Ob in Geburtsvorbereitungskursen, in Büchern oder von guten Freunden gesagt: Es gibt einen Tipp, den hören viele werdende Eltern. Der geht so: „Macht noch mal was Schönes zusammen, bevor das Baby kommt!“ In Corona-Zeiten ist das aber gar nicht so einfach.
Wenn es das Wohlbefinden in der Schwangerschaft zulässt, ist es nach wie vor eine gute Empfehlung, was Schönes zu machen. Es muss nicht mal unbedingt die lange Reise ans Meer sein. Auch ein Abendessen, der Kinobesuch oder das Wochenende im Wellnesshotel sind gut geeignet, um die „Paarzeit-Akkus“ noch mal aufzuladen. Denn wenn das Baby erst mal da ist, dauert es bei den meisten Paaren doch eine ganze Weile, bis ungestörte Zeit zu zweit wieder möglich ist.
Manchmal ist die fehlende vertrauensvolle Betreuungsmöglichkeit im Weg. Manchmal ist es auch einfach gefühlt noch zu früh. Oder die Eltern sind schlicht zu müde vom Babyalltag, um sich eine Auszeit als Paar zu organisieren. Und selbst wenn es klappt, sich gemeinsame kinderfreie Zeit zu organisieren, wird es sich doch ganz anders anfühlen als in der Zeit davor. Viele Eltern erinnert sich später mit einem „Weißt Du noch…“ an die letzten gemeinsamen kleinen oder großen besonderen Momente als Paar, bevor das Kind auf die Welt kommt. Diese letzten Dates in der Schwangerschaft stehen also ein bisschen auch für das Abschiednehmen von einer Lebensphase.
Fehlende Unterstützung
Für Paare, die gerade jetzt Eltern werden, bleiben aber nicht viele Optionen für diesen bewussten Abschied. Die Beschränkungen aufgrund der Corona-Situation legen den Alltag an vielen Stellen lahm. Ein Abendessen im Lieblingsrestaurant oder ein letzter Kinobesuch erscheinen gerade unerreichbar weit weg. Ein geplanter Kurzurlaub muss abgesagt werden bzw. wurde gar nicht erst gebucht. Und es fehlt auch an anderen Stellen viel von dem, was uns zuvor so selbstverständlich vorkam – etwa der Austausch mit anderen werdenden Eltern, zum Beispiel in Kursen.
Nicht einmal der Termin zum Ultraschall oder die Anmeldung zur Geburt am gewählten Geburtsort kann gesichert gemeinsam stattfinden. Dass der Partner oder die Partnerin bei der Geburt dabei sein kann, stand auch immer wieder zur Diskussion. An die Begleitung im Kreißsaal durch eine zusätzliche vertraute Person oder eine Doula ist aktuell gar nicht erst zu denken.
Auch nach der Geburt ist vieles anders: die fehlende Option des Familienzimmers in der Klinik oder stark eingeschränkte Besuchszeiten machen es den neugeborenen Familien gerade nicht leicht. Weniger Besuch auch im häuslichen Wochenbett ist sicher sinnvoll. Gar kein Besuch wegen Corona bedeutet aber, geliebte Menschen zu vermissen, die man jetzt gerne um sich hätte. Und es bedeutet auch fehlende Unterstützung in dieser besonderen Zeit.
Jetzt neue Wege und Rituale finden
Natürlich geht alles auch so… irgendwie. Wie gerade vieles irgendwie so geht. Aber zwischen „es geht“ und „es geht uns gut“ liegen Welten. Elternwerden ist anders in diesen Corona-Monaten. Vieles, was wir als Hebammen und Freunde „früher“ gesagt und empfohlen haben, gilt aktuell nicht mehr. Wir müssen also an manchen Stellen jetzt neue Wege und Rituale finden. Denn anders als der nächste Urlaub lässt sich das Elternwerden nicht verschieben.
