Als Hebamme hat man nicht immer nur mit glücklichen Schwangeren und gut verlaufenden Geburten zu tun. Wenn man so dicht am Leben arbeitet, sind auch Krankheit oder Sterben nah. Zum Glück sind die tragischen Ereignisse in unserem Beruf selten, aber es gehört genauso dazu, Familien auch in diesen Krisenzeiten zu begleiten.
Doch manchmal wissen Betroffene gar nicht, dass es diese Begleitung gibt. Gerade bei Verlusten in der frühen Schwangerschaft werden Frauen zwar vom Gynäkologen oder einer Klinik medizinisch gut versorgt, aber häufig stehen sie mit ihrer Trauer doch recht allein da. Oft sogar ganz allein mit ihrem Partner, weil sie vielleicht Freunden und Familie noch gar nichts von der Schwangerschaft gesagt hatten. Aber auch wenn eine Schwangerschaft in den ersten Wochen schon wieder endet, braucht es Zeit, um in Ruhe Abschied nehmen zu können. Zeit, die Frauen aber oftmals nicht bekommen.
Wenn per Ultraschall festgestellt wurde, dass das Herz des Kindes nicht mehr schlägt, gilt es oft, sehr schnell Entscheidungen zu treffen. Und manchmal gibt es gar keine Entscheidungsfreiheit, sondern die klare Empfehlung zur Ausschabung. Dabei kann in den meisten Fällen abgewartet werden, bis der Körper von alleine die Fehlgeburt auslöst. Oft dauert dies ein paar Tage – ein paar Tage, die viele Frauen brauchen, um sich von dieser Schwangerschaft und ihrem Kind verabschieden zu können. Hebammenbegleitung steht Müttern übrigens auch bei und nach einer Fehlgeburt zu.
Abschied braucht vor allem Zeit
Denn mit einer schnell erledigten Curettage ist sicherlich nicht der seelische Schmerz „erledigt“, den Frauen auch bei ganz frühen Verlusten spüren. Schließlich stellen wir uns ab dem positiven Schwangerschaftstest oder den ersten frühen Anzeichen einer Schwangerschaft auf das neue Leben ein. Das Kind existiert nicht erst nach den „kritischen“ zwölf Wochen. Gerade die ersten Wochen erfordern eine große körperliche und seelische Umstellung. Wir stellen uns jeden Tag ein bisschen mehr auf die Zukunft mit diesem Baby im Bauch ein. Deshalb tut es auch so weh, wenn es diese Zukunft plötzlich nicht mehr gibt.
Aufgrund des Hebammenmangels melden sich schwangere Frauen zunehmend früher bei der Hebamme an. Das heißt auch, dass wir auch vermehrt mit frühen Fehlgeburten konfrontiert werden. Auch wenn ich mir als Hebamme genauso wünsche, dass die Betreuung mit der Geburt eines gesunden Kindes und einem guten Wochenbett endet, sollten alle werdenden Mütter wissen, dass sie auch bei glücklosen Schwangerschaftsverläufen ein Recht auf Hebammenbegleitung haben. Sei es in Form von Gesprächen und Kontrollen der Rückbildungsprozesse nach einer Ausschabung oder bei der Begleitung einer natürlich ablaufenden Fehlgeburt im häuslichen Umfeld. Auch bei der Entscheidungsfindung, welcher Weg der Richtige ist, kann ein Gespräch mit der Hebamme hilfreich sein. Abschied braucht vor allem Zeit, Ruhe und eine Begleitung nach den Wünschen der Betroffenen. Das Leben geht nicht einfach weiter nach dem Verlust eines Kindes, egal wie klein oder groß dieser Mensch auch erst gewesen sein mag.
Literaturtipps:
„Gute Hoffnung – jähes Ende“ von Hannah Lothrop | „Mein Sternenkind“ von Heike Wolter | „Meine Folgeschwangerschaft“ von Heike Wolter
Linktipps:
Initiative Regenbogen | Sternenkinder-Eltern | Himmelskleider |Dein- Sternenkind
Der Text enthält Affiliate-Links zu unserem Amazon-Konto.
Schreibe einen Kommentar