Es ist gar nicht so einfach als Eltern im Dschungel der vielen verschiedenen Babynahrungen die Orientierung zu behalten. Dieser Beitrag soll dir einen Überblick geben und dich bei der Auswahl der passenden Säuglingsnahrung bzw. Folgemilch unterstützen. Sprich deine Fragen, Sorgen und Wünsche in Bezug auf die Ernährung deines Babys immer individuell mit deiner Hebamme oder Stillberaterin ab.
Auch nicht (mehr) oder zum Teil gestillte Babys brauchen genug geeignete Milch zum Wachsen und Gedeihen. Die erste Wahl ist immer Muttermilch – die der eigenen Mutter (von Hand gewonnen oder abgepumpt) oder auch unter kontrollierten Bedingungen gespendete Muttermilch.
Aber gespendete Muttermilch steht in Form von Muttermilchspenden nur in sehr eingeschränkten Mengen zu kontrollierten Bedingungen zur Verfügung. Daher profitieren meist nur Frühgeborene und kranke Neugeborene davon, die in einer Klinik mit einer angeschlossenen Muttermilchbank behandelt werden.
Säuglingsnahrung ist speziell angepasst
Die nächste beste Wahl, in aller Regel flächendeckend und immer erhältlich, ist industriell hergestellte Säuglingsnahrung. Diese ist auf Kuhmilchbasis hergestellt, seltener auf der Basis von Ziegenmilch. Sie wurde aber entsprechend im Eiweißgehalt der Muttermilch angepasst.
Auch alle anderen für die Entwicklung von Babys notwendigen Nährstoffe sind dieser Nahrung in der Menge entsprechend justiert oder zugesetzt. Tierische Milchen in ihrer ursprünglichen Form sind nicht für Säuglinge geeignet, da sie sich in ihrer Zusammensetzung von menschlicher Milch deutlich unterscheiden.
Auch von der Selbstzubereitung von Muttermilchersatzprodukten raten Fachkräfte ab, weil sich unter häuslichen Bedingungen die Nahrung nicht so zubereiten lässt, dass sie den Nährstoffbedürfnissen von Babys entspricht. Zudem ist die hygienische Sicherheit auch in einem sauberen Haushalt nicht immer gewährleistet.
Jeder Tropfen Muttermilch ist wertvoll
Die in der Muttermilch enthaltenen Immunstoffe beinhaltet industriell hergestellte Säuglingsnahrung nicht. In jedem Tropfen Muttermilch stecken zahlreiche wertvolle Inhaltsstoffe, die sich positiv auf die Gesundheit des Kindes auswirken. Auch bei einer geringeren Muttermilchproduktion lohnt es sich also immer, trotzdem weiter zu stillen. Die Voraussetzung für ein Teilstillen ist natürlich immer, dass auch die Mutter dies möchte.
Wenn das Stillen gar nicht möglich oder gewünscht ist, kann das Baby mit einer einmaligen oder mehrmaligen Gabe von Kolostrum beim Aufbau seines Darmmikrobioms und der Immunabwehr unterstützt werden.
Die Hersteller von Säuglingsnahrung versuchen ihr Produkt kontinuierlich durch Forschung zu optimieren. So setzen zum Beispiel seit ein paar Jahren viele Hersteller sogenannte Prä- und Probiotika bei. Diese sollen das Immunsystem stärken und beim Aufbau einer gesunden Darmflora helfen. Bisher sind diese möglichen Vorteile wissenschaftlich nicht eindeutig belegt.
Gesetzliche Richtlinien zur Säuglingsnahrung
Die Zusammensetzung und Herstellung von Säuglingsnahrung in Deutschland unterliegt strengen gesetzlichen Richtlinien, da diese zu den „Lebensmitteln für spezielle Gruppen“ gehört. Jeder Hersteller muss sich daran halten, so dass Eltern davon ausgehen können, dass in jeder Milchnahrung, unabhängig vom Markenname, die benötigten Nährstoffe für das gesunde Wachstum eines Babys enthalten sind. Teurer ist also hier nicht unbedingt „besser“. Weitere Orientierung können Testergebnisse wie beispielsweise von Öko-Test geben.