Ein paar Gedanken und Anregungen dazu:
Geburtsvorbereitung. Sich auf die Geburt vorzubereiten ist immer wichtig und wertvoll. Plane auch jetzt Zeit und Raum dafür ein. Macht den Online-Kurs nicht nur so nebenbei, während ihr andere Dinge im Haushalt oder am Laptop erledigt. Macht es dir oder euch schön auf dem Sofa- dazu ein Teller geschnittenes Obst, leckerer Tee und vielleicht magst Du auch eine Kerze anzünden. Schließlich geht es hier darum, sich auf eine ganz besonderen Zeit in eurem Leben vorzubereiten- Eltern sollten sich gerade jetzt die Zeit dafür nehmen. Gute Online-Kurse beinhalten auch immer die Option zum Austausch und zum Fragen stellen. Es ist natürlich wesentlich schwerer auf diesem Wege neue Kontakte zu knüpfen, aber vielleicht und hoffentlich ist ein Kurstreffen mit Babys zu einem späteren Zeitpunkt möglich.
Eltern werden, Paar bleiben. Auch wenn wie geschrieben, so einiges gerade nicht möglich ist: Macht es euch noch mal ganz bewusst schön, bevor euer Baby auf der Welt ist. Vielleicht liefert euer Lieblingsrestaurant ja auch nach Hause. Oder ihr bucht ein Online-Konzert. Oder ihr binged einfach zusammen noch mal die Lieblingserie mit einem großen Topf Eiscreme weg.
Nutzt die viele Zeit zu Hause für ausgiebigen Nestbau und viel Vorfreude auf euer Kind. Durch die Homeoffice-Option ergibt sich für einige Paare – natürlich abhängig vom jeweiligen Beruf – etwas mehr gemeinsame Zeit vor und auch nach der Geburt. Dies erleben viele junge Familien gerade als sehr positiv. Und natürlich dürft ihr auch jammern über fehlende Zeit mit Freunden, abgesagte Urlaube und andere Dinge , die vielleicht nicht existentiell sind. Aber es ist dennoch schade, wenn sie eben nicht stattfinden können.
Sicherheit und Vertrauen
Hebammensuche. Die Suche nach einer Hebamme für die Begleitung vor, während und nach der Geburt ist schon lange eine zunehmend schwierigere Angelegenheit. Das war auch schon vor Corona so. Aber natürlich ist es gerade in diesen doch verunsichernden Zeiten ganz besonders wertvoll, wenn es eine vertraute Ansprechpartnerin gibt. Es lohnt sich also, Zeit in die Hebammensuche zu investieren. Mittlerweile übernehmen die Krankenkassen auch die Kosen für die Hebammenkonsultation per Videotelefonie. Das bietet sich nicht für alles an, aber kann gerade in reinen Beratungssituationen hilfreich sein.
Vorsorgetermine. Ob bei den Vorsorgeterminen bei der Hebamme oder beim Frauenarzt der Partner oder die Partnerin anwesend sein kann, ist nicht pauschal zu beantworten. Generell sollen ja Kontakte so weit wie möglich reduziert werden. Bei in Praxen statt findenden Vorsorgen sind Partner meist nicht erlaubt, aber erfragt das immer individuell. Es ist aber in der Regel immer möglich, per Smartphone den Partner dazu zuschalten, so dass zumindest ein bisschen der Blick aufs Baby per Ultraschall oder das Lauschen auf die Herztöne gemeinsam geteilt werden kann. Alternativ zur Live-Schalte kann das Ganze natürlich auch aufgezeichnet werden. Auch hier ist es sinnvoll, vorab zu fragen, was möglich ist.
Anmeldung zur Geburt. Viele Kliniken bieten Informationsabende inzwischen online an – als digitale Live-termine oder Aufzeichnung inklusive virtueller Kreißsaalführung. Das Anmeldeprozedere wird oftmals auch per Video-Konferenz absolviert. Überlegt euch vorab, welche Fragen oder Sorgen euch in Hinblick auf die Geburt und die ersten Tage danach beschäftigen. Gerade jetzt, wenn neue Regelungen vieles immer wieder verändern, ist es wichtig, dass ihr gut informiert seid. Das gibt Sicherheit und das erforderliche Vertrauen, dass die Menschen vor Ort euch gut unter der Geburt begleiten werden. Wenn Du für die Geburt eine Beleghebamme hast bzw. eine Hebamme, die die Geburt außerklinisch begleitet, wird diese auch über die Abläufe informieren.
