Dies ist der 48. Beitrag in unserer Reihe „Stillen ist bunt“ (alle weiteren findet ihr gesammelt hier), in dem Juliane ihre persönliche Stillgeschichte teilt. Sie wohnt mit ihrem Mann und den zwei gemeinsamen Söhnen in Stahndorf bei Berlin. Sie arbeitet an der Freien Universität als Verwaltungsmitarbeiterin. Hier erzählt sie von ihrem Stillweg, der bei beiden Kindern mit einer unzureichenden Milchbildung begann.
Für mich war immer klar, dass ich meine Kinder stillen möchte. Als ich 2013 mit unserem Großen schwanger war, habe ich mich vor allem im Netz belesen und war ein wenig ängstlich, ob meine kleinen Brustwarzen auch „ausreichen“ würden. Aber meine Hebamme hat mir immer gesagt, dass das kein Problem sein wird.
Unser Sohn kam im Krankenhaus zur Welt und das erste Anlegen hat auch gut geklappt. Er ging auch in den kommenden Tagen gut an die Brust. Zumindest hatte ich das Gefühl. Die Schwestern warfen meistens nur einen Blick auf mich. Als sie sahen, dass er an der Brust war, war es anscheinend für sie in Ordnung.
Am Tag der U3 wurde dann festgestellt, dass er zu viel abgenommen hat. Ich wollte dann aber unbedingt nach Hause und versicherte, dass wir eine Hebamme hätten und in guten Händen seien. Sie kam auch gleich an unserem ersten Tag und stellte dabei fest, dass er nur an der Brust genuckelt hat, statt richtig zu trinken. Ab da achtete ich darauf, aber unser Sohn schlief schnell ein, war einfach zu erschöpft und nahm nur sehr langsam zu.
Wir versuchten alles mögliche
Ich ging immer davon aus, dass die Windeln nass sind, denn der Streifen hatte sich ja verfärbt. Unsere Hebamme kam regelmäßig und er nahm zu, aber wirklich nur sehr langsam. Wir versuchten alles mögliche: Stilltees, häufiges Anlegen, wecken und pumpen. Zur U4 hatte er dann gerade so sein Geburtsgewicht wieder erreicht und der Arzt meinte, dass dies nicht ausreichend sei. Wir mussten Zufüttern und wir merkten zum ersten Mal, was volle Windeln waren. Ich hatte einfach nicht genug Milch.
Von da an habe ich ihn immer angelegt und dann hat er danach an der Flasche noch so viel bekommen, wie er wollte. Er entwickelte sich prächtig und wir starteten mit ca. fünf Monaten mit Beikost, was auch wirklich super geklappt hat. Die Pre-Nahrung konnten wir nach und nach ausschleichen lassen, da er viel besser an der Brust trank. Ich stillte ihn über ein Jahr.
Als ich im letzten Jahr mit unserem zweiten Baby schwanger war, war für mich ganz klar, dass mir diese Fehler nicht wieder passieren würden. Mittlerweile hatte ich auch meine beste Freundin aus der Schule wiedergetroffen. Sie ist Stillberaterin, so dass ich mir sicher war, mit ihrer Hilfe würde ich es auf jeden Fall schaffen, voll zu stillen.
Kritischer Blick auf die Windeln
Unser kleiner Sohn kam ebenfalls im Krankenhaus zu Welt, dieses Mal hatten wir aber eine Beleghebamme und gingen nach drei Stunden direkt nach Hause. Ich merke schon beim ersten Anlegen, dass der Kleine viel mehr Kraft hat als der Große (der Große kam spontan vier Wochen zu früh, der Kleine war zehn Tage über dem ET). Er saugte kräftig und ich hörte ihn auch schlucken. Wir waren also sehr glücklich.
Allerdings hatte auch er schon bei der U3 wieder an Gewicht verloren, aber nicht so viel wie sein Bruder damals. Und da es ja an sich normal ist, haben wir uns keine weiteren Gedanken gemacht. Meine Freundin schaute sich den Kleinen auch genau an. Er saugte gut, kein verkürztes Zungenband oder sonstiges. Dennoch hielt unser Kleiner sein Gewicht statt zuzunehmen. Und wir warfen dieses Mal auch einen kritischen Blick auf die Windeln, die aus unserer Erfahrung nicht nass genug waren.
Ich konnte es nicht fassen und war am Boden zerstört, da ich anscheinend einfach nicht in der Lage war, meine Kinder genügen zu ernähren. Die Hormone taten natürlich ihr übriges, es war wirklich schlimm. Ich besprach mich also mit meiner Freundin und wir bestellten über die Milchwiese eine Pumpe mit Doppelpumpset, damit ich die Milchproduktion weiter anregen konnte. Aber das half leider kaum, da ich nie mehr als zehn Milliliter abpumpen konnte. Der Kleine wollte auch viel an die Brust. Ich kam kaum zum abpumpen und der Stress wurde einfach zu viel. Was ich abgepumpt hatte, gaben wir ihm über eine Sonde an der Brust direkt dazu. Er nahm dann wieder gut zu, allerdings nicht ausreichend.
Ich fühlte mich wie eine Versagerin
Wir beschlossen also, ihm Pre-Nahrung mit über die Sonde zu geben so viel er wollte, damit er richtig satt wurde. Das war dann auch erfolgreich. Das erste Mal Pre zufüttern war für mich die Hölle. Ich fühlte mich wie eine Versagerin. Aber als er so entspannt danach einschlief wusste ich, dass es die richtige Entscheidung war. Als klar war, dass wir ohne Pre nicht auskommen würden, empfahl mir meine Freundin ein Brusternährungsset (BES). Und was soll ich sagen, damit kommen wir sehr gut zurecht. Der Kleine bekommt immer erst die Brust ohne das BES (bei uns heißt es jetzt Bessi). Und wenn ich merke, dass er unruhig wird und noch Hunger hat, bekommt er eine Runde Bessi.
Ich musste mir dazu schon einiges anhören, warum ich nicht die Flasche gebe, das wäre ja entspannter für mich, weil das ja jeder machen könnte. Darauf antwortet ich immer, dass wenn ich voll stillen würde, mir das auch keiner abnehmen könnte und ich es auch nicht abgenommen bekommen möchte. Diese externen Ratschläge sind wirklich sehr belastend. Das ist unser ganz eigener Weg zu stillen. Für meinen Kleinen und mich ist es so perfekt.
Mut machen, nicht aufzugeben
Nun bin ich niemand, der sich deswegen nur noch zu Hause aufhält. Ich stille ihn mit der Bessi auch ganz normal unterwegs und in der Öffentlichkeit. Die Blicke sind natürlich zu merken, aber mir ist das egal. Vor allem im Rückbildungskurs merke ich, dass Muttis, die vielleicht ein Stillhütchen benötigen, auf einmal viel entspannter sind, wenn sie sehen, was ich so auspacke zum stillen.
Meine Milchproduktion scheint durch das Bessi auf jeden Fall auch zugenommen zu haben. Der Kleine holt sich mit seinen vier Monaten drei bis vier Mal am Tag maximal 90 Milliliter aus der Bessi und davon alleine bekommt man nicht so süße Speckbeinchen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass er tagsüber einfach ein bisschen ungeduldig ist und natürlich schon versteht, dass es mit der Bessi schneller was gibt. Aber da wir nachts zum Glück gar nicht auf die Bessi angewiesen sind, stört es mich tagsüber nicht. Wann wir mit der Beikost beginnen, überlassen wir voll und ganz dem Kleinen. Ich bin schon gespannt und würde es gerne mit Baby-led weaning versuchen, da ich mittlerweile viel darüber gelesen und gehört habe, vor allem auch über den Blog hier. Vielen Dank für den tollen Input, den ihr und Geborgen Wachsen mir gebt!
Ich hoffe, ich kann mit meiner Geschichte Müttern, die nicht genug Milch haben, Mut machen, nicht aufzugeben! Jeder Tropfen Muttermilch zählt, sage ich mir immer. Und ich wünsche jeder Mama eine so tolle Stillberatung, wie ich sie hatte! Für mich ist Stillen ein starkes Grundbedürfnis. Meine Kinder so nah zu haben und beruhigen zu können, das ist einfach großartig. Und da die Zeit so schnell vergeht, genieße ich es umso mehr.
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