Fragen an die Hebamme: Was ist eine Beckenendlage?

In der überwiegenden Zeit der Schwangerschaft hat das Baby ausreichend Platz, sich im Bauch der Mutter beliebig zu bewegen. Ob mit dem Kopf nach oben, unten oder sogar in Querlage – je früher in der Schwangerschaft, umso häufiger kommen wechselnde Kindslagen vor und sind kein Grund zur Sorge.  Je näher der Geburtstermin rückt, umso mehr Babys drehen sich in Schädellage – also mit dem Kopf nach unten. Nach der 37. SSW sitzen nur noch drei bis fünf Prozent aller Babys in der Gebärmutter. Und befinden sich damit in Beckenendlage. 

Dabei gibt es unterschiedliche Varianten der Beckenendlage: 

  • das Baby hockt mit angezogenen Füßen im Becken (vollkommene Steiß-Fuß-Lage)
  • es liegt mit dem Po im Becken und seine Beine sind gerade hochgeschlagen (reine Steiß-Lage)
  • ein Fuß ist angezogen, das andere Bein ist hochgeklappt (unvollkommene Steiß-Fuß-Lage) 
  • das Baby hat die Beine ausgestreckt, es steht quasi in der Mutter (vollkommene Fuß-Lage).

Babys können mit dem Kopf oder Po zuerst geboren werden – beide Lagen sind aus Sicht der Geburtshelfer*innen normal und geburtsmöglich. Und doch heißt es oft: „Das Baby liegt falsch herum“. Diese vielleicht unbedachte Äußerung führt dazu, dass Schwangere und ihre Partner*innen die Lage für eine vaginale Geburt als nicht normal und risikobehaftet einschätzen. Doch Studien zeigen, dass bei guter Beratung und Begleitung eine vaginale Geburt genauso sicher ist wie ein Kaiserschnitt.

Beckenendlage – aber warum?

In den meisten Fällen ist nicht klar, warum das Baby zum Geburtstermin in Beckenendlage sitzen bleibt und sich nicht in die Schädellage dreht. Ein Grund könnte ein nicht optimal geformtes Becken der Mutter sein – oder eine Fehlbildung der Gebärmutter.

Wenn die Plazenta vor dem Gebärmutterhals liegt (eine so genannte Plazenta praevia), könnte das die Drehung des Kindes verhindern. Weitere Gründe können die Fruchtwassermenge oder Fehlbildungen des Kindes sein. Wenn es keine erkennbare Ursache gibt, muss die Lage des Kindes bis circa zur 35. SSW gar kein Thema sein.

Klar zur Wende?

Auch wenn Babys mit dem Po zuerst vaginal geboren werden können, gibt es doch die Empfehlung, das Kind in den letzten Schwangerschaftswochen zur Drehung zu bewegen. Hier gibt es unterschiedliche Ansätze. Für die genannten alternativen Behandlungsmethoden gibt es keine wissenschaftliche Evidenz, allerdings ein jahrzehntealtes Erfahrungswissen, dass sich immer wieder Babys nach der einen oder anderen Behandlung drehen.

Die Knie-Ellenbogenlage kann eine Möglichkeit sein: Die Schwangere nimmt täglich für einige Zeit diese Position ein, bei der der Kopf tiefer ist als das Becken. Sie gibt ihrem Baby so die Möglichkeit, mit dem Po aus dem Becken herauszurutschen.

Ähnliches kann die so genannte Indische Brücke bewirken. Die Schwangere legt sich dazu auf den Rücken, hebt das Becken und legt sich ein dickes Kissen unter das Becken. Die Beine sind aufgestellt. In dieser Position sollte sie einige Minuten verharren.

Baby zur Drehung bewegen

Eine Partnerübung ist das so genannte Äpfelschütteln. Die Schwangere kniet vornübergebeugt auf einem Gymnastikball, dem Sofa oder Bett. Die Partnerin/der Partner legt die Hände an die Pobacken der Schwangeren und schüttelt so sanft das Becken.

