Das CTG und die große Frage: Nutzen oder Routine? Wir werfen einen Blick hinter die Kulissen des Cardio-Toko-Graphen. Ihr erfahrt, warum das CTG bei einer normal verlaufenden Schwangerschaft nicht zwingend Vorteile bringt und welche Alternativen es gibt. Hebamme Carolina Fink erläutert die Interpretation und ordnet den Einsatz unter Geburt ein. Sie erläutert und die Bedeutung für werdende Eltern – lernt also mehr über dieses Gerät, das wohl jeder Schwangeren begegnet.
Was also ist ein CTG? Die Abkürzung steht für Cardio-Toko-Graph. Dieses Gerät zeichnet per Ultraschall die Herztöne des Kindes auf und misst gleichzeitig die Wehentätigkeit durch einen Drucksensor auf dem Bauch der Schwangeren. Die resultierende Herzton-Wehen-Kurve wird auf Thermopapier festgehalten.
Manchmal lassen sich zusätzliche Parameter wie Puls oder Blutdruck der Mutter oder die Kindsbewegungen mit Hilfe des CTG-Geräts anzeigen. Diese Kurven werden dann von den Geburtshelfenden ausgewertet. Sie geben mal mehr, mal weniger genau Auskunft darüber, wie es dem Kind im Bauch geht.
CTG in der Schwangerschaft: Nutzen und Risiken
So wie oben erkläre ich als Hebamme werdenden Eltern im Geburtsvorbereitungskurs den Sinn und die Funktion des CTG. Doch allzuviel erklären muss man gar nicht. Meistens kennen die schwangeren Teilnehmer das CTG bereits aus eigener Erfahrung. Die wenigen, die es noch nicht kennen, sorgen sich oft, dass ohne CTG etwas übersehen werden könnte. Doch wie sinnvoll ist das CTG in der Schwangerschaft wirklich?
Der Blick in die Mutterschaftsrichtlinien und die Leitlinie zur „fetalen Überwachung in der Schwangerschaft“ zeigen, dass eine routinemäßige CTG-Kontrolle in einer normal verlaufenden Schwangerschaft vor dem errechneten Termin nicht vorgesehen ist. Es gibt eine Indikationsliste, die beschreibt, wann diese Untersuchung angezeigt ist.
Trotzdem haben die meisten Schwangeren ab der 28. Woche, oft sogar früher, ihren ersten Kontakt mit dem CTG. Und das zumeist, ohne dass eine vorzeitige Wehentätigkeit, eine drohende Frühgeburt oder ein anderer rechtfertigender Grund vorliegt. In gynäkologischen Praxen wird die CTG-Kontrolle oft an medizinische Fachangestellte delegiert und dient als mit den Versicherungen abrechenbarer Wartezeitenfüller.
Sorge statt Nutzen
So hat sich das CTG in den letzten Jahren zur Routineuntersuchung entwickelt, obwohl es bei einer normal verlaufenden Schwangerschaft keine Vorteile bringt. Mit jeder Messung bestimmter Parameter ist aber derweil immer auch eine Gefahr gegeben, dass falsch-positive Befunde weitere Konsequenzen und nicht notwendige Eingriffe nach sich ziehen. Manchmal ist die Konsequenz auch „nur“, dass eine zweite Kontrolle am gleichen oder nächsten Tag angeordnet wird.
Auch wenn es sich scheinbar nicht „schlimm“ anhört, so macht genau das etwas mit Schwangeren. Es erzeugt nämlich erhebliche Sorgen, wenn auch nur ansatzweise geäußert wird, dass es dem Baby nicht gut gehen könnte. Oft macht das sogar richtig Angst. Angst ist jedoch kein guter Begleiter in der Schwangerschaft. Ärzte und Hebammen sollten daher stets reflektieren, welche Untersuchungen wirklich sinnvoll sind.
Deshalb kann ich an dieser Stelle allen Schwangeren nur empfehlen, immer nachzufragen, was wann und warum untersucht werden soll und welche Konsequenzen dies haben könnte. Nur so können Eltern informierte und selbstbestimmte Entscheidungen treffen.
