Manche Schwangerschaften enden viel zu früh. In diesem Text geht es um jene Schwangerschaften, die innerhalb der ersten zwölf Wochen der enden. Betroffene Schwangere erfahren es, weil das Herzchen des Babys nicht mehr schlägt. Oder weil vielleicht auch nie ein Herzschlag nachweisbar war. Welche Möglichkeiten haben Schwangere, wenn sie diese Botschaft erfahren?
Wie eine Schwangere emotional mit dem Verlust umgeht, variiert stark: Manche Familien sind in tiefer Trauer um das verlorene Familienmitglied. Andere haben sich an den Gedanken der Schwangerschaft noch gar nicht richtig gewöhnt und schließen schneller ab und nehmen die Situation an. Ebenso individuell ist auch der Umgang mit den möglichen Wegen am Ende der frühen Schwangerschaft.
Im August 2024 wurde die Leitlinie zum frühen Schwangerschaftsverlust im ersten Trimenon veröffentlicht. Sie bestätigt, was Hebammen schon lange sagen: Es gibt mehrere Wege, wenn das Baby sehr früh geht.
Operation, Medikamente oder abwarten?
In Deutschland ist eine operative Beendigung der Schwangerschaft oft die erste Wahl, wenn das Baby im ersten Drittel der Schwangerschaft stirbt. Es gibt aber auch die Möglichkeit abzuwarten, bis der Körper die Schwangerschaft selbst beendet. Dann setzen Wehen ein und Embryo/Fetus werden geboren. Ein Zwischenweg ist die medikamentöse Einleitung, bei der Medikamente die natürliche Geburt anregen.
1. Operation
Bei einer Operation erhält die Schwangere zuvor ein Medikament, das die Zervix (den Gebärmutterhals) weicher macht, um die Durchlässigkeit für die verwendeten Instrumente zu erleichtern. Unter Sog (Vakuumaspiration) wird der Embryo aus dem Uterus (Gebärmutter) entfernt.
Dieser Eingriff erfolgt entweder in allgemeiner („Vollnarkose“) als auch in lokaler Anästhesie – diese Option wird in Deutschland eher selten angeboten. Die wichtigsten Faktoren der Operation sind:
- Es gibt nur einige absolute Indikationen, wann sie durchgeführt werden sollte: bei hohen Infektionswerten, starken, nicht stoppenden Blutungen und Gerinnungsstörungen.
- Eine OP ist planbar, wird ambulant durchgeführt
,und beendet die Schwangerschaft schnell und sicher. - Die Geburt wird durch die kurze Vollnarkose nicht bewusst erlebt, was für manche gut, für andere überfordernd sein kann. Der fehlende Abschied kann den Trauerprozess erschweren.
- Die Risiken der OP sind sehr gering, aber es kann zu Komplikationen wie unvollständiger Gewebeentfernung, Verletzungen der Gebärmutter, Infektionen oder zu Anästhesieproblemen kommen.
- In Folgeschwangerschaften kann es zu Störungen bei der Einnistung der Plazenta kommen. Das Risiko hierfür liegt jedoch bei unter 1%.
Der Körper braucht Zeit für den Abschied
2. Abwartendes Verhalten
Außerdem gibt es die Möglichkeit, der Natur freien Lauf zu lassen und den normalen Geburtsverlauf abzuwarten. Das Baby wird auf normalem Weg geboren, ohne dass es einen Eingriff gibt. Die wichtigsten Fasktoren beim Abwarten sind:
- Wird nicht eingegriffen, dauert die Beendigung der Schwangerschaft länger als bei anderen Wegen. Der Körper braucht Zeit, um sich von der Schwangerschaft zu verabschieden. Nach 14 Tagen sind 84 Prozent der Schwangerschaften beendet, nach sechs Wochen sind es 91 Prozent.
- Das Abwarten eignet sich für Schwangere, die den natürlichen Prozess vorziehen und auf Medikamente und Operationen verzichten möchten.
- Gebärende beschreiben den Prozess des Wartens als hilfreich für ihre Trauerarbeit. Sie erleben die Geburt bewusst, auf körperlicher und psychischer Ebene.
- Außerdem stärkt das Vorgehen das Vertrauen in die Kräfte des eigenen Körpers, der die Situation selbstständig bewältigen kann.