Neben den im folgenden Passus aufgeführten Säuglingsnahrungen gibt es noch spezielle Produkte, die für Babys mit besonderen Ernährungsbedürfnissen- und schwierigkeiten konzipiert sind. Das können etwa Allergien auf Kuhmilch-Eiweiße sein. Für diese Situation gibt es auf Sojaeiweiß basierende Nahrungen, die aber wirklich nur bei einer begründeten Indikation in Absprache mit der Kinderärztin gegeben werden sollten.
Dies gilt ebenso für Spezialnahrungen, wie sie bei Refluxerkrankungen oder Durchfall eventuell passend sein könnten. Diese „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke“ sollten immer nur nach Rücksprache mit medizinischen Fachpersonal verwendet werden. Dies gilt generell auch für kranke oder zu früh geborene Babys mit besonderen Ernährungsbedürfnissen
Säuglingsnahrung im Überblick
Von Geburt an wird die so genannte Pre-Nahrung empfohlen. Diese hat die Aufschrift „von Geburt an“, „ab der ersten Lebenswoche“ oder „ab dem ersten Fläschchen“.
Wenn man vor den prall gefüllten Drogerieregalen steht, kommen Pre fütternde Eltern aber schnell ins Grübeln. Braucht mein Baby Folgenahrung? Ist die Nahrung mit der zusätzlichen Kennzeichnung 1, 2 oder 3 vielleicht die bessere Wahl als die nummernlose Pre-Nahrung? Zumal diese Nahrungen oft mehr Sättigung und manchmal sogar „besseren Schlaf“ auf der Verpackung versprechen. Wir möchten dir hier eine Orientierung geben.
Pre-Nahrung: Wenn keine Ernährung mit Muttermilch (Stillen, Pumpstillen, sicher gespendete Muttermilch) möglich ist, ist Pre-Milchnahrung die geeignetste Option für Säuglinge. Sie ist in ihrer Nährstoffzusammensetzung der Muttermilch am ähnlichsten. Pre enthält als einziges Kohlenhydrat Milchzucker (Laktose) und kann im gesamten ersten Lebensjahr nach Bedarf gefüttert werden.
Mehr Kohlenhydrate
Das heißt, dass nicht die Vorschrift zu den einzelnen Mahlzeiten auf der Verpackungsrückseite, sondern das Baby die Häufigkeit und Menge der Mahlzeiten bestimmt. Auch Flasche fütternde Eltern sollten deshalb die frühen Hungerzeichen ebenso wie die Sättigungssignale ihres Babys kennen. Pre-Milch kann ab Geburt an über die gesamte Zeit der Fütterung mit Säuglingsmilch gegeben werden.
1er-Nahrung: Die 1er-Säuglingsnahrung hat einen sehr ähnlichen oder nur ganz gering höheren Energiegehalt im Vergleich zur Pre-Nahrung. Auch 1er-Nahrung nutzt Lactose (Milchzucker) als Hauptquelle für die Kohlenhydrate. Meist enthält sie zusätzlich geringe Mengen weiterer Kohlenhydrate wie Stärke, Maltose oder Maltodextrin.
Diese Zusätze machen die Nahrung etwas sämiger, so dass sie optisch etwas gehaltvoller wirkt. Der Kaloriengehalt ist aber ähnlich, so dass 1er-Nahrung nicht „satter“ macht. Durch die zusätzliche Stärke kann die Magenverweildauer etwas länger sein, was eventuell zu größeren Abständen zwischen den Mahlzeiten führen könnte.
1er-Nahrung nicht ab Geburt empfohlen
Obwohl 1er-Nahrung auch ab Geburt an gegeben werden darf, wird sie von Fachpersonal nicht empfohlen: Neugeborene können das Enzym Pankreas-Amylase, das zur Verdauung von Stärke erforderlich ist, noch nicht ausreichend produzieren. Dieses Enzym wird erst nach einigen Monaten zunehmend von der Bauchspeicheldrüse gebildet. Pre-Nahrung ist auch diesbezüglich die bessere Wahl.
Wenn du dennoch 1er-Nahrung verwenden möchtest, achte darauf, Produkte mit zusätzlichen Zuckerzusätzen (Maltodextrin) zu vermeiden, da sie den süßen Geschmack verstärken und die Geschmacksvorlieben deines Babys beeinflussen können.
