soweit. Wir hatten nur noch zum Einschlafen und nachts gestillt. Wir haben ihm gesagt, die Milch macht Pause. Einmal gab es Tränen, aber er hat sich gut beruhigen und ablenken lassen. Ich war mir sicher, dass es der richtige Zeitpunkt ist. Ich war nicht, wie vorher befürchtet, traurig über das Abstillen. Mein Sohn schläft weiter bei uns im Bett, kuschelt viel und hat so weiter die Nähe und Geborgenheit, auch wenn er nicht mehr stillt.
Was war oder ist das Schönste für dich am Stillen?
Die Bindung zum Kind ist durch das Stillen so eng, das ist etwas ganz Besonderes und mit nichts zu vergleichen ist. Stillen ist so viel mehr als Nahrung. Es ist Trost, Kuscheln, einfach Geborgenheit. Die Tatsache, dass man immer alles dabei hat, kein Wasser, kein Pulver, kein Schnuller gebraucht wird ist natürlich auch toll. Ich habe einfach überall gestillt, im Biergarten, am See, in der Bahn…
Direkt nach der Geburt anlegen
Was war am schwersten oder belastendsten für dich in der Stillzeit?
Die Tatsache, dass immer noch so wenige Frauen der Generationen vor uns sich mit dem Stillen auskennen. Dass man sich rechtfertigen muss, dass man dem Baby im Sommer kein Wasser gibt…
Was würdest du in einer weiteren Stillzeit anders machen? Was ist deine wichtigste Erkenntnis in Bezug auf das Stillen, die du anderen Müttern weitergeben würdest?
Beim zweiten Kind würde ich direkt nach der Geburt anlegen wollen, und das auch bei der Anmeldung zur Geburt schon sagen. Einfach, weil ich jetzt weiß, wie wichtig das für den Stillstart ist. Falls ich wieder Zufüttern muss, dann nicht per Fläschchen und wirklich nur, wenn absolut nötig.
Ergänzung Oktober 2019: Als ich diesen Text letztes Jahr geschrieben habe, war ich bereits schwanger, wusste es aber noch nicht. Unsere Tochter kam diesen Sommer ganz unkompliziert zur Welt, ich konnte sie direkt im Kreißsaal anlegen und wir stillen seit nun dreieinhalb Monaten vollkommen problemlos, worüber ich sehr, sehr dankbar bin.
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