„Nicht zu früh“ in die Klinik
Geburtsbeginn. Gerade beim ersten Kind ist es nicht immer unbedingt verlässlich einschätzbar, ob und wie weit die Geburt fortgeschritten ist. Die Aufnahme im Kreißsaal erfolgt in der Regel erst, wenn schon ein bestimmter Geburtsfortschritt gegeben ist. Aktuell dürfen Partner oder Partnerinnen in vielen Fällen erst mit in der Klinik bleiben, wenn die Frau direkt im Kreißsaal unter der Geburt ist. Viele Kliniken testen vor Aufnahme sowohl die Gebärende als auch den Partner auf eine Covid-Infektion. Informiert euch vorab über die Abläufe
Deshalb ist es jetzt noch sinnvoller, „nicht zu früh“ in die Klinik zu fahren bzw. die Gelegenheit zu nutzen, wenn die Kreißsaal-Hebamme empfiehlt, noch mal nach Hause zu fahren. Dort kann man gemeinsam die Wehen verarbeiten oder einfach auch noch mal ausruhen, wenn sich erst mal alles wieder beruhigt. Besprich in der Schwangerschaft mit der Hebamme oder der gewählten Geburtsklinik, was Du machen sollst, wenn Du vermutest, dass die Geburt losgeht. Auch im Geburtsvorbereitungskurs ist der Geburtsbeginn ein wichtiges Thema.
Ambulante Geburt. Auch im Sinne der Kontaktvermeidung ist das Thema ambulante Geburt noch mal relevanter geworden. Statt der Weiterverlegung auf die Wochenbettstation, gehen die Eltern mit ihrem Baby ungefähr vier Stunden nach der Geburt direkt nach Hause. Aktuell werden Familienzimmer gar nicht oder nur in Ausnahmefällen angeboten. Auch dies ist neben den sehr stark eingeschränkten Besuchszeiten auf den Wochenbettstationen ein Grund für eine erhöhte Nachfrage. Alles was man vorbereitend wissen muss, findest Du an dieser Stelle.
Früher als üblich nach Hause
Auch nach einem Kaiserschnitt ist es möglich, zumindest etwas früher als üblich nach Hause zu gehen, wenn alles gut läuft und man eine betreuende Hebamme im Wochenbett hat. So hat gerade eine randomisiert-kontrollierte dänische Studie unter erst- und mehrgebärenden Frauen die frühzeitige Entlassung bis 28 Stunden nach einem Kaiserschnitt mit einer Standardversorgung und Entlassung nach 48 Stunden verglichen. Aus den Ergebnissen schlussfolgern die Autorinnen, dass das Sicherheitsgefühl der Eltern nach der Geburt durch eine frühzeitige Entlassung (innerhalb von 28 Stunden) nicht beeinträchtigt wird, wenn ergänzend am Folgetag ein Hebammenbesuch zu Hause durchgeführt wird.
Anders als in der dänischen Studie liegt hierzulande die durchschnittliche Verweildauer nach einem Kaiserschnitt eher bei fünf Tagen. Natürlich soll sich keine Frau „zu früh rausgeschmissen“ fühlen. Aber es gibt eben die Möglichkeit auch früher als vielleicht üblich nach Hause zu gehen, wenn es das Wohlbefinden von Mutter und Kind zulässt
Wochenbett. Zu viel Besuch im Wochenbett kann ein Stressfaktor sehen. So sehen es doch so einige neu geborene Familien als sehr positiv, dass aktuell nicht jeder einfach mal eben vorbeikommt nach der Geburt des Kindes. Anders herum fehlt aber auch der emotional und auch ganz faktisch unterstützende Besuch. Besprecht vorab, wer euch unter welchen Voraussetzungen in dieser Zeit besuchen kommen soll. Alle anderen dürfen euch trotzdem unterstützen, in dem sie euch vielleicht einen Einkauf oder gekochtes Essen vor die Tür stellen. Und auch Rücksicht darauf nehmen, wie viel Telefonieren oder digitale Meetings für euch gerade machbar sind.
Rückbildung. Hier gilt das gleiche wie für die Geburtsvorbereitung: wichtig und wertvoll. Lass Dir von der Hebamme im Wochenbett zeigen, wie Du Deinen Beckenboden entlastest und die Körpermitte nach und nach wieder stabilisiert. Achte auf einen beckenbodenfreundlichen Alltag. Und melde Dich zu einem Rückbildungsgymnastikkurs an – auch wenn dieser aktuell nur online stattfinden sollte.
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