Dies ist der 15. Beitrag in unserer Reihe „Stillen ist bunt“ (alle weiteren findet ihr gesammelt hier), in dem Diana aus der Nähe von Zürich ihre Stillgeschichte erzählt. Die 38-Jährige ist verheiratet und hat zwei Kinder im Alter von einem und drei Jahren. Sie verbringt gerne gemeinsam Zeit mit Familie und Freunden, mag nähen und werken, ihren Garten, lesen und Sonderpädagogik… gerne auch „und Zeit für mich“.
Diana hat ihr erstes Kind in der zweiten Schwangerschaft weiter gestillt. Seit der Geburt stillt sie beide Kinder und erzählt hier unter anderem ehrlich von ihren Erfahrungen mit dem Tandemstillen.
Ich wollte stillen, solange es für mich und mein Kind stimmt
Was hast du vor deiner Schwangerschaft über das Stillen gedacht bzw. welche Erfahrungen mit dem Thema gemacht?
Stillen war und ist für mich Nahrung und Bindung und gehört einfach zu Säugetieren und Müttern. Meine Erfahrung war, dass wenige in meinem Umfeld Erfahrung hatten, es wenige gibt, die lange stillen. Es war entweder ein großes oder gar kein Thema – und viele kannten eher negative Geschichten oder hatten schlechte Erfahrungen gemacht. Ich selber wurde bloß zwei Monate lang gestillt und ich war ein Kind mit vielen starken Allergien.
Wie hast du dich vor der Geburt über das Thema informiert? Gab es Wünsche und Vorstellungen in Bezug auf die vor euch liegende Stillzeit?
Ich wollte unbedingt stillen und habe mich intensiv damit befasst (Bücher, Internet) und mich über jegliche Schwierigkeiten und Eventualitäten informiert. Es war mir klar, dass mit entsprechender Hilfe auch ein Kind mit Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte oder gar ein Adoptivkind gestillt werden kann. Ich wollte stillen, solange es für mich und mein Kind stimmt, aber mindestens sechs Monate lang.
Wie verlief der Stillstart und wie ging es dir und Deinem Baby dabei? Welchen Einfluss hatte die Geburt auf eure ersten Stillmomente?
Zuerst wollte ich zu Hause gebären und erlebte schöne Stunden in den Wehen. Plötzlich hatte ich Schmerzen an einem nicht an der Geburt beteiligten Organ und wollte ins Krankenhaus. Wegen dieser indirekten Komplikation wurde ein Kaiserschnitt nötig. Die relativ kurzfristige Planänderung konnte ich rasch integrieren. Ich stimmte mich innerhalb von Minuten auf die neue Situation ein. Ich blieb mental in Kontakt mit meinem Kind und freute mich auf die Geburt.
Er trank und trank und trank…
Wenige Minuten später war er auf der Welt und lag auf mir und noch ein wenig später trank er an der Brust. Die Geburt war zwar ganz anders als geplant, aber die Atmosphäre war liebevoll, ich war bei mir (und auch mein Mann). Und ich war sehr erstaunt, wie gut ich den Kaiserschnitt überstanden habe. All die schaurigen Geschichten schienen mir unwirklich, ich fühlte mich erstaunlich fit und spazierte am nächsten Morgen nach 17 Stunden bereits mit meinem Baby im Tragetuch im Krankenhaus herum.
Wie lief das Stillen im Wochenbett? Hattest du in dieser Zeit Unterstützung?
Stillen gehörte einfach dazu. Mein Kind blieb die ersten 16 Stunden in direktem Hautkontakt auf mir, bis ich duschen ging und der Papa ihn hielt. Meine Brustwarzen waren etwas wund, weil der Kleine seeehr oft getrunken hatte. Aber darauf war ich gefasst. Ich hatte mir ein Stillmantra für die ersten sieben Tage ausgedacht und fühlte mich stark, komme was wolle. Und seien das schmerzende Brüste oder was auch immer. Ich war motiviert, mich allen Stillschwierigkeiten zu stellen. Darum war die Phase der wunden Brustwarzen schneller überstanden, als ich überhaupt daran zu denken beginnen konnte, ich könnte Stillschwierigkeiten haben.
Ich stillte, er trank und trank und trank… und schon war es Routine. Der Milcheinschuss nach zweieinhalb Tagen löste bei mir Freude aus, da der Kleine genüssliche große Schlucke trank. Ich stillte sehr oft. Gezählt hab ich nie, aber manchmal waren es gefühlt 100 Mal in 24 Stunden. Der Papa versorgte mich immerzu mit Getränken und stellte mir, wo immer ich mich hinlegte oder hinsetzte, eine Trinkflasche hin. Auch hielt er oft den Kleinen ab im Sinne von „Mama füllt und Papa leert“ das Kind.
