Sabine Ponath geht auf die Straße, um für und mit ihren Kindern ihren Teil zum Klimaschutz beizutragen. Dafür ist sie Teil der Klimaschutzbewegung „Parents for Future“ geworden. Wir haben mit ihr über ihre persönlichen Klimaschutzanstrengungen und das große Ganze gesprochen. Und was jeder einzelne tun kann und sollte, um die Zukunft positiv zu beeinflussen.
Sabine hat zwei Kinder (1 und 4) und lebt mit ihrer Familie in Berlin. Sie arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin für einen Grünen-Abgeordneten im Bundestag, hat einen Blog und engagiert sich bei Parents for Future. Für die Elternbewegung hat sie eine Petition in den Bundestag eingereicht, die ein Klimaschutzgesetz fordert. Dank über 70.000 Unterstützer*innen für das Anliegen wird es am 23. September 2019 im Petitionsausschuss im Bundestag diskutiert.
Deine Kinder sind ja noch nicht im „Schulstreik“-Alter. Wie bist du zu „Parents for Future“ gekommen?
Politisch aktiv bin ich schon lange, eben weil ich es so wichtig finde, langfristige Entscheidungen zu fällen und die Welt für unsere Nachkommen halbwegs lebenswert zu hinterlassen. Dass ich neben der Parteiarbeit auch zu den „Parents“ gegangen bin, lag daran, dass ich den Ansatz der „For Future“-Bewegung so toll finde: friedlich, gemeinschaftlich für das große Ganze, den Klimaschutz, einstehen.
Als die Idee einer Petition für ein Klimaschutzgesetz aufkam, war meine erste Idee, das mal den Berliner „Parents“ vorzustellen. Die Kinder und Jugendlichen haben es gestartet und haben der Klimapolitik ein nie dagewesenes Gewicht verliehen. Aber auch wir Erwachsene sind gefragt uns einzusetzen und für die Zukunft unserer Kinder zu kämpfen. Meine sind noch zu klein, die können das noch nicht alleine.
Wie wichtig ist es, heute als Eltern aktiv zu handeln für die Zukunft des Planeten? Was müssen wir noch über persönliche klimafreundlichere Entscheidungen im Alltag hinaus tun?
Für mich ein ständiger innerer Kampf: wie schaffe ich es, Gewohnheiten zu hinterfragen? Ich bin wirklich keine Klima-Heilige. Wir haben zum Beispiel ein Auto, das wir für Wochenend- oder Urlaubsfahrten nutzen. Aber jeder und jede kann genau bei sich schauen, wo ein Wandel möglich ist und wo wir vielleicht klimafreundlicher leben können. Für mich bedeutet das zum Beispiel seit einigen Monaten, nur noch vegetarisch zu leben. Außerdem steige ich lieber in die Bahn, als zu fliegen.
Aber klar ist auch: Ohne politische Rahmenbedingungen und die Förderung einer neuen, klimafreundlichen Normalität haben die Handlungen Einzelner zu wenig Schlagkraft. Es ist doch totaler Mist, dass Kurzstreckenflüge günstiger und einfacher zu buchen sind als Bahnreisen. Oder dass Fleisch aus Massentierhaltung immer noch die Norm im Supermarkt ist. In meinen Augen gehört Massentierhaltung auch unabhängig vom Treibhausgas-Aspekt verboten. Wir brauchen einen Mix aus klugen Verboten und attraktiven Anreizen. Dann wird Klimaschutz massentauglich.
Ist es nicht für viele eine absurde Vorstellung, dass wir uns als Eltern an der Demo-Kultur unserer Kinder orientieren?
