Als Schwangere eine Hebamme zu finden ist nicht leicht in diesen Tagen. Oft genug habe ich in den vergangenen Jahren hier und an anderer Stelle darüber geschrieben und gesprochen. Immer wieder kommt dabei die Nachfrage, was ich von Stillberaterinnen, Postpartum-Doulas, Mütterpflegerinnen und diversen anderen Berufen halte, die auch in der ersten sensiblen Phase des Elternwerdens und Elternseins tätig sind.
Generell halte ich viel davon, dass jede Familie genau die Unterstützung bekommt, die zu den jeweiligen Bedürfnissen passt. Dementsprechend bin ich als Hebamme dankbar, dass es weitere Berufsgruppen gibt, die in dieser besonderen Zeit für Schwangere, Gebärende und neugeborene Familien da sind.
Wird diese Frage aber im Kontext Hebammenarbeit gestellt, halte ich sehr wenig davon. Denn all diese Angebote sind kein Ersatz für die Arbeit einer Hebamme, auch wenn es natürlich Schnittmengen gibt. Umgedreht gilt das natürlich ebenso. Denn eine Hebamme ersetzt nicht die Arbeit von Psychologen, Physiotherapeuten und anderen Berufen, die professionell mit Eltern und Babys arbeiten.
So viel Unterstützung wie jeder sich wünscht
Mit Blick auf den Hebammenmangel höre ich oft das Argument, dass ja jede Form von Betreuung besser sei als gar keine Hilfe. Mag sein. Aber auch das bessert nicht den Fakt, dass es wirklich empörend ist, dass nicht jede Familie, die eine Hebammenbetreuung wünscht, auch eine bekommt. Wir dürfen also nicht danach schauen, welche Berufsgruppe die Arbeit der Hebamme ersetzen kann. Damit ist das Problem nicht gelöst – ganz im Gegenteil. Viele andere Leistungen vor, nach und während der Geburt werden zudem nur teilweise oder gar nicht von den Krankenkassen finanziert. Die „Besser als nix“-Idee forciert somit weiter eine Zwei-Klassen-Betreuung.
Ich schätze in meinem Arbeitsalltag die Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen, etwa den Mütterpflegerinnen. Ich schätze sie aber deshalb, weil sie die Frau in Bereichen unterstützt, in denen wir Hebammen das nicht tun. Und nicht etwa, weil sie die Hebammenarbeit ersetzen. Die explizite Stillberatung doppelt sich natürlich mit Beratungsthemen, die jede Hebamme im Wochenbett oder der Zeit danach in ihrem Arbeitsalltag hat. Und dennoch weiß ich auch genau, welche anderen Aspekte außen vor bleiben, wenn ich „nur“ als Stillberaterin und nicht als Wochenbetthebamme eine Familie zu Hause besuche.
Die Begleitung einer Doula bei der Geburt ist für manche Frauen eine große zusätzliche Bereicherung. Aber die Idee der Geburtsbegleitung durch eine Doula ist eben nicht, die Betreuung durch eine Hebamme zu ersetzen. Auch hier wünsche ich jeder Frau so viel Unterstützung wie sie möchte – also im Zweifel Doula und Hebamme. Und ich wünsche niemandem, dass das eine das andere ersetzen soll.
Hebammenmangel nicht kompensieren
Auch umgedreht, bin ich froh, wenn Familien bei Bedarf andere therapeutische Hilfe bekommen, zum Beispiel durch eine Psychologin. Denn obwohl Hebammen natürlich auch auf das psycho-soziale Wohlbefinden achten, können sie ohne passende Ausbildung keine Fachperson in irgendeinem Bereich ersetzen. Sicherlich ist es auch hier besser, wenn bei psychisch belasteten Frauen eine Hebamme als Ansprechpartnerin da ist statt niemand. Aber es ist definitiv kein Ersatz für zum Beispiel eine indizierte Therapie.
Und genau deshalb halte ich nichts davon, den Hebammenmangel „einfach irgendwie“ zu kompensieren. Meist zudem noch auf eigene Kosten der Schwangeren oder jungen Familien. Wir müssen uns als Gesellschaft keine neuen Berufsgruppen ausdenken, die die recht präzise definierte Hebammenarbeit statt der Hebammen machen. Nein, es muss eben genug Hebammen geben. So dass jede Familie, die eine Betreuung in Schwangerschaft, unter der Geburt, im Wochenbett und in der Still- und Babyzeit von einer Hebamme wünscht, auch eine bekommt.
Darüber hinaus gibt es idealerweise ein breites Angebot von anderen Berufsgruppen, die mit ihrer Arbeit ebenso Familien ihren jeweiligen Bedürfnissen entsprechend begleiten. Als Mütterpflegerin, Frauenärztin, Doula, Beckenbodentherapeutin, Babykursleiterin, Psychologin, Stillberaterin oder was auch immer es gerade braucht – aber eben nicht als „Ersatzhebamme“.
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