CTG registriert Wehentätigkeit
Das Herztonmuster wird nach 20 bis 30 Minuten anhand scheinbar neutraler Kriterien beurteilt. So beurteilen Geburtshelfende die Grundlinie der Herztöne, also die gedachte horizontale Linie, die die Kurve am häufigsten kreuzt. Diese sollte zwischen 110 und 160 Schläge pro Minute liegen. Auch die kleinen Zacken der Linie liefern wichtige Informationen. Zudem werden die Spitzen nach oben und die nach unten analysiert.
Außerhalb diese Werte sind viele weitere Parameter wie etwa die Schwangerschaftswoche und Wehentätigkeit zu betrachten. Übrigens sagt die Zahl des Wehenschreibers nichts über die Qualität der Wehen aus. Der Wehenschreiber schlägt mal mehr, mal weniger aus – je nachdem, wo am Bauch er befestigt wird. Das CTG kann also lediglich sagen, ob Wehen vorhanden sind und in welchen Abständen diese kommen.
Am Ende der Beurteilung wird das CTG als „normal“, „suspekt“ oder „pathologisch“ eingestuft. Bei einem normalen CTG kann die Überwachung beendet werden. Ein suspektes CTG erfordert weitere Kontrollen und eventuell Maßnahmen wie eine Positionsänderung. Ein pathologisches CTG führt zu sofortigen Maßnahmen, da eine akute Gefahr für das Baby vermutet wird.
Interpretation des CTG oft unterschiedlich
Die Qualität und Dauer der Aufzeichnung sind ebenso entscheidend wie letztendlich die korrekte Interpretation durch Hebamme und ärztlicher Dienst. Trotz einheitlich festgelegter Beurteilungskriterien wird ein und dasselbe CTG von unterschiedlichen Geburtshelfenden betrachtet sehr wahrscheinlich zu verschiedenen Interpretationen führen. Diese weichen manchmal sogar erheblich voneinander ab.
In der klinischen Geburtshilfe wird das CTG bei jeder Geburt eingesetzt. Üblicherweise werden die kindlichen Herztöne alle 20 bis 30 Minuten kontrolliert. Ist das CTG normal, folgt eine längere Pause. Bei fortgeschrittener Geburt ist in den meisten Häusern die Dauer-CTG-Überwachung üblich, um eine lückenlose Dokumentation der kindlichen Herztöne zu gewährleisten. Dies ist wichtig, da Geburtshelfer bei pathologischen Verläufen zunehmend rechtliche Schritte fürchten.
Es gibt mittlerweile kabellose CTG-Geräte, die die Bewegungsfreiheit der Gebärenden weniger einschränken. Und es existieren bereits erste CTGs mit automatischer Interpretation per Algorithmus, um menschliche Fehlinterpretationen zu minimieren. Diese Geräte sind aber in Deutschland noch nicht weit verbreitet.
Alternativen zum CTG
In der außerklinischen Geburtshilfe wird bei einem normalen Geburtsverlauf meist kein CTG geschrieben. Stattdessen werden die Herztöne regelmäßig mit einem Hörrohr oder Dopton überprüft. Diese Methode erfordert eine kontinuierliche 1:1-Betreuung durch die Hebamme, was bei Geburtshaus- und Hausgeburten der Fall ist. Im Klinikalltag betreut eine Hebamme oft mehrere Frauen gleichzeitig, weshalb das CTG hier die sicherere Variante ist.
Im Rahmen einer kontinuierlichen Betreuung reicht es bei einer Geburt ohne Risikoindikation aus, die Herztöne in bestimmten Abständen, die mit voranschreitender Geburt an Häufigkeit zunehmen, eine Minute nach der Wehe zu kontrollieren. Erst bei Auffälligkeiten kommt ein CTG zum Einsatz.
Zusammenfassend macht wohl jede Schwangere und Gebärende irgendwann Bekanntschaft mit dem CTG. Ich möchte dies nicht verteufeln, hilft es doch an vielen Stellen, Informationen zu bekommen, die einem sonst eventuell verwehrt bleiben. Trotzdem ist das CTG, vor allem wegen der Interpretations- und Beurteilungsfehler, lange nicht so perfekt, wie es im geburtshilflichen Alltag manchmal den Anschein macht. Schwangeren kann ich nur empfehlen, die eigenen Bedürfnisse nicht über die aktuellen technischen Standards zu stellen. Die Frage nach dem Grund für die Herztonkontrolle ist immer angebracht, gerade wenn es vielleicht die eigene Bewegungsfreiheit einschränkt.
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