Gestern teilte ich via Facebook die sehr schönen und emotionalen Bilder einer Wassergeburt. Ganz unabhängig von der heimischen Geburtsumgebung – es handelte sich um eine Hausgeburt – fand ich, dass die Fotografin die Emotionen rund um die Geburt wundervoll im Gesicht der Mutter festgehalten hatte.
Unter dem Posting startete schnell eine kleine Diskussion. Manche Leserinnen schrieben, dass solche Bilder ein Ideal propagieren, was es meist gar nicht so gibt. Das stimmt schon mal in soweit, dass mehr als 98 Prozent aller Geburten ja gar nicht zu Hause statt finden. Aber auch dort erleben Frauen Geburten durchaus anstrengender und komplizierter als es dieser Bilder vielleicht suggerieren. Und ja, eine operative Geburt, vielleicht noch in Vollnarkose erlebt, ist komplett anders. In vielen Punkten zumindest.
Aber vieles ist auch ähnlich. Frauen, die nach der Geburt zu welchem Zeitpunkt auch immer zum ersten Mal ihr Baby im Arm halten, haben alle diesen Gesichtsausdruck aus Erleichterung, Staunen und Freude im Gesicht. Ganz egal, ob dieser erste Moment in einem OP oder einen Geburtspool im Schlafzimmer stattfindet.
Wenn die eigene Geburt vielleicht ganz anders als verlaufen ist als geplant, schaut man einmal mehr auf das Ganze drumherum. Ich kenne das auch, als aus unserer ersten geplanten Hausgeburt plötzlich die Beckenendlagengeburt mit Dammschnitt in der Klinik wurde. Am Anfang sah ich auch auf den ersten Fotos primär den Venenzugang an meinem Arm, die Erschöpfung in meinem Gesicht und die viel zu vielen Leute um uns herum. Wie anders sahen da die Bilder meiner Freundinnen aus, die zu Hause im Kerzenschein geboren hatten.
Sich mit der eigenen Geburt versöhnen
Doch wenn man einfach mal nur auf Mutter und Kind schaut – wie sie sich verliebt zum ersten Mal in die Augen schauen oder die Eltern neugierig nachschauen, ob es ein Mädchen oder ein Junge ist (selbst bei Eltern, die es vorher wussten). Dieser erste Blick zwischen einem Paar, wenn diese jetzt gerade zu Eltern eines ersten oder weiteren Kindes geworden sind. Der Gesichtsausdruck ist gleich schön und berührend für Außenstehende.
Wenn man viele eigentlich nicht gewünschte Interventionen unter der Geburt erlebt hat, ist man sicher traurig hinterher. Aber wenn diese zu jedem Zeitpunkt berechtigt und mit Zustimmung erfolgt sind, kann jede Frau sich genauso stark und wohl fühlen, wie diejenige, die die Geburt ohne jegliches Eingreifen von Außen erleben durfte. Letztlich müssen die Mütter mit einem schweren Geburtsverlauf oft wesentlich mehr leisten und „aushalten“ – wenn ich jetzt auch mal anfangen würde, die Geburt auf einen Wettbewerbslevel zu hieven, wo sie eigentlich nicht hingehört. Denn es gibt keine richtigen und falschen Geburten. Es gibt nur Mütter, die bereit sind, sehr viel zu tun, um ihr Kind gut auf die Welt zubringen. Mütter, die zum Teil Übermenschliches leisten, weil sie einen wirklich schweren Weg gehen müssen. Und die lächelnde Hausgeburtsmutter leistet an dieser Stelle nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Ich weiß, dass es trotzdem schwer sein kann, diese scheinbar perfekten Bilder anzuschauen. Nämlich meistes dann, wenn ich mich als Frau mit meinem eigenen Geburtserlebnis noch nicht so ganz versöhnt habe und mir noch nicht stolz auf die Schulter klopfen kann, für das, was ich da in den Stunden der Geburt oder auch danach geschafft habe. Manchmal braucht es einfach Zeit dafür, manchmal auch etwas Unterstützung auf diesem Weg dahin. Wir Frauen sind häufig recht gut darin, den Blick auf unsere Defizite zu lenken und nur zu sehen, was wir nicht können oder nicht haben. Es täte uns meist gut, mal den Blickwinkel zu verändern. Wenn man vor lauter Selbstzweifel die eigene Kraft dafür gerade nicht hat, hilft es manchmal auch, andere danach zu fragen. Sei es der eigene Partner, der wahrscheinlich ohnehin voller Bewunderung auf jede miterlebte Geburt schaut. Oder auch die Hebamme, die viele kraftvolle Geburtsstunden mitbegleitet hat.
Jede Mutter und jedes Kind haben ihre ganz eigene unverwechselbare Geburtsgeschichte. Deshalb sind Fotos oder Filme von Geburten immer nur ein winzig kleiner Teil von all den verschiedenen Geburtswegen, die Mütter und Kinder auf der ganzen Welt gehen. Kein falscher Weg, kein richtiger Weg – sondern immer ein ganz individueller Weg, den einzig und allein diese Mutter und dieses Kind gehen.
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