Fragen an die Hebamme: Was tun bei Milchstau?

Stillen kann schön, innig und unkompliziert sein. Genauso gibt es aber auch immer wieder Hürden auf der Milchstraße. Wichtig ist es, schnell die Ursache zu finden und zeitnahe Unterstützung bei der Bewältigung eines Stillproblems zur erhalten. Während der gesamten Stillzeit kann es zu einem Milchstau kommen. Die Ursachen eines Milchstaus sind sehr vielfältig. Immer gleich wichtig ist hingegen, dass du den Milchstau möglichst frühzeitig erkennst und entsprechend handelst.

Im folgenden Beitrag erfährst du mehr über die Hintergründe eines Milchstaus und wie dir gezielte Maßnahmen helfen können. Wichtig ist, folgendes Im Auge zu behalten:

  • Nimm schmerzende, geschwollenen oder gerötete Stellen an der Brust immer ernst.
  • Kontaktiere deine Hebamme oder eine Still- und Laktationsberaterin.
  • Die Behandlung des Milchstaus ist abhängig von der Ursache.
  • Häufiges, uneingeschränktes Anlegen, Ruhe und Stressreduktion sind wichtig.
  • Massagen oder Manipulationen an der Brust sind nicht empfohlen, sanfte manuelle Bewegung der Brust kann hilfreich sein
  • Ein Ungleichgewicht des Brustmikrobioms kann entzündliche Prozesse in der Brust begünstigen.
  • Hole immer medizinischen Rat ein, wenn sich die Beschwerden nach 24 Stunden nicht bessern oder hohes Fieber hinzu kommt.

Das Stillen in den ersten Tagen

Die Stillfrequenz nimmt in den ersten Tagen stetig zu. Zehn bis zwölf oder mehr Stillmahlzeiten binnen 24 Stunden sind völlig normal. Lege dein Baby nach Bedarf an – also immer dann, wenn es mit frühen Stillzeichen darauf aufmerksam macht. „Stillen nach Bedarf“ richtet sich aber auch nach deinen eigenen Bedürfnissen.

Fühlt sich deine Brust sehr schwer oder gespannt an, darfst du dein Baby auch sanft wecken und zum Stillen animieren. Die Milchbildung kommt durch das häufige Anlegen gut in Gang, besonders zwischen dem zweiten und vierten Tag nach der Geburt. Stillst du ausreichend oft, vermeidest du Spannungsgefühle oder Schmerzen in dieser Zeit.

… und dann der „Milcheinschuss“

Der „Milcheinschuss“ als Umstellungsphase auf die reichliche Milchbildung ist meist verbunden mit einer initialen Schwellung der Brustdrüsen. Deine Brust fühlt sich prall, schwer und warm an, weil mehr Blut und Lymphflüssigkeit in ihrem Drüsengewebe zirkulieren. Eventuell geht dies auch mit einer erhöhten Körpertemperatur einher. Dies sind physiologische Prozesse und kein Anzeichen eines Milchstaus.

Trotzdem ist das Risiko in dieser Phase hoch, dass sich schwerwiegendere Stillschwierigkeiten entwickeln. Das gilt besonders, wenn es Schmerzen und Verletzungen an den Mamillen (Brustwarzen gibt). Hier findest Du Tipps, wie Du wunden Brustwarzen vorbeugen kannst oder sie im Bedarfsfall lindern und die Stillsituation wieder verbessern kannst.

Bemerkbar macht sich der Milchstau meist durch eine schmerzhafte, rote und spürbar verhärtete Stelle an der Brust. Die Rötung kann sehr konkret an einer Stelle, aber auch großflächiger sein. Ein Krankheitsgefühl und erhöhte Körpertemperatur sind mögliche weitere Symptome. Nimm diese Alarmzeichen immer ernst, um dich zeitnah um deine Brust und dein Befinden zu kümmern. 

Stress oder Mechanik?

Die Ursache eines Milchstaus ist selten klar auszumachen. Manchmal ist Stress die Ursache, da sich Hormone wie Adrenalin, das bei großem Stress ausgeschüttet wird, ungünstig auf das Stillen auswirken. Manchmal gibt es aber auch einen mechanischen Grund: Vielleicht drückt ein BH-Träger die Milchgänge ab oder es hat sich ein Häutchen gebildet, das einen der Milchgänge verschließt. Hier erfährst Du mehr über die Entstehung von Milchbläschen und was du dagegen tun kannst.