Finde ich eigentlich nicht. Ich hab mich als Jugendliche parteipolitisch engagiert und verstehe bis heute nicht, wieso manche Erwachsene meinen, ihre Meinung gelte mehr als die der Jugendlichen oder Kinder. Wer sagt, dass Kinder nicht einen viel weiteren Horizont haben können als ältere Menschen? Klar, es fehlt Erfahrung und zum Teil Grundwissen. Dafür punkten sie mit ganz anderen Fähigkeiten und mit einem oft starken Gerechtigkeitssinn und Weitblick. Ich finde: Wir sollten allergrößten Respekt davor haben, was die Kinder und Jugendlichen da auf die Beine gestellt haben. Da kann man sich durchaus auch als Erwachsene noch ein Scheibchen abschneiden.
Unsere Töchter haben in diesem Jahr erstmalig auch Fehlstunden für die „Fridays for Future“-Tage im Zeugnis stehen. Die Schule unterstützt das Engagement der Kinder, durfte sie aber irgendwann nicht mehr dafür freistellen. Auch wenn deine Kinder aktuell noch nicht im Schulalter sind, in wie weit würdest du ihr Engagement unterstützen?
Ich finde, eure Töchter können stolz auf ihr Engagement sein. Die Fehlstunden sind kein Makel im Zeugnis, sondern eine Auszeichnung. Klar: Sie müssen es schaffen, trotz der Streiks im Stoff mitzukommen. Aber mit Entgegenkommen der Schule und Unterstützung der Eltern halte ich das für machbar. Oder um es mit der GEW zu sagen: „Es ist sehr im Sinne des schulischen Bildungsauftrags, wenn Schülerinnen sich als mündige Bürgerinnen in gesellschaftspolitische Zusammenhänge einbringen und von ihrem Recht auf Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit Gebrauch machen.”
Wie weit müssten Eltern gehen, um auch Erwachsene mit (schon selbst erwachsenen Kindern) oder ohne Kinder in eine Bewegung wie „Parents for Future“ mitzunehmen und ein „Alle for Future“ zu erschaffen? Es müssten doch eigentlich alle freitags mal die Arbeit „schwänzen“?
Jeder kann da unterstützen, wo es geht. In dem Maß, wie es passt. Ob es jetzt darum geht, Freitags auf die Straße zu gehen, Briefe an Abgeordnete und die Bundeskanzlerin zu schreiben, seinen eigenen Lebensstil zu hinterfragen oder bzw. und andere aufzuklären. Einen Beitrag zu leisten, ist gar nicht so schwer.
Ich hab mir zweimal für die Demo freigenommen und werde das auch in Zukunft wieder tun. Vor allem aber unterstütze ich so gut ich kann bei der Pressearbeit der „Parents“. Oder mache über meinen Blog Social Media, um auf die Klimakatastrophe hinzuweisen. Wer Lust hat mitzumachen, findet auf der Website der „Parents“ seine Ortsgruppe und kann da einfach mal in Kontakt treten.
Wie sehr hat „Parents for Future“ deinen Familienalltag bereits beeinflusst bzw. verändert? Was macht es mit dir als Mutter?
Um ehrlich zu sein, bedeutete die Arbeit für die „Parents“ eine Zeit lang schon eine krasse Mehrbelastung, vor allem als die Petition in der Phase war, in der wir Unterstützerinnen gesammelt haben. Stunden über Stunden gingen für Telefonkonferenzen, Pressearbeit, Online-Arbeit, Akquise von prominenten Unterstützerinnen und analoges Unterschriftensammeln auf dem Wochenmarkt drauf. Das alles neben Kindern, Beruf und Blog. Ich war lange nicht so fertig wie in der Zeit.
Inzwischen ist es etwas entspannter geworden, seit ich mich nur noch auf Unterstützung des Presseteams konzentriere. Aber im Kopf hat sich nachhaltig etwas verändert. Obwohl ich vorher schon versucht habe, relativ bewusst zu leben, kann ich nun nahezu keine Entscheidung mehr fällen, ohne gleichzeitig an Umwelt- und Klimaauswirkungen zu denken. Das ist nicht immer bequem. Aber ich glaube, es ist der erste Schritt, um etwas verändern zu können. Selbstkritik. Und eben schon erwähnt, erste kleine oder größere Veränderungen.
