Immer wieder stolpere ich über Artikel im Netz und in Zeitschriften, die über den besten Zeitpunkt zum Kinderkriegen philosophieren. Darin fällt häufig der Begriff „Familienplanung“. Dieses Wort suggeriert, dass sich die Gründung einer Familie ebenso planen lässt wie eine Reise oder der Bau eines Hauses. Und selbst bei letzterem läuft oft vieles anders als erwartet. Bei den heutigen verfügbaren und mittlerweile recht sicheren Verhütungsmethoden lässt es sich wohl wesentlich einfacher planen, keine Familie zu gründen als andersherum. Aber 100-prozentig garantiert ist auch hier nichts.
Als Hebamme vertrauen mir viele Eltern ihren Weg zum Kind an. In den wenigstens Fällen lief der wie geplant. Fast nie haben sich beide Partner gleichzeitig fest für ein Kind entschieden und nur wenige Zyklen später trat dann gleich die Schwangerschaft ein. So ist die Realität eher selten.
Manche Eltern werden von ihrem Kind völlig überrascht. Nicht wenige müssen längere Wartezeiten auf ihr Wunschkind in Kauf nehmen. Oder auch die vielfältigen Unterstützungsoptionen, die es in der Kinderwunschbehandlung gibt. Doch selbst mit der Anwendung sämtlicher reproduktionsmedizinischer Maßnahmen ist das Wunschkind alles andere als planbar. Die so genannte „Baby-take-home“-Rate liegt je nach Verfahren bei weniger als 25 Prozent. Das heißt, der Großteil der Eltern, die sich dieser körperlich und psychisch sowie meist auch finanziell sehr belastenden Behandlung unterziehen, bleibt am Ende eventuell sogar ungewollt kinderlos.
Jedes Kind ein kleines großes Wunder
Trotz vieler Möglichkeiten haben wir es als Menschen nicht wirklich in der Hand, über unsere Familienplanung komplett selbst zu bestimmen. Viele Paare haben ideale Zeitpunkte für ein erstes, zweites oder drittes Kind im Kopf – nicht selten unterscheiden sich diese bei beiden Partnern, was das Planen ohnehin schon erschwert. Die Realität serviert uns oft ein anderes Resultat, was aber nicht zwangsweise heißen muss, dass das schlechter ist. Nur eben anders als geplant.
Und anders als geplant läuft es häufig auch, wenn wir dann letztlich Eltern sind. Immer wieder müssen wir unsere Kinder an bestimmten Punkten loslassen und ihnen einfach vertrauen. Und ein bisschen ist es wohl bereits beim Kinderwunsch so. Vertrauen zu haben und guter Hoffnung sein, auch wenn es mitunter sehr schwer fällt, ist sicherlich nicht verkehrt. Kinder lassen sich nicht „machen“, sondern wir können sie wahrscheinlich nur zu uns einladen. Natürlich kann man einiges tun, um gute Bedingungen zu schaffen. Das Rauchen aufgeben, für eine gesunde Ernährung und genügend Bewegung sorgen und gegebenenfalls auch die Unterstützungsoptionen in der Kinderwunschbehandlung anwenden. Aber ob ein Kind dann letztlich zu einem kommt, liegt nicht wirklich in unserer Hand.
Und manchmal sprechen von außen betrachtet an sich alle Umstände dagegen und ein Kind kommt trotzdem. So betreute ich schon Frauen, die wenige Monate nach der Geburt des ersten Kindes spontan schwanger wurden, obwohl die erste Schwangerschaft nur mit sehr viel medizinischer Unterstützung möglich war, weil beide Partner in ihrer Fruchtbarkeit schwer beeinträchtigt waren. Das passiert einfach. Nicht immer gibt es hinterher vermeintlich logische Erklärungen. Und irgendwie ist ohnehin jedes Kind ein kleines großes Wunder. Eines, das sich eben nicht wirklich planen lässt.
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