Längere Stillpausen, ein Stillstreik sowie eine übermäßige Milchproduktion (Hyperlaktation) können ebenfalls zu einem Milchstau führen. Ein nicht adäquates Management beim Abpumpen von Muttermilch kann auch ursächlich sein. Wichtig ist es, das ursächliche Problem zu finden und anzugehen. Lass Dich hierbei fachlich unterstützen.

Stillberatung finden und Kostenübernahme

Die Kosten für die Unterstützung durch Hebammen auch beim Stillen werden sowohl in Deutschland, als auch in Österreich und der Schweiz von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Der Leistungsumfang sieht unterschiedlich aus. Hier findest du weitere Informationen für Deutschland, Österreich und die Schweiz.

Darüber hinaus gibt es Stillberater:innen mit unterschiedlichen Ausbildungen und Zertifizierungen. IBCLC steht für International Board Certified Lactation Consultant, das ist der international geschützte Titel für examinierte Still- und Laktationsberaterinnen. IBCLC sind medizinisch ausgebildet, haben umfangreiche praktische Erfahrung in der Betreuung von Eltern und Kind. Sie müssen ihr Wissen auf einem wissenschaftlich fundierten Niveau aktuell halten und durch regelmäßige Rezertifikation nachweisen. Dies sorgt für eine hohe Beratungsqualität.

Still- und Laktationsberatung ist in Deutschland und Österreich eine privat zu zahlende Leistung, die manchmal rückwirkend von der Krankenkasse erstattet wird. In der Schweiz werden bis zu drei Stillberatungen von der Grundversicherung der Krankenkasse übernommen. Über die Berufsverbände der Still- und Laktationsberater:innen findest du entsprechende Kontakte.

Wie wird ein Milchstau behandelt?

Zur Behandlung gehört es nicht nur, die Ursache zu beheben, sondern auch Bettruhe zu halten und das Kind häufig anzulegen. Das Stillen sollte zeitlich nicht eingeschränkt werden bzw. sollte die Häufigkeit gesteigert werden, wenn es zuvor große Pausen zwischen den einzelnen Stillmahlzeiten gab. 

Stille in der dir angenehmsten Position. „Akrobatische Stillpositionen“, bei denen du zum Beispiel im Vierfüßlerstand über dem Baby kniest, haben sich nicht als hilfreich erwiesen und sind zudem unsicher. Zusätzliches Abpumpen kann die Milchstau-Situation eher verschlechtern. Eine Milchpumpe sollte nur bei einer entsprechenden Indikation und fachlich begleitet zum Einsatz kommen.

Kühlen nur mit Vorsicht

Vielen Frauen ist das Kühlen der vom Milchstau betroffenen Brust angenehm. Auch wenn es keine Evidenz für Kälteanwendungen bei entzündlichen Brusterkrankungen gibt, verbessern diese aus der Erfahrung heraus für viele Stillende das Befinden. Allerdings sollten sie mit Bedacht eingesetzt werden. Ein zu starkes Kühlen könnte die Durchblutung in der Brust so herabsetzen, dass der Milchtransfer beeinträchtigt wird.

Die Empfehlung ist darum, nach dem Stillen zu kühlen, so dass die Brust bis zur nächsten Stillmahlzeit wieder entsprechend erwärmt ist. Außerdem sollte maximal kühlschrankkalt gekühlt werden. Das Eispack aus dem Tiefkühlfach ist nicht geeignet oder muss entsprechend vorab so in ein Handtuch gehüllt werden, dass die Temperatur moderat ist.

Hausmittel gegen den Milchstau? 

Ein alt bewährtes Hausmittel zum Kühlen bei entzündlichen Prozessen ist der Quarkwickel. Hierfür wird kühlschrankkalter Quark direkt auf die betroffene Stell ausgetragen oder auf ein Küchentuch verteilt, das mit dem Quark darin zu einer Auflage gefaltet wird. Die so entstandene längliche Auflage wird nun auf die Brust unter Aussparung der Mamille platziert. Diese Anwendung ist unkomplizierter und verhindert möglicherweise unangenehme Manipulation an der Brust durch das Auftragen und Abwaschen des Quarks.

Auch Weißkohlauflagen sind ein bekanntes Haumittel. Hierfür wird das Blatt eines Bio-Weißkohls, der zuvor im Kühlschrank lag, mit dem Nudelholz ausgewalkt. Dies soll die antientzündlichen Inhaltsstoffe aus dem Kohl lösen. Dann wird ein Loch als Aussparung für die Brustwarze in das Blatt geschnitten. Das Kohlblatt wird nun auf der Brust platziert und bleibt dort liegen, bis das kühlende Gefühl deutlich nachlässt. Die Blätter können auch in einen Still-BH oder ein Bustier eingelegt werden.

