Fragen an die Hebamme: Was bewirkt eine Damm-Massage? 

In den letzten Wochen vor der Geburt stellen sich viele Schwangeren die Frage, ob und wie sie sich auf das Ereignis vorbereiten können und wollen. Neben dem klassischen Geburtsvorbereitungskurs (als Paar oder einzeln) gibt es Entspannungsmethoden wie Hypnobirthing, aber auch eine direkte Vorbereitung des Körpers auf die Geburt.

Dazu zählen unter anderem bestimmte Ernährungsformen („Louwen-Diät“, Datteln, Himbeerblättertee), geburtsvorbereitende Akupunktur, Heublumensitzbäder und die Damm-Massage. Für die meisten Maßnahmen gibt es keine wissenschaftlichen Belege für ihren Nutzen. Doch die Damm-Massage wurde in Studien im Hinblick auf weniger Geburtsverletzungen und Schmerzen nach der Geburt als positiv bewertet.

Wo ist der Damm?

Während der einzelnen Phasen der Geburt dreht sich das Baby mit seinem Kopf und seinem Körper in beeindruckender Weise durch das Becken der Gebärenden. Es bedarf vieler Wehen und auch bestimmter Geburtspositionen, damit das Baby den richtigen Weg findet. 

In der letzten Geburtsphase, der Austrittsphase, bewegt sich das Baby mit seinem Kopf durch die Vagina. Die Presswehen schieben das Baby durch die sich dehnende Beckenbodenmuskulatur. Wenn der kindliche Kopf schon in der Vulva zu sehen ist, dehnt er mit jeder Wehe den Bereich zwischen dem After und der Vulva, dem so genannten Damm. 

Dieser Bereich besteht aus Haut, Bindegewebe und Muskulatur. Er ist sehr dehnbar, dennoch braucht es Zeit und Vorbereitung, damit es nicht zu einem Dammriss kommt oder ein Dammschnitt (eine so genannte Episiotomie) nötig wird. 

Elastisches Dammgewebe

Das Dammgewebe kann während der Geburt mit heißen Kompressen, einer aufrechten Geburtsposition und ausreichend Zeit bei der Dehnung unterstützt werden. Gerade die Zeit, um das Gewebe sich dehnen zu lassen, ist schwer auszuhalten. Während der Presswehen ist alle Kraft und Motivation der Gebärenden gefragt, um mit diesem Dehnungsschmerz klarzukommen.

Doch es lohnt sich! Je langsamer sich der kindliche Kopf durch die Vagina schiebt, umso größer ist die Chance auf keine oder nur kleine Geburtsverletzungen. Ein Vergleich kann dies verdeutlichen: wenn Stoff langsam gedehnt wird, bleibt er intakt – wird er schnell auseinandergezogen, ist die Möglichkeit, dass er reißt, deutlich größer. 

Besser durchblutet

Nicht nur Maßnahmen während der Geburt helfen dabei, den Damm zu dehnen – auch eine Behandlung in den letzten Schwangerschaftswochen kann eine Unterstützung sein. Bei der Damm-Massage wird das Gewebe ab der 36. Schwangerschaftswoche mehrmals in der Woche mit einem neutralen Öl (Mandelöl, Weizenkeimöl, Jojobaöl) oder einem speziellen Damm-Massageöl massiert.

Wie (fast) jede andere Haut auch reagiert das Dammgewebe auf die regelmäßige Berührung in Kombination mit dem Öl und wird geschmeidiger, ist besser durchblutet. Im besten Fall dehnt sich der Damm leichter, wenn der Kopf des Babys geboren wird. Studien zeigen, dass eine regelmäßige Damm-Massage das Risiko eines Dammrisses verringert, ebenso die Notwendigkeit eines Dammschnittes. Auch wenn die Studien uneinheitlich sind bezüglich Länge und Frequenz der Massage und Auswahl der Teilnehmenden, so sind die Ergebnisse doch immer positiv. Da die Massage keine Nebenwirkungen hat, sind viele Schwangere zumindest neugierig, sie auszuprobieren. 

Mit dem Körper vertraut machen

Nicht allen Frauen ist eine Massage des Vaginalbereichs angenehm. Es sollte eine individuelle Entscheidung sein, ob diese Form der Geburtsvorbereitung persönlich passt. Wenn sich nach einem ersten Ausprobieren herausstellt, dass diese Form der Berührung eher anstrengt, ist eine Damm-Massage kein Muss.  

Sie kann aber helfen, sich mit der Region des Körpers vertraut zu machen, in der das Baby geboren wird. Das Dehnen der Vagina mit dem Daumen kann sich unangenehm anfühlen und dabei doch eine Vorstellung davon geben, wie sich der Kopf des Babys dort anfühlen wird. Auch wenn es Geburtsdarstellungen in Filmen, Erzählungen oder anatomischen Zeichnungen gibt – die Vorstellung, wie das Baby durch den Geburtskanal passen wird, bleibt für viele abstrakt. Eine Damm-Massage kann den Geburtsweg konkreter machen. Viele Frauen berichten, dass sie es nach anfänglicher Überwindung spannend fanden, mit den Berührungen zu experimentieren. 

Zeit nehmen

Die Damm-Massage kann ein wohltuendes Ritual werden, wenn sie als entspannende Auszeit für Körper und Seele eingeplant wird. Ein warmes Bad als Vorbereitung, Lieblingsmusik und ausreichend Zeit sind gute Voraussetzungen. Manche Schwangere müssen erst ein bisschen experimentieren, bis sie eine angenehme Massage-Haltung gefunden haben: in halbsitzender Position oder im Stehen, mit einem Fuß auf dem Badewannen-Rand.

Es gibt nicht die eine richtige Position – für jede fühlt es sich anders an, wie sie entspannt die Massage durchführen kann. Mit den Fingern über den großen Bauch hinweg an die Vagina zu kommen, kann durchaus eine sportliche Herausforderung sein. Es kann helfen, die Massage mit einer bewussten Atmung zu kombinieren. 

Grenzen der Massage

Manche Schwangere entscheiden sich dafür, die Damm-Massage von ihrem Partner/ihrer Partnerin durchführen zu lassen. Eine schöne Möglichkeit der gemeinsamen Paar-Zeit und Einstimmung auf die Geburt. Die Massage kann mehrmals in der Woche (oder auch täglich) für circa zehn Minuten gemacht werden, eine konkrete Anleitung ist hier zu finden.

Grundsätzlich gilt: Es ist gut, wenn’s gefällt. Allerdings ist die Damm-Massage nur ein Aspekt der Geburtsvorbereitung. Mindestens genauso wichtig sind eine aufrechte Gebärposition und ein sanftes Mitschieben in der Austrittsphase (und kein Power-Pressen). 

Bei Pilz- oder anderen Infektionen wird eine Damm-Massage nicht empfohlen, ebenso nicht bei vorzeitigen Wehen. Im Zweifel hilft eine Beratung durch die Hebamme. 

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