Familien in der Krise

Eigentlich gibt es mittlerweile überall Informationen zu allen Bereichen des Familienalltags, der psychischen Gesundheit, des Umsorgens. Nicht nur aus unserem nahen Umfeld. Nicht nur die “gut gemeinten” Ratschläge für Familien in der Krise der eigenen Eltern, sonstiger Familienangehöriger oder der Nachbarschaft.

Wir haben heute auch rund um die Uhr Zugang zu vielen Informationen online. Besonders über Social Media erfahren wir, wie wir mit Kindern sprechen sollten, wie wir sie richtig pflegen, wie mit Wut und anderen großen Gefühlen umgegangen werden kann. Doch diese Informationsflut ist manchmal trügerisch.

Zu viele Informationen und Gebote können uns überfordern. Außerdem sind lange nicht alle Inhalte qualitativ hochwertig. Jede Person in Social Media kann sich selbst einen Expertenstatus zuweisen. Und die Größe der Reichweite ist nicht zwangsweise gleichzusetzen mit Wissen oder Berufserfahrung. Wohin also können sich Eltern wenden, wenn sie mal mehr Hilfe benötigen? Welche Berufsbezeichnung passt bei welchem Problem? Woran lässt sich erkennen, dass eine Person über eine ausreichende Qualifikation verfügt, um ein Thema professionell behandeln zu können?

Um Hilfe zu bitten, ist für Familien in der Krise sinnvoll

In einer Zeit, in der wir überall Tipps bekommen und Menschen ihren scheinbar sorglosen Familienalltag in Social Media posten, fällt es manchmal besonders schwer, sich Hilfe zu suchen. Warum bekommen das alle anderen besser hin als ich/wir?

Man darf nie vergessen: Die auf Social Media geteilten Inhalte sind nur ein kleiner Ausschnitt aus dem Leben Einzelner. Sie sind kein Abbild der Realität. Dass es in allen Familien auch Probleme gibt, ist ganz normal. Oft verschwimmen die kleinen Fehler im sonst liebevollen Alltag.

Sogar das Bindungssystem ist darauf eingestellt, dass nicht immer alles perfekt läuft und Eltern alle Signale richtig und prompt erkennen. Es verzeiht uns gelegentliche Unachtsamkeit, stressige Phasen und einiges an Unvermögen. Wenn wir – oder andere – allerdings merken, dass der Stress kein Ende nimmt, wir nur noch streiten, schreien oder uns zurückziehen, und/ oder einzelne Familienmitglieder schlecht gelaunt oder gar psychisch in Mitleidenschaft gezogen sind, sollten wir ergänzende Hilfe in Anspruch nehmen.

Passende Ansprechpartner*innen für überforderte Eltern finden

Das Feld der Ansprechpersonen rund um Familienthemen ist groß. Auf den ersten Blick ist schwer zu überblicken, welche Anlaufstelle die richtige ist. Wenn es darum geht, ganz grundlegende Informationen dazu zu erhalten, wie sich der Alltag besser strukturieren lässt und wie man als Elternteil einen besseren Fokus und mehr Klarheit gewinnt, kann ein Coaching oder Training hilfreich sein.

Spezielle pädagogische Themen wie der Umgang mit Gefühlen oder der Autonomiephase, die kindliche Entwicklung, Eingewöhnung, Sauberkeitserziehung etc. gehören eher in die Hände speziell dafür ausgebildeter pädagogischen Fachpersonen. Das sind Diplom-Pädagog*innen, Familienberater*innen oder pädagogischen Berater*innen. Oft haben Menschen mit einer pädagogischen Grundausbildung hierfür spezielle Weiterbildungen besucht. Sie decken dann einzelne Themen umfassend ab (wie Schlaf-, Beikost-, Trage– oder Stoffwindelberatung).

Wichtig: Eine einzelne Ausbildung etwa im Bereich der Trageberatung qualifiziert nicht dafür, über das Tragen hinaus oder gar Familien in der Krise zu beraten. Manchmal überschneidet sich diese Beratungsgruppe auch mit Hebammen, die für die Entwicklung in der Babyzeit die richtigen Ansprechpartner*innen sind, ebenso wie in der Schwangerschaft und im Wochenbett. Einige Hebammen verfügen über Zusatzqualifikationen wie einer Ausbildung zur Still- und Laktationsberaterin (IBCLC) oder Windelfreiberaterin.

Weiterleiten als Qualitätsmerkmal

Weder Coaches noch Trainer, Pädagog*innen oder andere Berater*innen sind in der Regel für therapeutische Arbeit qualifiziert (außer wenn sie hierfür eine umfassende zusätzliche Ausbildungen haben). Psychotherapeut*innen und Psychiater*innen sind Ansprechpartner*innen für tiefgehende emotionale oder psychische Probleme, Traumata und die Diagnosestellung und Therapie von psychischen Erkrankungen.

Kinderärzt*innen sind bei medizinischen Themen wie Erkrankungen und Entwicklungsverzögerungen zu konsultieren. Manchmal überschneiden sich ihre Tätigkeiten auch mit denen der Hebammen oder pädagogischer Berater*innen. Jedoch sollte für pädagogische Beratung auch bei Mediziner*innen eine entsprechende Weiterbildung vorliegen, da dies nicht Inhalt des Studiums ist. Sie verweisen bei Erkrankungen zur Therapie an Ergotherapeut*innen, Physiotherapeut*innen und Logopäd*innen weiter. Eine gute Vernetzung und das Weiterleiten an andere Fachpersonen ist in allen Berufsgruppen wichtig und ein echtes Qualitätsmerkmal.

Kennenlerngespräch kann helfen

Die Sorgfaltspflicht sollte eigentlich abdecken, dass einzelne Fachpersonen nicht über ihren fachlichen Rahmen hinaus tätig sind. Und dass sie auf dem neuesten Stand der jeweiligen fachlichen Erkenntnisse therapieren und beraten. Darüber hinaus sollte man vor dem Abschluss eines Beratungs- oder Therapievertrages darauf achten, ob die Fachperson mit ihrem Ansatz und ihrer Einstellung grundlegend zu den eigenen Werten und Überzeugungen passt.

Ein kostenloses Vorgespräch ist für ein solches Ausloten sinnvoll, wenn es den möglich ist. Hier sollte die Fachperson auch möglichst transparent den möglichen Ablauf der Beratung erläutern. Zwar kann bei vielen Themen der zeitliche Umfang nicht genau festgelegt, aber zumindest grob umrissen werden. Aus dem Kennenlerngespräch sollte hervorgehen, dass eine auf die Bedürfnisse der Familie abgestimmte Begleitung stattfindet, bei der die Daten und Informationen der Beteiligten geschützt und eine ressourcenorientierte Lösung angestrebt wird.

Leider sind bei weitem nicht alle Beratungsangebote für Familien in der Krise kostenfrei und/oder über die Krankenkasse abrechenbar. Psychotherapeutische und medizinische Angebote können in der Regel über die Krankenkasse abgerechnet werden, öffentliche Beratungsstellen bieten viele  kostenfreie pädagogische Beratungen an. Bei kostenpflichtigen Angeboten wie Kursen und Beratungen sollten die Kosten transparent sichtbar sein. 

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