„Nein, nein, nein, neeeeeeee“, schreit das kleine Mädchen durch den Flur. „Meina, mein. Meinaaa!“ Ich höre: Es hat mal wieder jemand etwas falsch gemacht. Falsch gemacht heißt, dass jemand aus Versehen etwas in den Händen hat, das die knapp 21-monatige Nein-Sagerin unbedingt haben will. Willkommen in der Autonomiephase. Die Kleinste hier wird gerade jeden Tag sprachlich kommunikativer. Trotzdem gibt es eben diese zwei Wörter, die oft und bevorzugt angewendet werden, um die kleinkindlichen Bedürfnisse lautstark zu verdeutlichen.
Alles was interessant ist wird zu „mein“ erklärt. Natürlich handelt es sich dabei meist nicht um die Dinge, die ihr gehören. Sie gehören den anderen drei Kindern hier – oder uns Eltern. Während wir da etwas großzügiger sind, haben die anderen allerdings meist keine Lust, ständig alles abzugeben. Doch dann holt das Kleindkind tief Luft und kreischt laut „Meinaaaaa“.
Freundliche Tauschangebote der Geschwister werden mit einem eben so lauten „Neeeeeeee“ quittiert. Und weil keiner hier das Geschrei ertragen mag, bekommt sie irgendwie immer fast alles, was sie will. Denn wer will schon mit knapp Zweijährigen verhandeln.
Abwischbare Wachsmalstifte sind lahm
Ihre energische Stimme ist jedenfalls ihre Waffe im täglichen Kampf darum, alles zu verteidigen, was ihr in die kleinen Finger kommt. Deshalb wandert gerade wieder einmal vieles eine Etage höher. Aber das Kleinkind ist ja nicht blöd. Es setzt dann das drittwichtigste Wort ein „Arm, Arm, Arm“. Denn vom Arm der größeren Familienmitglieder aus kommt man gut an all das Zeug dran, was hier vorsorglich vor ihrem Entdeckerdrang der Autonomiephase weggeräumt wurde.
Die meisten Dinge kann und soll sie ja ruhig erkunden. Beim vierten Kind hat man zumindest keine Angst mehr vor verschluckten Legoköpfen oder Kaffeebohnen. Aber die spitze Schere wird natürlich auch jetzt noch zur Seite gepackt. Leider hat die Kleine längst verstanden, dass man mit der stumpfen Bastelschere wesentlich weniger anfangen kann. Und dass abwischbare Wachsmalstifte ganz schön lahm sind gegen so einen tollen Kugelschreiber, mit dem hier in der letzten Zeit so einiges ein bisschen zu nachhaltig angemalt wurde.
Kinder in der Überzahl
Und so werden trotz aller „Mein“-, „Nein“-, „Meina“- und „Neeee“-Rufen immer wieder Sachen aus ihrer Reichweite genommen. Es stürzt das Kleindkind jedes Mal in größten Weltschmerz und wird mit vielen Tränen beantwortet. Natürlich trösten wir sie und begleiten sie in ihrem Kummer. Suchen andere Spiellösungen für sie. Aber irgendwie findet sie das und vor allem uns dann auch ein bisschen blöd, weil wir ja eigentlich die Verursacher des Ganzen sind.
Gut, dass hier immer noch mindestens drei andere Leute rumrennen, die gerade nicht in der Autonomiephase (die wir auch als Trotzphase kennen) sind. Denn dann kann man sich als Kleinkind einfach auch der großen Schwester in die Arme fallen lassen und mit einem anklagenden „Paaapaaaa“ und kleiner Zornesfalte zwischen den Augen böse auf den Verursacher schauen. Und die große Teenie-Schwester sagt mitfühlend „Ach, du arme kleine Maus“. Denn sie bekommt gerade auch nicht alles was sie will. Deshalb wird sie der „armen kleinen Schwester“ wahrscheinlich bald mal das angenervte Augenrollen und Türzuknallen beibringen. Aber so ist das wohl einfach, wenn die Kinder in der Überzahl sind.
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