Dies ist der 23. Beitrag in unserer Reihe „Stillen ist bunt“ (alle weiteren findet ihr gesammelt hier), in dem Dana aus Baden-Württemberg ihre Stillgeschichte erzählt. Sie ist mit über 40 Jahren Mutter geworden und hatte „in meinem damaligen Verwandten- und Bekanntenkreis leider keine Mütter von gleichaltrigen Kindern“, schreibt sie uns.
Hier auf dem Blog erzählt sie von ihrem Stillweg, der beeinflusst durch die fehlende bzw. unpassende fachliche Unterstützung so ganz anders verlief als erwartet und erhofft.
Hebamme kam im Wochenbett leider nur jeden zweiten Tag
Was hast du vor deiner Schwangerschaft über das Stillen gedacht bzw. welche Erfahrungen mit dem Thema gemacht?
Ich habe vor der Schwangerschaft viel über Bonding gelesen und freute mich auf schöne Stunden mit dem kleinen neuen Menschen an meiner Brust. Meine Mutter hat mich und meine Geschwister nur kurz und mit zufüttern gestillt. Sie hat mich im Krankenhaus direkt nach der Geburt intuitiv angelegt und bekam Ärger mit der Hebamme, die lieber erstmal eine Flasche geben wollte. Damals wurde sehr nach der Uhrzeit geschaut und vor und nach jedem Stillen gewogen. Das machte es sehr anstrengend und kompliziert. Meine Mutter freute sich immer, dass das heute so ganz anders ist. Ich dachte, ich will stillen, das klappt bei mir bestimmt.
Wie hast du dich vor der Geburt über das Thema informiert? Gab es Wünsche und Vorstellungen in Bezug auf die vor euch liegende Stillzeit?
Informationen habe ich mir vor allem im Geburtsvorbereitungskurs geholt.
Wie lief das Stillen im Wochenbett? Hattest du in dieser Zeit Unterstützung?
Die Hebamme kam im Wochenbett leider nur jeden zweiten Tag. Sie hat mir immer wieder gesagt, dass der Milcheinschuss sich deutlich bemerkbar machen würde und eigentlich auch zumindest ein bisschen weh tun müsste. Das hat es bei mir nie. Sie hat in dieser Zeit einmal für zehn Minuten geschaut, wie ich meine Tochter anlege. Da war sie nicht so zufrieden mit uns. Ich habe es auch nie geschafft, sie im liegen anzulegen. Immer nur mit Stillkissen im Sitzen, was ich vor allem nachts wahnsinnig anstrengend fand. Am zehnten Tag hat meine Tochter nur noch gebrüllt und ich hatte sie ständig an der Brust. Das war der Zeitpunkt, an dem wir uns dann auf Anraten der Hebamme eine Handpumpe vom Drogeriemarkt besorgten. Mit dem Ding kam nie mehr als zehn Milliliter.
Aufgegeben und zugefüttert
Nach dem Wochenende ohne Unterstützung der Hebamme habe ich dann aufgegeben und zugefüttert. Immer nach dem Stillen. Das war dann auch der Zeitpunkt, an dem meine Hebamme die Wochenbettbetreuung für beendet erklärte, weil meine Tochter ja zugenommen hatte. Sie zeigte uns noch einmal das Baden und dann verabschiedete sie sich von uns. Ihre Unterstützung bei meinem Wunsch, voll stillen zu können, bekam ich leider nicht. Ich traute mich auch nicht mehr, sie darauf anzusprechen. Sie hat dann kurz nach meinem Wochenbett aufgehört, als freiberufliche Hebamme zu arbeiten.
Wer war bei Fragen oder Problemen in der Stillzeit für Dich da? Wer oder was hat Dir besonders gut bei etwaigen Schwierigkeiten geholfen?
Ich und mein Mann waren eigentlich total auf uns alleine gestellt.
Wie verlief der Beikostbeginn? Welche Erwartungen gab es? Und wie hat sich das Stillen in dieser Zeit verändert?
Nachdem ich das Zufüttern angefangen hatte, habe ich immer beides gemacht. Erst Brust, dann Fläschchen mit Prenahrung. Das war am Anfang super zum beruhigen. Erst die Brust geben und nebenher eine Flasche machen zu können bzw. den Mann die Flasche machen lassen zu können. Mit ungefähr vier bis fünf Monaten hat meine Tochter dann nachts angefangen, die Brust anzuschreien. Ich hatte keine professionelle Unterstützung und war vollkommen überfordert. Irgendwann war es mir dann einfach zu viel. Das alles überschnitt sich mit dem Druck, den der Kinderarzt wegen des angeblich zu großen Gewichts gemacht hat.