HA-Nahrung: Die Abkürzung HA steht für hydrolisierte Anfangsnahrung oder wurde in der Vergangenheit auch für „hypoallergen“ genutzt. HA bezeichnet eine Nahrung, bei der das Kuhmilcheiweiß durch ein besonderes Herstellungsverfahren in kleine Eiweißbestandteile aufgespalten ist. Die frühere Empfehlung, allergiegefährdeten Säuglingen, die nicht oder nicht ausschließlich gestillt werden, HA-Nahrung zu geben, wurde widerrufen. Kein Hersteller konnte bisher nachweisen, dass seine Säuglingsnahrung tatsächlich eine allergiereduzierende Wirkung hat.
Aufgepasst bei Folgenahrung
Folgenahrungen: Folgenahrungen (auch 2er- oder 3er-Nahrung genannt) enthalten zusätzliche Kohlenhydrate (Sacharose, Fructose etc.) und sind nicht für die Ernährung von Geburt an geeignet. Wegen des Risikos einer Überernährung und Übergewicht als Folge dürfen sie nur entsprechend den Angaben auf der Verpackung gefüttert werden. Folgenahrungen eignen sich nicht für Neugeborene und auch nicht zum Füttern nach Bedarf. Sie darf deshalb auch nicht als „Muttermilchersatz“ gegeben werden, sondern frühestens nach Einführung der Beikost ergänzend dazu.
Auch wenn die Zusammensetzung der Folgemilchen in den letzten Jahren z.B. in Bezug auf die vormals viel zu hohe Eiweißmenge oder unnötige Zusatzstoffe wie Vanillin verbessert wurde, werden sie weiterhin von Fachpersonal nicht empfohlen. Ein Wechsel von Pre- auf Folgenahrung ist nicht notwendig.
Wenn Eltern dennoch Folgenahrung füttern möchten (frühestens nach der Beikosteinführung), soll diese immer streng nach Packungsanweisung und nicht nach Bedarf gefüttert werden.
Orientierung im Babynahrungsdschungel
Hier nun nochmal zusammengefasst alles Wichtige, um etwas Orientierung im Babynahrungsdschungel zu bieten:
- Pre-Nahrung ist die für Neugeborene und Säuglinge empfohlene Nahrung, wenn ein Baby keine oder nur teilweise Muttermilch erhalten kann. Jeder Tropfen Muttermilch ist wertvoll, weil sie viele weitere Inhaltsstoffe enthält, die das Immunsystem und die Gesundheit von Babys unterstützen. Familien sollten ihren individuellen Wünschen und Voraussetzungen entsprechend beim Stillen (Teil-Stillen), Abstillen und Füttern fachlich kompetent unterstützt werden.
- Die Pre-Nahrung, die von Geburt an gegeben wird, kann in der ganzen Säuglingszeit verwendet werden. Sie ist in Bezug auf die Zusammensetzung der Nährstoffe der Muttermilch am ähnlichsten.
- Für die Verwendung von HA-Nahrung zur Allergieprävention gibt es keine wissenschaftliche Grundlage, weshalb diese nicht mehr empfohlen wird.
- Pre-Nahrung und 1er-Nahrung werden nach Bedarf des Kindes gefüttert. Lerne die Hunger- und Sättigungszeichen deines Kindes kennen.
- Folgenahrungen (2er-, 3er- und Kindermilchen) sind nicht notwendig. Wenn Eltern diese dennoch für ihr Kind wünschen, sollten sie auf Produkte mit keinen oder möglichst wenigen überflüssigen Zusatzstoffen zurückgreifen und diese erst nach der Beikosteinführung und entsprechend der Herstellerempfehlung füttern.
- Spezialnahrung bei Allergien, Stoffwechselstörungen oder für zu früh geborene oder erkrankte Kinder sollten immer nur in Absprache mit entsprechend ausgebildeten medizinischem Fachpersonal und unter kinderärztlicher Betreuung gegeben werden.
Generell unterliegt die Herstellung von industriell hergestellter Babynahrung strengen Vorschriften, dennoch unterscheiden sich die Nahrungen verschiedener Hersteller in einigen Details, die nicht ganz leicht zur überblicken sind. Hebammen und Stillberaterinnen helfen bei der Gestaltung der individuell passenden Ernährungssituation für dein Baby. Es gibt außerdem speziell geschulte Formula- und Flaschen- Beraterinnen, die auch herstellerunabhängig zur Auswahl einer geeigneten Nahrung beraten.
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