- Zur Wahrheit gehört aber auch, dass das abwartende Verhalten mitunter starke Schmerzen mit sich bringen kann, es ist eben eine Geburt. Die Schmerzen können selbstverständlich behandelt werden.
Da auch kleine Geburten Geburten sind, kann die eintretende Blutung der Schwangeren viel erscheinen. Daher empfiehlt sich bei diesem Vorgehen die Begleitung durch eine Hebamme. Die Blutung kann bis zu 20 Tage anhalten. Eine Folgetherapie, meist eine Operation, ist bei zehn bis 30 Prozent der Fälle notwendig. Bei diesem Vorgehen sind für Folgeschwangerschaften keine Risiken bekannt.
Abschied bewusst erleben?
3. Medikamentöses Vorgehen
Bei der medikamentösen Beendigung wird das Baby auf normalem Wege geboren, die Wehen werden durch Medikamente angeregt. Auch wenn Wehen durch Medikamente angeregt werden, erfordert es etwas Zeit, bis der Körper weht. Durch die Medikamente geschieht das im Allgemeinen aber früher: nach 3 Tagen ist die Geburt bei 71% eingetreten, nach 8 Tagen 84%.
Die wichtigsten Faktoren beim medikamentösen Vorgehen zur Einleitung einer Fehlgeburt sind:
- Wehenarbeit und Wehenschmerz wie auch die Blutungsdauer unterscheiden sich nicht vom abwartenden Verhalten.
- Mit dieser Methode haben Eltern die Möglichkeit, den Abschied bewusst zu erleben – körperlich sowie psychisch.
- Eine Folgetherapie ist bei fünf bis 20 Prozent der Fälle notwendig.
- Für Folgeschwangerschaften sind keine Risiken bekannt.
- Ein Problem ist, dass die in der Leitlinie vorgeschlagenen Medikamente nicht immer bei niedergelassenen Gynäkologinnen und Gynäkologen verfügbar beziehungsweise bestellbar sind. Nicht alle Praxen bieten die Begleitung dieses Vorgehens an.
In den meisten Fällen bleibt genug Zeit, um den weiteren Weg zu überdenken. Wenn das Baby intrauterin verstorben ist, gibt es keinen Grund, die Schwangerschaft sofort zu beenden. Oft hören wir Hebammen von Frauen, die morgens erfahren, dass das Baby gestorben ist, und am Nachmittag eine Operation zur Beendigung der Schwangerschaft erhalten.
So schnell wie möglich erledigen?
So haben die Familien keine Zeit, das Ereignis zu verstehen und den Tod zu betrauern. Völlig überfahren sind sie dann wieder zu Hause und versuchen, diesen Tag zu verarbeiten. Auch wenn der erste Gedanke vielleicht sein mag, alles so schnell wie möglich hinter sich zu bringen, zeigt die Erfahrung, dass sich Zeit nehmen der meist bessere Weg ist.
Entscheidungen, die in einer absoluten Ausnahmesituation getroffen werden, sind manchmal eben nicht die besten. Es braucht Zeit zu verstehen, was passiert ist und ebenso Zeit, das Ereignis anzunehmen. Zeit benötigt es auch, die verschiedenen Möglichkeiten des Schwangerschaftsendes abzuwägen und den individuell passenden Weg zu wählen. Und es braucht Zeit, Abschied vom Baby zu nehmen.
Generell gilt: Jeder Plan kann geändert werden. Entscheidet sich die Schwangere erst für das abwartende Verhalten, bemerkt aber im Verlauf, dass dieser Weg nicht der ihre ist, kann sie sich jederzeit für Medikamente oder die Operation entscheiden.
Die Familie muss und sollte ihren Weg nicht alleine gehen. Die niedergelassene Gynäkologin bzw. der Gynäkologe wird die Familie über die Möglichkeiten aufklären und beraten. Was viele nicht wissen: Eine Hebamme kann auch diese kleinen Geburten im häuslichen Umfeld betreuen. Auch deshalb ist es hilfreich, sich direkt zu Beginn einer Schwangerschaft eine freiberufliche Hebamme zu suchen. Denn auch wenn die Schwangerschaft unerwartet viel zu früh vorzeitig endet, ist die Hebamme als Unterstützung verfügbar.
Quellen:
AWMF Leitlinie Früher Schwangerschaftsverlust im 1. Trimenon
Maeffert,J. (2021). Schwangerschaftsabbruch und gestörte Frühschwangerschaft. Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-662-63517-9
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