Geburtsorte jenseits der Norm

Geburten ändern alles im Leben der Eltern – und können sie manchmal auch vor ungeahnte bürokratische Hürden stellen. Wie etwa wird ein Baby angemeldet, das im eigenen Auto, als Taxigeburt oder ungeplant zu Hause zur Welt kommt? Wir beleuchten die Herausforderungen und geben praktische Tipps zur korrekten Anmeldung beim Standesamt.

1. Geburtsort und Bürokratie: Herausforderungen bei der Anmeldung 

Geburten lassen sich nicht planen. Das können alle bestätigen, die sie erlebt oder schon einmal dabei waren. Manche Geburten allerdings verlaufen noch unvorhersehbarer. Da kommt dann das Kind im Taxi, im Rettungswagen oder zu Hause zur Welt – ohne Hebamme oder ärztliche Begleitung. 

Nach derart besonderen Geburten stehen Eltern neben der Verarbeitung des Ereignisses nicht selten zudem vor Herausforderungen der deutschen Bürokratie. Das Kind muss nämlich angemeldet werden. Aber sobald hier etwas eben nicht nach Plan läuft, kommen Gesetze, Regelungen, Definitionen und Vorschriften gelegentlich arg durcheinander. 

2. Wie Geburten angezeigt werden

Jede Geburt muss binnen einer Woche nach der Geburt bei einem Standesamt angezeigt werden. Immer bei jenem Amt, das für den Ort der Geburt zuständig ist. 

Geburt bezeugen – auch als Gebärende

Wird in einer geburtshilflichen Einrichtung geboren, zeigen Klinik oder Geburtshaus die Geburt an. Für alle anderen Fälle besteht eine Anzeigepflicht zunächst für jedes sorgeberechtigte Elternteil. Sollte dies nicht möglich sein, kann jede andere Person, die bei der Geburt anwesend war, die Geburt anzeigen (PStG ,Kapitel 5 Abschnitt 1 §18 – §20). 

War niemand anwesend, war es ganz sicher die Gebärende, die dann selbst die Geburt bezeugen kann. Auch, wenn sie ganz korrekt keine Zeugin, sondern „Betroffene“ ist. 

3. Geburtsanzeigen verstehen: Tipp für außergewöhnliche Geburten

Die meisten Geburten in Deutschland finden in einer Klinik statt. Standesämter in der Nähe von Geburtskliniken sind daher erfahren mit Geburtsanmeldungen.

Zweizeiler fürs Standesamt

Wird das Kind jedoch in einem Zuständigkeitsbereich ohne Klinik geboren, haben diese Standesämter wenig Erfahrung mit Geburten. Und so sind sie manchmal schlichtweg überfragt, wie eine korrekte Anmeldung eines Neugeborenen erfolgen muss. 

Familien, die zu Hause geboren haben, kennen dieses Problem vielleicht. Die Beamtinnen in den Standesämtern sind es zudem gewohnt, dass Fachkräfte die Geburt bezeugen. Nach diesen wird dann oft gefragt. So sorgt es dann nicht selten für Irritation, wenn eine Geburt ausschließlich von einem Elternteil angezeigt wird.  Gut ist es daher, wenn man direkt mit einem schriftlichen Zweiteiler zum Standesamt geht:

„Hiermit bestätige ich, ____ (Name), dass  _____ (Gebärende) am ________ (Datum) um _____ (Uhrzeit)________________________ (Ort und Adresse) geboren hat. (Name, Datum, Unterschrift)“ 

Manche Standesämter verlangen einen Nachweis der Schwangeschaft oder Geburt, etwa den Mutterpass. Ein guter Beweis ist natürlich das Kind selbst.

Definition vom Ende der Geburt

Es kommt vor, dass zwischen der Geburt des Kindes und der Geburt der Plazenta eine Verlegung in eine Klinik stattfindet. Wenn dazwischen Ortsgrenzen liegen, wird es manchmal kompliziert. Denn es gibt zwei unterschiedliche Definitionen von dem Ende der Geburt. 

4. Das Ende der Geburt aus fachlicher und bürokratischer Sicht

Aus medizinisch, fachlicher Sicht ist die Geburt abgeschlossen, sobald die Plazenta geboren wurde. Dies ist übrigens der Grund, warum direkt nach der Geburt des Kindes keine Glückwünsche im Geburtsraum verteilt werden. Hier warten Geburtshelfende immer die Plazentageburt ab. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Geburtszeit jene Zeit ist, zu der die Plazenta geboren wurde.

Die Geburtszeit ist die Zeit, zu der das Kind geboren wurde, es also den Körper der Gebärenden vollständig verlassen hat. Für das Neugeborene ist die Geburt dann beendet und es gilt rechtlich als Mensch. Aus bürokratischer Sicht endet die Geburt also mit Geburt des Kindes.

Kind geboren, Plazenta noch nicht

Und damit ist der Geburtsort der Ort, an dem das Kind geboren wurde. Nicht der Ort der Plazentageburt. In den allermeisten Fällen ist dies natürlich derselbe Ort, sodass sich normalerweise niemand Gedanken darum machen muss. 

An dieser Stelle sorgen Geburten, die aus medizinischer und bürokratischer Sicht unterschiedliche Beendigungszeiten haben, für Verwirrung – und somit für Probleme bei der Anmeldung des Kindes.

5. Geburtsort und Plazenta: Bürokratische Fallstricke

Denn lange Zeit zählten Kliniken eine Geburt auch dann als Klinikgeburt, wenn zwischen Kinds- und Plazentageburt erst die Verlegung in die Klinik stattfand. Das Kind war geboren, die Plazenta noch im Uterus. Eben weil sie rein fachlich noch nicht beendet war. So wurde die Geburt über die Klinik abgerechnet. Und wer abrechnet, bescheinigt die Geburt mit einer entsprechenden Meldung an das Standesamt. 

Krankenkassen wollen nicht zahlen

Dieses Vorgehen war und ist nicht korrekt. Denn die Leistungsabrechnung mit den Krankenkassen folgt der bürokratischen Definition vom Ende der Geburt. Insbesondere bei Hausgeburten, bei denen es Probleme bei der Geburt der Plazenta gab und daher in eine Klinik verlegt wurde, waren die Krankenkassen nicht gewillt, zwei Mal die „Leistung Geburt“ zu bezahlen.  

Auch die Geburtsanzeige beim Standesamt kann in diesem Fall nicht über die Klinik laufen, da kein Personal der Klinik bei der Geburt anwesend war. Hier gilt das gleiche Vorgehen, wie bereits beschrieben: Die Geburt wird von einer bei der Kindsgeburt anwesenden Person angezeigt: Begleitperson oder Gebärende.

6. Für den Hinterkopf

  • Der Geburtsort ist immer der Ort, an dem das Kind geboren wurde, unabhängig von der Plazenta
  • Die Definition des Endes der Geburt unterscheidet sich fachlich und bürokratisch
  • Jede bei der Geburt anwesende Person kann diese anzeigen, egal ob Fachpersonal oder nicht
  • Mit der Meldung des oder der Vornamen könnt ihr euch übrigens immer vier Wochen Zeit lassen (§ 22 PStG und § 1617 BGB)

    Fun Fact:
    Wird ein Kind während einer Reise auf einem Seeschiff unter deutscher Flagge geboren, ist das Standesamt 1 in Berlin zuständig (§37 PStG )

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