Als Stillberaterin IBCLC bin ich häufig so etwas wie die Stillfeuerwehr. In der Regel werde ich nicht angerufen, wenn sich Schwierigkeiten anbahnen. Ich werde meist erst alarmiert, wenn das Stillproblem längst da ist. Ein häufiges Thema ist eine möglicherweise unzureichende Milchbildung. Und die Frage: Was steigert die Milchmenge?
Manchmal ist die unzureichende Milchbildung nur gefühlt vorhanden, wenn zum Beispiel das Kind während eines Wachstumsschubes ständig nach der Brust verlangt. Oder wenn sich ein paar Wochen nach der Geburt die Stillbrust wie „Flasche leer“ anfühlt. Dabei ist das ganz normal und auch gut. Denn schließlich macht es die Stillzeit auf lange Sicht angenehmer und komfortabler, wenn sich die Brust nicht dauerhaft prall und gespannt anfühlt. Genug Milch ist meist trotzdem noch da. Aber die große Verunsicherung halt auch sehr oft.
Aber in diesem Artikel geht es um die tatsächliche unzureichende Milchmenge. Oft zeigt sich dies in einer zu geringen Zunahme des Kindes, meist verbunden mit zu geringen Ausscheidungen. Gedeihstörungen können aber auch vorkommen, wenn genug Muttermilch vorhanden ist. Zum Beispiel, wenn ein Baby zu schwach oder krank zum Stillen ist. Oder das Baby nicht adäquat an der Brust trinkt, weil seine Mutter viel zu große Milchmengen produziert, die es gar nicht bewältigen kann.
Nach der Ursache schauen
Ein anderer Faktor für eine unzureichende Gewichtszunahme kann aber auch darin liegen, dass eine Mutter nicht genug Milch produziert. Tipps, wie dieses Problem zu beheben sei, kursieren viele. Die meisten beziehen sich darauf, dass die Mutter etwas bestimmtes essen oder trinken soll und so zu mehr Muttermilch kommt. Und darum stehen die Malzbierflaschen am Wochenbett. Es wird kannenweise Stilltee getrunken und mit viel „guter Sahne“ gekocht. Für die meisten dieser Tipps gibt es keinen wissenschaftlichen Beleg. Aber ein gewisser Placeboeffekt ist sicherlich nicht zu unterschätzen. Über tatsächlich milchmengensteigernde Mittel hatte ich an dieser Stelle bereits geschrieben.
Doch was zwischen all den Stillsäften und Milchbildungskugeln ganz vergessen wird, ist nach der Ursache zu schauen. Denn wenn ein Baby einfach viel zu selten angelegt wird, wird auch nicht der Stilltee für eine adäquate Steigerung der Milchmenge sorgen. Es gibt hormonelle Gründe, die sich ebenfalls nicht von Malzbier beeindrucken lassen.
Da wären zum einen verschiedene Gründe von mütterlicher Seite. Zum Beispiel kann sich ein sehr hoher Blutverlust unter der Geburt negativ auf die Milchbildung auswirken. Auch Plazentareste in der Gebärmutter können sich hormonell negativ auswirken. Eine Erkrankung der Schilddrüse kann ebenso Auswirkungen haben wie eine frühere Brustoperation. Eine exzessive Flüssigkeitsaufnahme macht auch Probleme bei der Milchbildung. Paradoxerweise denke viele Frauen, dass es gerade besonders hilfreich ist, wenn sie ganz viel trinken. Es ist also immer wichtig, eine Anamnese zu machen, um mögliche Ursachen zu entdecken und behandeln.
Schnelle Hilfe bei unzureichender Milchbildung
Probleme beim Kind, die sich negativ auf die Milchbildung auswirken könnten, müssen ebenso erfragt und untersucht werden. Manchmal ist es „nur“ ein zu seltenes oder zu kurzes Anlegen, was die Milchproduktion nicht ausreichend ankurbeln lässt. Es kann aber zum Beispiel auch ein Saugproblem durch ein verkürztes Zungenbändchen vorliegen. Die möglichen Ursachen sind vielfältig und sollen hier an dieser Stelle auch gar nicht vollständig aufgeführt werden.
Wichtig ist, dass Mütter mit einer unzureichenden Milchbildung bzw. einem nicht gut gedeihenden Baby schnelle und kompetente Hilfe bekommen statt überlieferter Hausmittelchen. Da die Ursachen so vielschichtig sein können, helfen auch nicht unbedingt die Erfahrungen und Tipps der besten Freundin weiter. Mittlerweile ist zudem ein regelrechter Markt entstanden, der allerlei Produkte für stillende Mütter bereit hält. Mal ist es ein Traubensaft, der als „Stillsaft“ verkauft wird, mal eine spezielle Teemischung, die suggerieren soll, dass der Konsum mehr Milch fördert. Ob als Tee, Müsli oder in Kapselform – diese Produkte werden keine wirklichen Probleme beheben, wenn diese nicht parallel „an der Wurzel“ angefasst werden.
Es gibt aber viele sinnvolle Behandlungsstrategien, um eine unzureichende Milchbildung zu beheben. Und auch mögliche andere Wege sollten gut begleitet werden. Malzbier darf also gerne getrunken werden, wenn eine stillende Mutter zusätzlich auch die Unterstützung bekommt, die sie in dieser Situation braucht.
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