Fragen an die Hebamme: Abstrich auf B-Streptokokken machen?

In der letzten Phase der Schwangerschaft, zwischen der 35. und 37. SSW, wird im Rahmen der Schwangerenvorsorge ein Abstrich auf B-Streptokokken angeboten. Das sind Bakterien, die bei ungefähr 20 Prozent der Menschen im Darm vorkommen. Sie sind auch in der Vaginalflora nachweisbar, ohne Symptome auszulösen. Bei Schwangeren können die Bakterien auf das Baby übertragen werden und es besteht das Risiko, beim Neugeborenen eine Infektion zu verursachen. 

Streptokokken können während der gesamten Schwangerschaft im Abstrich oder auch im Urin nachgewiesen werden. Sie sind für die Schwangere ungefährlich. Ein positives Abstrich-Ergebnis sagt nur, dass die Bakterien vorhanden sind – und nichts über das Infektionsrisiko aus. 

In den letzten Wochen der Schwangerschaft können die Bakterien über das Fruchtwasser oder während der Geburt zum Baby gelangen. Der Weg der Ansteckung ist noch nicht endgültig geklärt. Das Risiko einer Ansteckung ist für das Neugeborene eher gering. Allerdings erleidet ungefähr eins von 1000 Neugeborenen eine Neugeborenensepsis. Das ist eine gefährliche Infektion, die meist als Frühform in den ersten drei Tagen nach der Geburt auftritt.

Wegen dieser Komplikation gibt es die Empfehlung, bei positivem Abstrich-Ergebnis während der Geburt eine Prophylaxe mit Antibiotika durchzuführen. Da die Bakterien vorübergehend den Körper besiedeln, also kommen und gehen können, wird der Abstrich möglichst nah am Geburtstermin durchgeführt

Unklare Datenlage zum B-Streptokokken-Abstrich

Nachdem Anfang der 2000er Jahre in den USA und auch in Deutschland eine Antibiotika-Prophylaxe bei einem positiven Ergebnis des B-Streptokokken-Abstrichs empfohlen wurde, ging die Zahl der Neugeborenen-Infektionen deutlich zurück.

Doch es gibt weiterhin Unklarheiten: Mütter mit Streptokokken-Besiedelung, deren Babys sich nicht infizieren. Oder Babys mit positivem Streptokokken-Befund, die nicht erkranken. Und auch Mütter mit negativem Streptokokken-Abstrich, deren Babys dennoch nach der Geburt eine Infektion erleiden. Die Studienlage ist nicht eindeutig, es gibt zudem zu wenige Studien. Die ärztliche Leitlinie stammt aus dem Jahr 2016 und wartet seit langem auf eine Überarbeitung und Aktualisierung.

Der IGel-Monitor, ein Service des Medizinischen Dienstes Bund, der Individuelle Gesundheitsleistungen („IGel“) überprüft, beantwortet die Frage „Kann der Test dazu beitragen, dass sich weniger Neugeborene mit B-Streptokokken anstecken?“ mit dem Urteil „unklar“. Auch das unabhängige Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) kommt zu dem Schluss, dass die Vorteile eines generellen Screenings weiter unklar sind.

Und nun? Zwei Strategien!

Um das Risiko einer Infektion des Neugeborenen zu minimieren, gibt es zwei verschiedene Vorgehensweisen:

1. Risiko-Strategie

Die Schwangere wird während der Geburt nur mit Antibiotika behandelt, wenn bestimmte Risikofaktoren vorliegen – unabhängig davon, ob und mit welchem Ergebnis ein Abstrich durchgeführt wurde:

  • Die Geburt hat mit einem Blasensprung begonnen, der inzwischen 18 Stunden (und länger) zurückliegt
  • Die Gebärende hat während der Geburt Fieber, höher als 38° C
  • Die Geburt findet vor der 37. SSW statt
  • In der Schwangerschaft gab es einen Streptokokken-positiven Urinbefund
  • Die Mutter hat bereits ein Kind, das an einer Streptokokken-Infektion erkrankt war

2. Screening-Strategie

Unabhängig von bestimmten Risikofaktoren wird bei allen Schwangeren zwischen der 35. und der 37. SSW ein Abstrich von Vagina und Anus durchgeführt. Ergibt dieser einen positiven Streptokokken-Nachweis, wird eine Antibiotika-Prophylaxe während der Geburt empfohlen. Fällt der Abstrich negativ aus, kann die Gabe von Antibiotika entfallen – es sei denn, einer der Risikofaktoren liegt vor.

Liegt in der Anamnese ein Risiko begründet, wird der Abstrich von der Krankenkasse bezahlt. Beim generellen Screening ist er keine Kassenleistung und muss als IGel-Leistung mit rund 30 Euro selbst bezahlt werden. Allerdings haben ihn einige gesetzliche Krankenkassen als Zusatzleistung im Angebot.

Für und Wider Antibiotika

Die Kritik an der Screening-Strategie entzündet sich an der Tatsache, dass bei diesem Verfahren viele Schwangere unnötig ein Antibiotikum erhalten. Denn die meisten Geburtskliniken haben sich dafür entschieden, bei einem positiven Abstrich-Ergebnis die Schwangere in jedem Fall während der Geburt mit einem Antibiotikum zu behandeln, das über die Vene mit einem Tropf gegeben wird.

Antibiotika beeinflussen die Vaginal- und Darmflora von Mutter und Kind, denn die Gabe an die Mutter geht ja auf das Baby über. Ein weiterer Aspekt ist das Problem der Resistenzen gegenüber Antibiotika. Die Weltgesundheitsorganisation stuft antimikrobielle Resistenzen als eine der zehn größten globalen Bedrohungen für die öffentliche Gesundheit ein. Und Resistenzen entstehen durch den falschen sowie übermäßigen Einsatz von Antibiotika.

Auf der anderen Seite hat der gezielte Einsatz von Antibiotika bei Gebärenden mit Risiken für eine Streptokokken-Infektion zu einem deutlichen Rückgang von erkrankten Neugeborenen geführt.

Aufmerksame Beobachtung

Solange die Studienlage eher dünn ist und es keine aktuelle ärztliche Leitlinie gibt, bleibt es wohl weiter eine sehr individuelle Entscheidung, sich für oder gegen den Abstrich auf B-Streptokokken zu entscheiden. Völlig unabhängig davon wird die Gebärende aber während der gesamten Geburt genau beobachtet, ob sie Infektionszeichen wie Fieber, schnellere Atmung oder erhöhte Entzündungswerte im Blut entwickelt.

Desgleichen wird das Neugeborene in den ersten Stunden und Tagen im Blick behalten. Das Pflegepersonal im Krankenhaus oder die Hebamme beim Hausbesuch registriert Hautfarbe, Atmung und Temperatur und wird aufmerksam, wenn die Eltern von auffälliger Schlappheit oder Trinkschwäche berichten. 

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