Dies ist der 20. Beitrag in unserer Reihe „Stillen ist bunt“ (alle weiteren findet ihr gesammelt hier), in dem Anni ihre Stillgeschichte erzählt, die mit ihrer Familie in einer kleinen Stadt vor Tübingen lebt.
Die heute 31-Jährige hat mit 18 Jahren die Krankenpflege gelernt und ist dann schließlich über ein Studium der Pflegepädagogik in der Medizintechnik gelandet. Seit einem Jahr ist sie die stolze und manchmal müde Mama eines Sohnes. „Zusammen mit meinem Freund (dem Papa vom Babysohn) wachsen wir nun also rein ins Familiending. Ich reise unglaublich gerne, höre Podcasts und trinke gerne Milchkaffee“, schreibt sie. „Zu Schokolade sage ich niemals nein und ich bin ein klein wenig Netflix süchtig.“ Wer ihr bei Instagram folgen will, schaut bei meinannileben vorbei.
Anni und ihr Sohn hatten in den ersten fünf Monaten so einige Stillprobleme zu bewältigen. Hier erzählt sie von ihren Erfahrungen in dieser Zeit und danach sowie von ihren Gedanken zum Abstillen.
„Ich werde niemals über sechs Monate lang stillen“
Was hast du vor deiner Schwangerschaft über das Stillen gedacht bzw. welche Erfahrungen mit dem Thema gemacht?
Ich fand stillen immer praktisch, gesund und natürlich. Kleinkinder zu stillen fand ich vor meiner Schwangerschaft seltsam und habe das Stillen auf die ersten sechs Babymonate reduziert. Viele meiner Freundin haben weit über das erste Lebensjahr gestillt und ich dachte immer: „Unglaublich, dass sie das Kind so bestimmen lassen“, „Ich werde niemals über sechs Monate lang stillen“ und „wenn ich einmal gebissen werde, stille ich sofort ab“. Über all diese Aussagen muss ich jetzt sehr schmunzeln.
Wie hast du dich vor der Geburt über das Thema informiert? Gab es Wünsche und Vorstellungen in Bezug auf die vor euch liegende Stillzeit?
Für mich war völlig klar: „Ich stille“. Ich habe weder Fläschchen noch Pre gekauft für den Fall der Fälle. Ich habe mich da ganz auf mein Kind, meinen Busen und die Natur verlassen. Nach der Lektüre von „Geborgen Wachsen“ und „Artgerecht“ war ich sehr selbstbewusst, dass alles klappt.
Wie verlief der Stillstart und wie ging es dir und Deinem Baby dabei? Welchen Einfluss hatte die Geburt auf eure ersten Stillmomente?
Mein Sohn kam als sekundärer Kaiserschnitt zur Welt. Nach zwölf Stunden Wehen war das in Ordnung. Er hatte den Startschuss gegeben, hat Wehen abbekommen und am Schluss wollten die Herztöne einfach nicht mehr so stabil bleiben. Für mich war das in Ordnung. Ich wollte nur alles richtig machen nach dem Kaiserschnitt. Viel kuscheln und anlegen, anlegen, anlegen. Meine Übelkeit und zwei Stunden Erbrechen machten mir ein Strich durch die Rechnung. Dafür hat der Papa gekuschelt – und bis heute haben die beiden eine ganz besondere Bindung.
Ich stille. Baby zufrieden und ich beruhigt.
Als ich den Babysohn zwei Stunden später anlegte, klappte gar nichts und ich wurde panisch. Mein Gemüt voller Ungeduld war da leider auch keine Hilfe. Durch den Kaiserschnitt hatte ich umso mehr das Bedürfnis zu stillen. Das konnte doch nicht so schwer sein. Dank Hebammen und dem tollsten Mann an meiner Seite hat es dann aber doch geklappt. Mann, war das schmerzhaft. Egal, dachte ich. Ich stille. Baby zufrieden und ich beruhigt.
Wie lief das Stillen im Wochenbett? Hattest du in dieser Zeit Unterstützung?
Zu Beginn des Wochenbettes hatte ich eine feste Routine. Baby hungrig, umständlich das Stillkissen platzieren, Brust raus, tief durchatmen und den Piranha zu seinem Essen lassen. Nach zehn schmerzhaften Sekunden war es dann auszuhalten. Aber diese ersten Sekunden waren Hölle. Nach drei Tagen hatte ich dann den Milcheinschuss, unkompliziert war die bestellte Milch da.
Leider waren meine Brüste so voll, dass der kleine Mann nicht andocken konnte und nur geweint hat. Ich wieder Panik und Verunsicherung. Mir fiel nichts besseres ein, als ein Stillhütchen zu nehmen. Es klappte. Es klappte wunderbar. Puh! Keine Schmerzen. Ich liebte das Hütchen in diesem Moment und für die nächsten Wochen sehr… aber irgendwann wurde es sehr unnatürlich und vor allem nervig damit.