Es gibt Dinge in Sachen Nachhaltigkeit, die einem leichter und schwerer fallen. Vegan zu essen fällt uns zum Beispiel wesentlich leichter als das Auto ganz abzuschaffen? Welche Veränderungen hast du persönlich in Sachen Nachhaltigkeit im Familienalltag gemacht? Was war leicht? Was fällt Dir schwer?
Ich erlaube mir kleine Schritte, für mich definiert als „Tests“. Dann fällt es leichter. Wir sind ja doch irgendwie Gewohnheitstiere. Seit diesem Jahr hatte ich mir beispielsweise vorgenommen, nur noch einmal im halben Jahr ein neues, nachhaltiges Kleidungsstück zu kaufen. Basics wie Unterwäsche oder Strumpfhosen jetzt mal ausgenommen. Daraus wurde jetzt ein Takt von einmal im Vierteljahr, also nicht ganz so ambitioniert. Das fleischlose Leben war auch erstmal ein Test – und fiel mir so leicht, dass ich das nun erst einmal länger so machen möchte.
Am 20. September 2019 steht der nächste weltweite Streik für den Klimaschutz im Rahmen der „Fridays for Future“-Demos an? Warum ist es so wichtig, nicht nur seine Kinder dorthin zuschicken, sondern selbst auf die Straße zu gehen?
Wir dürfen uns nicht auf den Taten der „Fridays“ ausruhen. Sie brauchen unsere Unterstützung. Unser Ziel ist es, im September eine nie dagewesene Masse an Menschen weltweit zusammen zu bekommen. Klimaschutz ist grenzenlos. Je mehr Leute wir werden, desto mehr politisches Gewicht kriegt das Thema, so hoffen wir. Was viele noch nicht verstanden haben: wenn Greta Thunberg sagt, „I want you to panic”, dann ist das nicht hysterisch oder übertrieben, sondern verdammt ernst.
Ab einer globalen Klimaerwärmung von 1,5 Grad Celsius seit Beginn der Wetteraufzeichnungen müssen wir mit krassen Folgen rechnen. Der Meeresspiegel kann extrem ansteigen, Land wird dadurch überschwemmt werden. Gleichzeitig werden große Landstriche austrocknen, unfruchtbar werden, Grundwasser wird versiegen. Menschen werden fliehen müssen, Unruhen oder Kriege werden wahrscheinlicher. Auch Unwetter und Extremwetterereignisse können sich dann häufen. Durch Kipppunkte werden sich die Klimaeffekte noch verstärken, so dass es im Schnitt etwa fünf Grad Celsius wärmer werden könnte als jetzt.
Noch mehr Tiere und Pflanzen werden aussterben. Neue Krankheiten werden sich ausbreiten, empfindliche Personengruppen wie Säuglinge oder ältere Menschen unter dem Temperaturanstieg extrem leiden, dadurch erkranken oder sterben. Was das alles für uns bedeuten wird, kann ich noch gar nicht in der vollen Gänze umfassen, weil es einfach so krass ist. Wie die Zeit kürzlich geschrieben hat: Apokalypse ist in dem Zusammenhang ein angebrachter Ausdruck.
Wie kann ich Menschen jeden Alters in meinem Umfeld motivieren, am 20. September 2019 auf die Straße zu gehen?
Ich finde es so wichtig, dass ihr zum Beispiel mit eurer Reichweite darauf hinweist. Je mehr wir werden, desto besser. Redet mit euren Freundinnen, euren Kolleginnen oder euren Nachbar*innen darüber! „Fridays for Future“ rufen unter dem Claim #allefürsklima explizit dazu auf, dass auch wir Erwachsenen mit auf die Straße gehen. Zur Not, macht wenigstens eine längere Mittagspause. Aber geht hin!
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