„Bei mir hat es auch geklappt!“
Leider war die pflegerische Elternberatung, die ich dann zwischenzeitlich doch im Internet gefunden hatte, zu dem Zeitpunkt in den Sommerferien. Danach hatte ich dann schon abgestillt und voll auf Prenahrung umgestellt. Besonders bei den ersten Fläschchen und im Rückbildungskurs oder wenn ich sonst mit anderen problemlos stillenden Müttern zusammen war, hat es mir am Anfang sehr weh getan, dass es bei uns nicht so funktionierte, wie ich das gerne gehabt hätte. Ich bin damit aber immer sehr offensiv umgegangen. Und habe in den meisten Fälle sehr nette Reaktionen bekommen.
Eine Mutter, die ich von der Krabbelgruppe kannte, hat mich aber sehr verletzt mit ihren Worten: „Wenn du es nur versuchst und dir ein Wochenende Mühe gibst, dann kannst du bestimmt voll stillen. Bei mir hat es auch geklappt!“ Ich wollte und konnte nicht mehr und ich wollte und konnte mir auch nicht von einer weitgehend fremden Person ungefragt sagen lassen, was ich könnte und was nicht.
Mein Mann hat mich in jeder Phase immer super unterstützt und wir haben alle Entscheidungen gemeinsam getroffen und getragen. Er hat das Flasche geben genauso genießen können wie ich dann auch. Sehr geholfen haben mir die Worte einer Kinderkrankenschwester in der pflegerischen Elternberatung: „Jeder Tropfen Muttermilch zählt. Du hast das gemacht, was du konntest und wie du es zu dem Zeitpunkt wusstest. Es ist wie es ist und du kannst nichts dafür.“
Unersättlichen Hunger gehabt
Wie verlief der Abstillprozess bzw. welche Wünsche oder Vorstellungen hast du in Bezug auf diese Zeit?
Unsere Tochter hat mit ungefähr fünf Monaten einen unersättlichen Hunger gehabt. Laut Kinderarzt wog sie jetzt plötzlich viel zu viel. Er hat uns verrückt gemacht, dass wir sofort auf Beikost umsteigen sollten. Zumindest die Abstände zwischen den Fläschchen sollten wir auf mindestens vier Stunden erhöhen. Bei gestillten Kindern sei das ja nicht so das Problem, aber mit Flasche wäre nach Bedarf füttern nicht angezeigt. Ich kam mir wie eine Rabenmutter vor, die es nicht geschafft hatte, das Kind voll zu stillen und ihm jetzt Gewichtsprobleme bescheren würde. Andererseits wollte ich nicht zu früh mit der Beikost anfangen, keinen Druck machen und sie nicht schreien lassen.
In der pflegerischen Elternberatung und der Krabbelgruppe, die von einer Kinderkrankenschwester und Stillberaterin bei uns an der Klinik geleitet wurde, habe ich dann die Unterstützung bekommen, die ich brauchte. Die Leute dort haben vor allem den Druck rausgenommen und mir klar gemacht, dass es beim Essen um Lust und Freude und um ein gutes Angebot geht. Und das es dabei viele unterschiedliche Wege gibt.
Außerdem haben sie mir auch beigebracht, dass es bei Statistiken immer Babys bzw. Kinder geben muss, die unter der 3. Perzentile oder wie in unserem Fall über der 97. Perzentile liegen. Bei uns war es letztlich Brei, den meine Tochter sehr schnell mit sehr großer Freude in sämtlichen Varianten zu sich genommen hat. Die Prenahrung bekam sie weiter nach Bedarf auch in sehr unterschiedlichen Mengen und Abständen.
Das Gefühl war überwältigend
Was war oder ist das Schönste für dich am Stillen?
Als meine Tochter im Kreißsaal das erste Mal bei mir an der Brust lag und getrunken hat. Das Gefühl war überwältigend.
Was war am schwersten oder belastendsten für dich in der Stillzeit?
Die mangelnde Hilfe durch die Hebamme, der Kommentar der Bekannten und der Druck durch den Kinderarzt.
Was würdest du in einer weiteren Stillzeit anders machen? Was ist deine wichtigste Erkenntnis in Bezug auf das Stillen, die du anderen Müttern weitergeben würdest?
Ich würde mir schon in der Schwangerschaft in Ruhe eine Stillgruppe suchen. Für eine zweite Stillzeit würde ich mir zudem eine Stillberaterin suchen und hoffentlich auch eine kompetente finden. Und ich würde meinem Mann sagen, dass er die Hebamme mit so einer Aussage zu meiner Anlegetechnik nicht gehen lassen darf. Außerdem würde ich ihn bei ihr anrufen lassen am Wochenende und auch abends.
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