Im Zuge des Attachment Parenting Kongresses am letzten Wochenende gab es immer wieder die Diskussion, inwieweit das ganze mit Kindern zu vereinbaren sei. Viele Kongressteilnehmer sind auch Eltern und da stellt sich diese Frage natürlich ganz besonders.
Es wurde bei einigen Vorträgen darum gebeten, mit lauteren Kindern den Vortrag vorübergehend zu verlassen, damit das restliche Publikum zuhören kann. Laut ist natürlich immer relativ. Den einen stört eventuell schon das normale Rumgebrabbel eines Babys, die andere fühlt sich erst durch lauteres Schreien oder lärmintensiveres Spielzeug gestört. Diese Konflikte gibt es nicht nur auf dem AP-Kongress. Ich kenne sie zum Beispiel auch von Hebammen- oder Stillkongressen. Thematisch dreht es sich auf diesen Kongressen fast immer um kindbezogene Themen, also wird offenkundig erstmal generell vermutet, dass so ein Kongress kinderfreundlich ist. Das heißt, dass genug Wickel-und Spielmöglichkeiten, Rückzugsorte und gegebenenfalls auch eine gute Kinderbetreuung vorhanden sind. Meist ist diese Betreuung aber erst für Kinder ab drei Jahren möglich und spiegelt natürlich auch die Tatsache wider, dass die wenigsten Eltern ihr Baby oder noch sehr kleines Kind einfach mal so eben einer bisher meist völlig unbekannten Betreuungsperson übergeben würden.
Ideal ist es also, wenn man eine andere Bezugsperson wie den Partner, eine gute und dem Kind bekannte Freundin oder die Oma mitbringt – und diese Person sich vor Ort um das Kind kümmert, außerhalb der Vorträge. Natürlich ist mir klar, dass das nicht immer für jeden machbar ist. Und obwohl Christian auf vielen Fort- und Weiterbildungen mit dabei war, habe ich auch einiges absagen müssen, weil diese Möglichkeit einfach nicht bestand.
Multitasking im Rahmen von Kongressen doch eher eine Illusion
Mit einem sehr kleinen Kind, das primär noch schläft oder stillt, lassen sich diese Veranstaltungen eventuell auch alleine meistern, aber das hängt sicherlich auch vom Temperament des Kindes und der Tagesform ab. Sobald die Kinder aber etwas älter sind, mehr Wachzeiten haben und auch im Spiel mehr Aufmerksamkeit fordern, war es für mich persönlich immer schwierig. Denn ehrlicherweise ist Multitasking gerade im Rahmen von Kongressen doch eher eine Illusion. Wenn sich Eltern auf ihr Kind konzentrieren, ist es in der Regel schwierig, einem Vortrag aufmerksam folgen zu können. Es mag Ausnahmen geben, ich zumindest konnte und kann das nicht besonders gut. Und das, obwohl ich durch Stillgruppen und Rückbildungskurse mit Baby eine gewisse Geräuschkulisse als Kursleitung durchaus gewohnt bin. Aber Kurse und Vorträge sind auch noch mal zwei Paar unterschiedliche Schuhe.
Wenn ich wiederum dem Vortrag aufmerksam lausche und somit mit meiner Aufmerksamkeit nicht wirklich bei meinem Kind bin, wird es diese gegebenenfalls auch lautstärker einfordern. Und das wird dann wahrscheinlich nicht nur mich, sondern auch andere Zuhörer in ihrer Konzentration auf das Vorgetragene „stören“. Und letztlich verstehe ich auch die Kinder in diesem Moment sehr, denn aus ihrer Sicht ist so ein Vortrag, bei dem meist nur einer spricht und sonst nicht viel passiert, eine ziemlich langweilige Angelegenheit.
Aus Referentensicht stört es mich persönlich nicht allzu sehr, wenn Kinder auch etwas lauter im Raum unterwegs sind. Allerdings spürt man als Referent oft, dass es andere Teilnehmer stört. Ich empfinde das als Dilemma, da ich keine Teilnehmer – ob mit oder ohne Kind – hinausbitten möchte. Ich musste aber auch schon mal meinen Vortrag länger unterbrechen, weil ein Kind vom Stuhl gefallen war und natürlich zurecht bitterlich weinte. Auch meine Aufmerksamkeit als Vortragender ist in dem Moment bei diesem Kind und zwar so lange, bis es sich wieder beruhigt hat. Diese zehn Minuten fehlen dann am Ende natürlich und der Redefluss des Vortrags ist eventuell auch nachhaltig unterbrochen. Ich verstehe auch, dass Teilnehmer, die an diesem Tag Zeit und Geld – womöglich auch in die Betreuung ihrer eigenen Kinder – investiert haben, um konzentriert zuhören zu können, darüber nicht gerade erfreut sind.
Manchmal auch schweren Herzens auf die Teilnahme verzichtet
Ich habe auch schon Kongresse besucht, auf denen die Vorträge in einem Extraraum mit viel Platz zum Spielen und Wickeln auf Video übertragen wurden. Ein wie ich finde ganz guter Kompromiss. Trotzdem war dieser Raum meist leer. Ich verstehe umgekehrt auch, dass man Referenten lieber live vor Ort sehen möchte. Aber was ich mir tatsächlich halbwegs entspannt anschauen kann, wenn ich alleine mit Kind auf so einem Kongress unterwegs bin, ist ohnehin nicht wirklich planbar. Mich hat das immer mehr gestresst, als das ich tatsächlich etwas davon hatte. Als Hebamme wartet nun das zusätzliche Dilemma, der eigenen Fortbildungspflicht auch in der Elternzeit nachkommen zu müssen, wie sicherlich auch viele Menschen in anderen Berufen. Es ist wirklich nicht immer leicht, das alles unter einen Hut zu bekommen.
Oft hagelt es nach Kongressen Kritik an den Veranstalter – von allen Seiten. Doch so richtig weiß ich auch nicht, wie man das Ganze besser vereinbaren kann. Ich verstehe durchaus die Bedürfnisse aller Seiten, aber habe auch keine wirkliche Idee, wie man alles elegant unter einen Hut bekommen könnte. Ich war deshalb immer dankbar, wenn Christian bei solchen Kongressen oder Vortragsterminen die Babywandertage übernommen hat und ich mich – bis auf kurze Still- und Kuschelpausen mit meinen Kindern – auf Vorträge oder Workshops konzentrieren konnte. Wenn das nicht möglich war, habe ich meistens und manchmal auch schweren Herzens auf die Teilnahme verzichtet, denn letztlich hätten dann weder mein Kind noch ich wirklich etwas davon gehabt.
Habt ihr vielleicht noch gute Ideen, wie sich Kind und Kongress vereinbaren lassen könnten?
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