Ich werde häufig von Müttern kontaktiert, die sich Sorgen machen über die Zukunft. Konkret geht es darum, dass noch vergleichsweise weit weg liegende Situationen mit dem Kind schwierig sein könnten, weil ihr Baby gerade dieses oder jenes Verhalten an den Tag legt. Das kann zum Beispiel die anstehende Kitaeingewöhnung in einem halben Jahr sein. Oder auch ein geplanter beruflicher Termin, der eine mütterliche Abwesenheit bedeutet. Oft machen sich Mütter schon lange vorab Gedanken dazu. Und wer gerade ein sechs Monate altes Baby in der „Halbjahreskrise“ dauerhaft auf dem Arm kleben hat, kann sich so gar nicht vorstellen, dass es jemals anders sein könnte.
Genauso kann man sich aber auch nicht vorstellen, dass ein zweijähriges Kleinkind schon in wenigen Jahren morgens allein zum Bäcker gehen wird. Wir leben im Hier und Jetzt mit unseren Kindern. Wir sehen, wie sie sich entwickeln. Aber nie lässt sich ein genauer Zeitpunkt ausmachen, wann ein neuer Entwicklungsschritt begonnen hat und vollendet wurde. Plötzlich stellen wir fest, dass unser Kind wieder etwas Neues gelernt hat und dass sich eine Situation verändert hat. Und auch unser Alltag verändert sich immer wieder. Eltern passen sich dem mal besser und mal schlechter mit an. Aber wir bleiben nicht an einem Punkt stehen.
Vieles im Leben ist nicht planbar – für das Leben mit unseren Kindern gilt das wohl ganz besonders. Deshalb kann ich natürlich auch nicht vorhersehen, wie es der nach Rat fragenden Mutter und ihrem Baby in ein paar Wochen oder Monaten mit einer bestimmten Situation gehen wird. Was ich aber sagen kann: Es findet sich immer eine Lösung. Manchmal läuft es genauso, wie man es sich insgeheim erhofft hat. Manchmal muss man auch noch mal neu planen. Was man aber nicht muss, ist das Kind heute auf die Situation von morgen vorzubereiten. Das bedeutet zum Beispiel, dass die anstehende Kitaeingewöhnung kein Abstillgrund sein muss. Oder dass man dem Kind die gerade von ihm benötigte Nähe verwehrt in dem Glauben und aus der Sorge heraus, dass es sich sonst niemals auf andere Bezugspersonen einlassen wird.
Das Liebesband mit dem Baby weiter knüpfen
Sehr viele akute Sorgen von heute sind morgen schon nicht mehr relevant. Wir brauchen also gerade Babys nicht auf mögliche Zukunftsszenarien vorzubereiten. Und vor allem brauchen wir uns nicht dadurch Stress im Hier und Jetzt machen. Gerade beim ersten Kind kann man sich nur schwer in weitere Entwicklungsstufen hineinversetzen. Es ist so schwierig vorstellbar, dass das kleine Menschenkind da in meinem Arm bald die ersten Schritte weg von mir machen wird. Oder dass man mit dem Kind, was einem mit der niedlichen, nur den Eltern verständlichen Kleinkindsprache verzückt, in wenigen Jahren intensivste Diskussionen um den iPad-Konsum oder die Süßigkeitendosis führen wird.
Wir müssen uns also nicht schon wenige Monate nach der Geburt darüber Gedanken machen, wie das Leben in einem halben oder ganzen Jahr mit dem Kind aussehen wird. Niemand wird das letztlich genau wissen. Darum empfehle ich meistens, zuallererst das Hier und Jetzt zu genießen, ohne sich zu viele Gedanken zu machen. Und das Liebesband mit dem Baby weiter zu knüpfen, um damit ein generelle gute Grundlage für alle neuen Herausforderungen zu schaffen. Wenn sich hierbei alles soweit gut anfühlt, kann man sich eigentlich entspannen.
Ob das Kind gerade viel oder wenig Beikost isst oder eine Einschlafbegleitung mit viel Nähe braucht, ist letztlich unerheblich. In ein paar Wochen sieht es eh wieder anders aus. Gerade im ersten Babyjahr passieren die Veränderungen und Entwicklungsschritte so schnell wie nie wieder danach. Schon allein das ist ein Grund, im Hier und Jetzt mit seinem Kind zu bleiben. Vor allem auch, damit man die vielen kleinen und großen Momente vor lauter Gedankenmachen nicht versäumt.
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