Bauchgefühl war sicher und stark
Wer war bei Fragen oder Problemen in der Stillzeit für Dich da? Wer oder was hat Dir besonders gut bei etwaigen Schwierigkeiten geholfen?
Bei Fragen und dem einmaligen Milchstau stand uns unsere Hebamme bei. Auch mein Mann ging in die Stillberatung, als er sich nicht sicher war, wie er den Kleinen ernähren könne, wenn ich arbeite. Die Hebamme hat ihn gestärkt, dass das Baby die abgepumpte Muttermilch in meiner Abwesenheit schon irgendwann und irgendwie trinken werde, was dann auch klappte.
Wie verlief der Beikostbeginn? Welche Erwartungen gab es? Und wie hat sich das Stillen in dieser Zeit verändert?
Unser Bauchgefühl war sicher und stark und unser Kleiner wusste immer, was er wollte. Er nahm sich irgendwann Essen von meinem Teller. Und wollte keinen Brei. Er begann immer mehr zu essen und stillte weiter. In der nächsten Schwangerschaft stillte er weiter. Gegen Ende der Schwangerschaft war die Milchmenge während zwei Monaten gering und so freute er sich auf die Geburt, denn dann würde es ja gaaaanz viel Mamamilch geben. Der Kleine Bruder kam dann zu Hause zur Welt. Im Pool neben dem Familienbett, wo der „kleine Große“ schlief. Beim ersten Geräusch des neuen kleinen Bruders erwachte der neue Große und wartete mit glänzenden Augen auf Mamamilch. Kaum aus dem Pool, tranken beide Kinder und stillten und stillen noch immer (gleichzeitig). Sie sind jetzt drei und ein Jahr alt. Sie essen gerne, alles und recht viel, sind aber auch Milchvampire.
Wie verlief der Abstillprozess bzw. welche Wünsche oder Vorstellungen hast du in Bezug auf diese Zeit?
Abstillen werde ich oder die Jungs… irgendwann.
Was war oder ist das Schönste für dich am Stillen?
Ich finde das Stillen mega praktisch, gesund und natürlich und auch günstig. Es ist Bindung, Ernährung, Probiotika, Trost, Beziehungspflege…
Tandemstillen hat meinen Körper ganz schön gefordert
Was war am schwersten oder belastendsten für dich in der Stillzeit?
Das Tandemstillen hat meinen Körper ganz schön gefordert. Nach 34 Monaten Dauerstillen waren meine Eisenwerte nicht mehr so gut und die erste Regelblutung nach der zweiten Geburt ließ zehn Monate auf sich warten und war mengenmäßig sehr heftig. Jetzt achte ich noch mehr auf hohen Eisengehalt und nehme pflanzliche Eisenpräparate und esse öfter mal Fleisch. Manchmal fühlte bzw. fühle ich mich wie eine Milchbar und möchte meinen Körper auch mal nur für mich haben. In solchen Momenten finde ich stillen nicht so cool.
Was würdest du in einer weiteren Stillzeit anders machen? Was ist deine wichtigste Erkenntnis in Bezug auf das Stillen, die du anderen Müttern weitergeben würdest?
Ich stille weiter und vielleicht gibts noch ein Kind und ich stille weiter oder oder oder… wie wir geboren werden und gebären ist wichtig! Aber Stillen ist auch wichtig! Informiert euch unbedingt vor der Geburt übers Stillen, über Hilfen und Beratung. Denn wenn es nicht klappt, fehlt die Kraft, das Wissen zu suchen. Trefft Stillende, fragt Stillende, tauscht euch aus, geht zu Stillgruppen (auch schon schwanger, nicht erst nach der Geburt). INFORMIERT EUCH! Organisiert euch eine Hebamme und/oder eine Stillberaterin im Voraus.
Stillen ist DIE Ernährungsweise von Baby-Säugetieren. Je mehr gestillt wird (auch öffentlich), desto alltäglicher wird das Per-Brust-Ernähren von Menschenkindern wieder. Ich würde nichts anders machen. Es fühlt sich einfach richtig an, obwohl oder gerade weil meine Stillgeschichte so banal und unspektakulär war und ist. Auch wichtig finde ich, dass Nichtstillen völlig okay ist. Wenn ich mit meiner Nachbarin auf dem Sofa sitze, ich meine Jungs stille und sie ihre Babyzwillinge schöppelet, dann ist das auch ganz natürlich und locker. Zwei Mamas ernähren ihre Kinder. Das „Wie“ ist egal, wenn das Gefühl stimmt. Gründe gibt es immer, es bedarf keiner Wertung.
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