Am Wochenende ist Bundestagswahl. Niemand sollte vergessen, wählen zu gehen. Nicht nur, weil freie und geheime Wahlen ein so fundamental wichtiges Recht der demokratischen Mitbestimmmung sind. In diesem Jahr ist die Abgabe der eigenen Erst- und Zweitstimme umso wichtiger. Es gilt so gut es geht zu verhindern, dass Deutschland in den kommenden Jahren von einer größeren Zahl alter und männlicher Rechtspopulisten mitregiert wird. Jede Stimme dagegen zählt.
Natürlich versuchen alle Parteien auch mit Familien- und Gesundheitspolitik Stimmen zu gewinnen. In diesem Kontext ist durchaus auffällig, dass Politiker aus allen Lagern die schwierige Situation der Hebammen nutzen wollen, um Wahlkampf zu machen. Bundesgesundheitsminister Gröhe inszeniert sich als Hebammenfreund. Schon beim Bürgerdialog hatte er Anja damals 2015 zwar eingeladen, zugehört hat er nicht. Im Nachgang der Veranstaltung kam nix, die großen Probleme rund um die Geburtshilfe blieben unangetastet.
Die FDP propagiert derweil kurz vor der Wahl lautstark: „Eltern brauchen Hebammen. Und Deutschland braucht Eltern.“ Und die Grünen mögen die Hebammen natürlich auch. Kann ich alles verstehen. Wann immer ich mein Image als profaner Kulturjournalist aufpolieren will, sage ich stets: „Meine Frau ist Hebamme!“ Klappt immer.
Babybonus zur Bundestagswahl
Fakt ist aber: Hebammen verdienen mies in Deutschland – bezogen auf ihre Leistung an der Gesellschaft und die Verantwortung, die sie für die Familien tragen. Das gilt ebenso für fast alle Angestellten in Krankenhäusern im Pflegedienst, für Erzieher oder Altenpfleger. Sie alle arbeiten nicht selten unter kaum trag- und ertragbaren Bedingungen. Aber im Wahlkampf bleiben die letztgenannten blass. Ihnen fehlt, was die Hebamme hat: der Babybonus. Denn Baby zieht immer.
Das weiß auch AfD-Politikerin Frauke Petry, die sich mit ihrem im Mai geborenen Sohn Ferdinand fotografieren und auf ein Wahlplakat drucken ließ. Das Baby ist nur einige Wochen alt, die von der eigenen Partei vor der Geburt des Babys fallen gelassene Petry war womöglich rechnerisch noch im Wochenbett. Egal, Baby zieht immer.
Das Plakat der Rechtspopulistin zeigt wohl am deutlichsten, wie Politik mit einfachen Botschaften an die Stimmen der Wähler kommen will. Und dazu natürlich auch die Hebammen und ihre Situation nutzen will. Der Versuch ist legitim. Die Versprechen, an dieser Stellen vom Hebammenverband als Wahlprüftseine zusammengetragen, sind umfangreich. Allein ihre Umsetzung bleibt fraglich.
Auf der Welle der Aufmerksamkeit mitgesurft
Verbessern wird sich nach der Wahl an der Lage der Hebammen und damit auch an den geburtshilflichen Bedingungen für Eltern vermutlich wenig bis nichts, so wie in den Jahren zuvor. Vorher aber wird auf der Welle der Aufmerksamkeit mitgesurft, denn ein Thema das „brennt“, das „verkauft“ sich einfach zu gut. Lange allerdings wird das Bundesgesundheitsministerium die Lage der Hebammen und die Schließungen diverser Kreißsäle nicht mehr ignorieren können. Anderseits ist das Problem auch schon lange bekannt.
Und eine Verbesserung der geburtshilflichen Situation ist in den letzten Jahren nicht eingetreten. Weder jenseits von Wahlen noch jenseits wichtiger und deutschlandweiter Petitionen und Kampagnen. Und die Politiker wollen mit dem Verweis der Hilfe für Hebammen natürlich nicht primär diese doch eher kleine Berufsgruppe als Wählerinnen gewinnen. Sie wollen die Eltern. Und Großeltern. Und Kinderlieben. Denn Baby zieht immer.
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