Manche Babys lassen sich durch Licht oder Geräusche zur Drehung bewegen. Dazu wird täglich eine Taschenlampe oder ein Glöckchen über den Bauch bewegt. Die Hebamme kann zur besseren Orientierung die Lage des Kindes und den Weg der Drehung zeigen.

Eine osteopathische Behandlung kann das mütterliche Becken bewegen und so mehr Platz für die Drehung des Babys schaffen.

Zu viel Stress oder Anspannung?

Eine spezielle Form der Akupunktur, das so genannte Moxen, kann ebenfalls eine Drehung des Babys bewirken. Dabei wird ein Akupunkturpunkt am kleinen Zeh (Blase 67) mit einer entzündeten Beifußzigarre gewärmt und damit stimuliert. Viele Hebammen bieten eine solche Moxa-Behandlung an.

Nicht zuletzt kann es auch seelische Ursachen haben, wenn das Baby mit dem Kopf oben liegt. Es lohnt sich in jedem Fall zu überlegen, ob es aktuelle Themen gibt, die Stress oder Anspannung verursachen, ein Sich-Einlassen auf die baldige Geburt eher verhindern und so das Baby unbewusst von der Drehung abhalten.

Option: äußere Wendung

Zusätzlich zu den alternativen Drehversuchen gibt es die Möglichkeit einer so genannten äußeren Wendung. Sie wird von erfahrenen Geburtshelfer*innen im Krankenhaus durchgeführt. Dabei wird das Baby durch die Bauchdecke der Mutter mit den Händen zur Drehung (meist ein Purzelbaum vor- oder rückwärts) bewegt. Ab SSW 36+0 oder auch SSW 37+0 wird solch eine äußere Wendung empfohlen. Zuvor sollte es ein ausführliches Beratungsgespräch und eine Ultraschalluntersuchung geben.

Dabei gilt genau zu beurteilen, ob eine äußere Wendung Erfolg haben könnte. Der hängt unter anderem von der Lage der Plazenta, der Fruchtwassermenge und der Position des Kindes ab. Die ärztliche Leitlinie gibt eine Erfolgsquote von 35 bis 57 Prozent bei Erstgebärenden und 52 bis 84 Prozent bei Mehrgebärenden an. Die Leitlinie empfiehlt, Schwangeren mit einer Beckenendlage eine äußere Wendung anzubieten.

Bei der Entscheidung ist es besonders wichtig, sich in erfahrene Hände zu begeben. Für diese „Handarbeit“ ist entscheidend, dass die Geburtshelfer*innen einer Klinik sie regelmäßig und oft genug durchführen. Viele Kliniken haben die äußere Wendung als Angebot auf ihrer Website, ohne über genügend Erfahrung damit zu verfügen. Bei der Auswahl kann es helfen, die Hebamme oder niedergelassene Gynäkologin um Rat zu fragen – nicht immer ist die ausgewählte Geburtsklinik für eine äußere Wendung die richtige Wahl.

Mit dem Po zuerst auf die Welt

Wenn die Wendung nicht erfolgreich war oder nicht probiert wurde, stehen vaginale Geburt und Kaiserschnitt gleichberechtigt zur Wahl. Die ärztliche Leitlinie empfiehlt, Schwangere mit Beckenendlage zu beiden Geburtsformen zu beraten. Es wird aber betont, dass die Beratung in einem Krankenhaus erfolgen soll, die mit beiden Geburtsmethoden Erfahrung hat. 

Während die Erfahrung in der Durchführung eines Kaiserschnitts in fast allen Krankenhäusern ähnlich hoch ist, gilt es bei der Begleitung einer vaginalen Beckenendlagen-Geburt ein geburtshilfliches Team zu finden, das solche Geburten regelmäßig begleitet. Für die Begleitung von vaginalen Beckenendlagen gilt besonders, was eigentlich bei allen Geburten wichtig ist: Geduld und Ruhe zu geben, die Geburt geschehen zu lassen.

Autor.in dieses Beitrags

Beitrag veröffentlicht am

in

,

Von

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert