Leider wird ja bei uns mittlerweile eher wenig Wissen zu Schwangerschaft, Geburt und Babyzeit traditionell weitergegeben. Dennoch halten sich manche (nicht immer sinnvolle) Empfehlungen hartnäckig. So fragen mich Eltern immer wieder, ob es denn gut wäre, den Babypo nach dem Wickeln mit einem Föhn trocken zu pusten.
Der Grundgedanke ist immerhin richtig. Denn es ist sinnvoll, den Windelbereich nach dem Gebrauch von nassen Waschlappen oder Feuchttüchern zur Reinigung anschließend wieder zu trocknen. Das kann man einfach mit einem trockenen Moltontuch, einer Mullwindel oder einem Papiertuch tun. Für Wickelkinder ist es wichtig, genug Luft an die Windelzone zu lassen. Daher kann man den Po auch einfach an der Luft trocknen lassen. Trotzdem ist die Verwendung eines Föhns dafür eine Idee, die in vielen Elternköpfen vorhanden ist. Manche sagen, dass das Föhnrauschen beruhigend auf das Kind wirkt. Doch dafür gibt es sicherlich irgendeine App, die Föhn- oder Staubsaugergeräusche immitiert.
Babyhaut ist sehr empfindlich
Zum Trockenpusten indes ist der Föhn eben nicht ungefährlich. Sehr viele Kinder haben nach dem Ablegen der Windel das Bedürfnis, sich zu entleeren. Diese Beobachtung macht sich das Prinzip Windelfrei zunutze. Man könnte das Kind in diesen Momenten nämlich einfach über dem Waschbecken, der Toilette oder einem geeigneten Töpfchen abhalten. Wenn das Kind nun gleichzeitig mit dem laufenden Föhn seinen Urin entleert, kann der Urinstrahl auf das glühende Innere des Föhns kommen. Eine dadurch bedingte Explosion kann zu schweren Verbrennungen führen. Dies ist leider kein von mir erdachtes Horrorszenario. Es ist tragischerweise in der Realität bereits vorgekommen. Natürlich sind auch Stromschläge möglich. Diese können letztlich bis zum Herzstillstand führen.
Selbst bei Mädchen ist der Urinstrahl nicht verlässlich einschätzbar und kontrollierbar. Es käme also ohnehin maximal das Föhnen in Bauchlage in Frage. Doch auch hier besteht weiter die Gefahr, dass der Föhn zu dicht an die sehr viel empfindlichere Babyhaut kommt. Eine zu starke Wärmeentwicklung würde diese dann schädigen. Außerdem sind vor allem alte Geräte oft fiese Staub- und Bakterienschleudern. Letztere befinden sich im Inneren des Föhns. Sie werden erst mit dem Luftstrom verteilt. Bei intakter Haut wäre das zu verschmerzen. Aber für einen wunden und offenen Po ist das nicht gerade heilungsfördernd.
Mit Ruhe und Achtsamkeit wickeln
Es liest sich also schon heraus, dass ich als Hebamme das Föhnen der Babyhaut nicht empfehle. Auch nach dem Baden ist es für das Baby angenehmer, in einem warmen Raum (zum Beispiel durch eine Wärmelampe) mit einem vorgewärmten Tuch abgetrocknet zu werden, als von einem diffusen lauten Luftstrom trockengepustet zu werden. Zudem gilt: Alle pflegerischen Handgriffe am Kind sollten letztlich nicht nur schnelle Versorgungsmaßnahmen sein. Sie sollten mit Ruhe und Achtsamkeit geschehen. Gerade bei ganz kleinen Babys machen die Wickelzeiten einen Großteil der Wachphasen aus. Es ist also eine wunderbare Gelegenheit, sein Kind kennenzulernen und zu genießen.
Die Berührung durch die Hände der Eltern ist von großer Bedeutung für ein Baby – eine liebevolle Begegnung und gleichzeitig eine taktile Stimulation. Und vor allem ist es auch wichtig, das Kind mit einzubeziehen, wie es in diesem Blogbeitrag ganz wunderbar beschrieben ist. Zeit und Ruhe am Wickeltisch sind also wesentlich wichtiger als der Föhn, nach dem ich so oft gefragt werde.
Eine Hebammenkollegin hat von ihrem Elektriker übrigens noch die Information erhalten, dass der eingesteckte aber nicht eingeschaltete Föhn ebenfalls einen Stromschlag verursachen kann, wenn er mit Wasser in Kontakt kommt. Es gibt normalerweise einen Schutzschalter, der zwischengeschaltet ist. Auf diesen ist aber nicht generell Verlass. Das gilt vor allem für alte Föhnmodelle.
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