Es gibt für diese Maßnahmen keine wissenschaftliche Evidenz. Aber in der Erfahrung der Hebammen hat sich moderates Kühlen in Bezug auf die Linderung der Beschwerden für die Stillende bewährt.

Massagen können Milchstau verschlimmern

Noch immer hört man die Empfehlung, die durch den Milchstau geschwollene Stelle zu massieren, um damit den Stau „zu lösen“. Auch die Idee, die Brust dadurch „gründlich zu entleeren“, geht nicht nur von falschen Annahmen zum Mechanismus des Milchstaus aus, sondern kann die Situation sogar deutlich verschlimmern. 

Darum ist von Manipulationen dieser Art dringend abzuraten. Auch Vibrationsmassagen mit speziellen Geräten oder einer elektrischen Zahnbürste sind mit größter Vorsicht zu betrachten. Die Anwendung kann den Druck in den Milchgängen erhöhen, was wiederum entzündliche Prozesse weiter verstärkt.

Eine ganz sanfte eher streichelnde Massage vor dem Stillen zur Auslösung des Milchspendereflexes ist hingegen durchaus förderlich. Ebenso kann es hilfreich sein, die Brust sanft mit deinen Händen immer wieder zu bewegen. Umfasse sie dafür mit der ganzen Hand, hebe sie sanft an und bewege sie vorsichtig kreisend in alle Richtungen. Achte bei jeglichen Berührungen an der Brust darauf, dass sie sich angenehm für dich anfühlen. Das gilt nicht nur bei einem Milchstau

Schmerzen lindern, Mastitis verhindern

Neben all diesen Maßnahmen, kann es auch erforderlich sein, ein Schmerzmittel einzunehmen. Hier gibt es gut wirkende und gleichzeitig stillverträgliche Analgetika. Lass dich dazu fachlich beraten, welche Schmerzmedikation in welcher Dosierung für dich passend ist. Umfassende und fundierte Informationen zur Arzneimittelgabe in Schwangerschaft und Stillzeit findest du außerdem auf der Website von Emryotox.

Ein Milchstau kann fließend übergehen in eine Mastitis, eine entzündliche Erkrankung der Brust. Wunde Brustwarzen können ebenfalls dazu führen, wenn über die Wunde Bakterien in den Körper gelangt sind. Eine gute Hygiene ist wichtig – also gründliches Händewaschen sowie regelmäßiges Wechseln von feuchten Stilleinlagen.

Auch ein Ungleichgewicht (Dysbiose) des Mikrobioms der Brust kann entzündliche Prozesse in der Brust begünstigen (Subakute Mastitis). Hierzu ist aktuell viel Forschung im Gange. Es gibt Hinweise, dass sich die Einnahme von bestimmten Laktobazillen (Lactobacillus fermentum, Lactobacillus salivarius und Ligilactobacillus salivarius) zur Stärkung des Mikrobioms positiv auf die Genesung der subakuten Mastitis auswirkt.

Mastitis immer behandeln

Eine Mastitis muss in der Regel mit Medikamenten (Antibiotika) behandelt werden. Sollten sich die mit dem Milchstau verbundenen Beschwerden binnen 24 Stunden nicht bessern oder kommt hohes Fieber dazu, hole unbedingt medizinischen Rat ein. Im schlimmsten Fall kann sich aufgrund einer nicht behandelten Brustentzündung im Drüsengewebe Eiter (ein Abszess) ansammeln, der operativ entfernt werden muss. 

All dies geht meist mit einem deutlich eingeschränkten Wohlbefinden und einem schweren Krankheitsgefühl einher. Dies ist gerade in der Babyzeit äußerst belastend. Achte daher in der Stillzeit besonders gut auf dich und deinen Körper. Frühzeitig wahrgenommene Beschwerden lassen sich meist gut und rasch behandeln. 

Neben den entzündlichen Brusterkrankungen wie Milchstau und Mastitis gibt es noch andere Gründe wie z.B. Zysten, die zu Veränderungen oder Beschwerden an der Brust führen. Lasse Auffälligkeiten an deiner Brust darum immer bei deiner Gynäkologin abklären – das gilt natürlich auch außerhalb der Stillzeit.

Autor.in dieses Beitrags

Beitrag veröffentlicht am

in

, ,

Von

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert