Irgendwann nach der Geburt kommt bei vielen Müttern der Wunsch nach ein bisschen Zeit nur für sich selbst. Anfangs ist es nur der Wunsch, mal ungestört zu duschen. Später sind es vielleicht mal ein paar kinderfreie Stunden. Oder Zeit nur allein mit dem Partner. Bei dem Thema erinnere ich mich gerne an jene Mutter aus der Stillgruppe, die mir erzählte, was sich ihr Partner etwas Besonderes für sie ausgedacht hatte: eine Ballonfahrt, anfangs noch mit dem Gedanken, dass sie dieses besondere Erlebnis zu zweit teilen.
Schnell war aber klar, dass nur der Vater selbst als Betreuungsperson am Boden für das wenige Wochen alte Baby in Frage kam. Also fuhren sie gemeinsam zur Wiese, auf der der Ballon starten sollte. Die junge Mutter hatte sich tatsächlich kurz auf ein wenig Freiheit und einen tollen Ausblick gefreut. Doch beim Blick in die Wolken war schnell klar, dass dafür die Entfernung zwischen Mutter und Kind noch viel zu groß sein würde. Allein der Gedanke, dass das Baby Stillhunger bekäme, während sie über die Landschaften schweben sollte, sorgten für Schweißausbrüche. Auch wenn sie es natürlich vorher gestillt hätte und der Vater mit abgepumpter Milch versorgt war. Letztlich blieben Mutter und Kind am Boden – und der Vater trat stattdessen die Luftfahrt an.
Es gibt also passende und weniger passende Auszeiten für Mütter. Aber was gerade passt, ist für jede Mutter ganz individuell. Meist muss es aber gar nicht das große Event sein, sondern einfach eine kleine Pause im Babyalltag. Während der Vater zum Beispiel eine Runde mit dem Baby spazieren geht, kann man ganz in Ruhe mal wieder die Badewanne benutzen und das nicht nur als schnelles Sitzbad, was die Hebamme zur Heilung der Dammnaht verordnet hat.
Badewanne statt Ballonfahrt
Für die Entspannung im eigenen Haus ist es meist am sinnvollsten, wenn man das Baby nicht nur nicht sieht, sondern auch nicht hört. In der Wanne liegen und mitzubekommen, wie das Baby gerade dem Papa seinen Unmut ins Ohr brüllt, lässt einfach keine Entspannung zu. Selbst wenn man theoretisch weiß, dass es in den (zweit-)besten Händen ist. Wenn Rausgehen für Vater und Kind keine Option ist, wären noch Kopfhörer für die Mutter eine Möglichkeit. Oder man verlässt selbst das Haus. Alleine einen Kaffee trinken gehen und ein Buch lesen kann sich nach den ersten Babywochen wie ein Wellness-Urlaub anfühlen. Ein Frisörtermin oder auch mal den Rückbildungsgymnastikkurs ohne Baby zu besuchen, kann ebenfalls recht entspannend sein. Selbst ganz in Ruhe mal einkaufen zu gehen oder ohne Baby zu kochen, hat etwas Erholsames. Allerdings sollten Haushaltsaufgaben nicht als wirkliche Auszeit gewertet werden.
Wenn wir in der Stillgruppe das Thema „Selbstfürsorge“ haben, frage ich die Mütter, was sie gerne mal nur für sich machen möchten in der nächsten Zeit. Und das schreib ich dann auf. Zwei Wochen später frage ich beim nächsten Stillgruppentermin nach, was davon umgesetzt wurde. Die Tatsache, dass es schriftlich festgehalten wurde, erzeugt wohl ein bisschen positiven Druck und viele Mütter waren tatsächlich mit der besten Freundin frühstücken oder mal beim Frisör.
Deshalb ist es auch sinnvoll, kleine regelmäßige Auszeiten als festen Termin im Kalender zu notieren. Es ist so wichtig, gerade in der ersten Babyzeit auch mal an sich zu denken, damit man gut durch diese turbulente Lebensphase kommt. Und Badewanne statt Ballonfahrt reicht oft aus, um die Akkus wieder ein bisschen aufzufüllen. Und natürlich dürfen auch die Väter nicht vergessen, sich zwischendurch kleine Auszeiten zu verschaffen. Aber die Erfahrung aus mehr als fünfzehn Jahren Hebammenarbeit zeigt mir immer wieder, dass die meisten Männer das etwas besser hinbekommen. Davon kann man sich als Mutter dann doch gerne mal inspirieren lassen…
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