Dieser Prozess dauerte bei uns sechs Wochen
Im Wochenbett hatte ich Unterstützung einer Hebamme, meiner Familie und vor allem von meinem Partner. Ohne ihn wäre ich untergegangen! Aber mir haben auch sehr Literatur („Das Wochenbett“ und „Das Stillbuch“), eine Stillgruppe bei Facebook, aber vor allem auch der Austausch mit anderen Mamas im Wochenbett geholfen.
Wer war bei Fragen oder Problemen in der Stillzeit für Dich da? Wer oder was hat Dir besonders gut bei etwaigen Schwierigkeiten geholfen?
Mein Partner hat anfangs oft beim Anlegen geholfen und steht voll und ganz hinter mir und dem Stillen. Viele Fragen habe ich in der Stillgruppe bei Facebook durch die Suchfunktion beantwortet bekommen, aber habe auch die direkte Hilfe dort in Anspruch genommen. Außerdem ist ein guter Freund von mir Gynäkologe. Ihn habe ich bei Unsicherheiten hinzugezogen.
Bei Unsicherheiten fand ich aber auch immer den Austausch mit anderen Still-Mamas hilfreich und beruhigend. Zum Beispiel beim Abgewöhnen des Stillhütchens. Dieser Prozess dauerte bei uns sechs Wochen. Mein Sohn weiß genau, was er will und ihm etwas abzugewöhnen braucht Zeit und Geduld. Ich war oft unsicher und hilflos, wurde dann aber von meinen Freundinnen bestärkt, dranzubleiben und durchzuhalten. Es hat sich gelohnt. Seit fünf Monaten stillen wir ohne das Hütchen und es ist so viel schöner und entspannter. Und seither genieße ich das Stillen sehr.
Wie verlief der Beikostbeginn? Welche Erwartungen gab es? Und wie hat sich das Stillen in dieser Zeit verändert?
Wir haben uns für BLW entschieden. Gemeinsam. Ich habe meinem Sohn ab Beikostreife (bei uns mit sieben Monaten) sowohl Brei als auch Fingerfood angeboten. Er hat sich für Fingerfood entschieden – und das ist wunderbar. Er isst alles bei uns mit und ist ein klasse Esser. Ich hatte keine Erwartungen an den Beikoststart, er darf sich alle Zeit nehmen, die er braucht, um die Lebensmittel kennenlernen. Ich habe eher das Gefühl, dass mein Umfeld die Erwartung hatte, dass ich nun „endlich“ abstille.
Achtsam und langsam machen
Ja, das Stillen ist endlich, aber noch nicht jetzt. Aus meinem Plan, maximal sechs Monate zu stillen, ist ein Stillen nach Bedarf geworden. Manchmal stillen wir fünf Mal in 24 Stunden. Manchmal zwölf Mal. Für uns ist das so wunderbar und mein Sohn bekommt was er braucht! Das Stillen beschränkt sich mittlerweile meist auf Einschlafstillen und nächtliches Stillen. Sehr selten möchte er tagsüber einfach so an die Brust. Wenn aber doch, ist die Milchbar immer offen!
Wie verlief der Abstillprozess bzw. welche Wünsche oder Vorstellungen hast du in Bezug auf diese Zeit?
Ich möchte, dass es für ihn und mich gut wird. In einer Phase, in der er das Stillen sehr braucht, möchte ich ihm die Brust nicht entziehen. Ich möchte es achtsam und langsam machen. Ich. Weil ich glaube, dass er vermutlich sehr lange stillen würde. Ich aber vermutlich irgendwann den Zeitpunkt habe, an dem es sich für mich richtig anfühlt, damit aufzuhören. Irgendwann. Zeitpunkt X.
Was war oder ist das Schönste für dich am Stillen?
Der Moment, ab dem es einfach nur noch schön war und ich mich zurückgelehnt habe und wir beide es genießen konnten. Ohne Bauchweh, Verschlucken, Schmerzen, Stillhütchen, Stress. Das war tatsächlich erst nach fünf Monaten so… seither sind wir ein prima (Still)-Team. Ich finde das Stillen super praktisch und so natürlich. Als Ernährung, Nähe, Einschlafhilfe, Kuschelzeit, Ruheinsel, Einheit.
Was war am schwersten oder belastendsten für dich in der Stillzeit?
Die Schmerzen am Anfang. Und der Druck von außen zum Thema Abstillen.
Was würdest du in einer weiteren Stillzeit anders machen? Was ist deine wichtigste Erkenntnis in Bezug auf das Stillen, die du anderen Müttern weitergeben würdest?
Ich würde entspannter an die ganze Sache rangehen. Vermutlich an alles. Dem Baby Kompetenzen zutrauen und mir selbst! Stillen ist ein großes Geschenk von der Natur an uns. Es ist die Chance, erste Bindung aufzubauen, Vertrauen und Geborgenheit zu schenken und miteinander zu wachsen.
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