Die Eingewöhnung in die außerfamiliäre Kinderbetreuung – ob nun Krippe, Kindergarten oder Kindertagespflege – ist eine Zeit der großen Gefühle und Umstellungen. Manchmal ist sie mit Freude und Neugierde verbunden. Manchmal aber auch mit Sorgen und Ängsten. Oder mit allem ein bisschen. Es gibt ein paar gute Tipps für eine entspannte Eingewöhnung in der Kita.
All die großen Gefühle können sowohl beim Kind als auch bei den begleitenden Erwachsenen vorkommen. Denn der Übergang in die außerfamiliäre Betreuung ist eine Veränderung, die alle beteiligten Personen betrifft. Die wirkt sich auf das Umfeld des Kindes in der Eingewöhnungszeit, aber auch danach aus. Der Wunsch der Eltern, einen guten Übergang in den neuen Lebensabschnitt zu gestalten, ist deswegen angemessen und wichtig. Aber wie genau sieht ein solcher guter Übergang aus, fragen sich viele Eltern.
Neue sichere Bezugspersonen
Lange Zeit wurde nicht von außerfamiliärer Kinderbetreuung gesprochen, sondern das Wort Fremdbetreuung genutzt, um die institutionelle Begleitung von Kindern zu beschreiben. Diese Beschreibung suggeriert, man würde das Kind einer fremden Person übergeben und dort alleine lassen. Kein Wunder, dass sich der Gedanke an eine Fremdbetreuung für viele Eltern falsch anfühlt: Schließlich haben sie in der Begleitung des eigenen Kindes erfahren, wie wichtig Stabilität und Beziehung sind.
Deswegen sollte das Kind auch gerade nicht einfach einer fremden Person übergeben werden. Das Ziel der Eingewöhnung ist es, eine neue verlässliche Bezugsperson in das Leben des Kindes einzubinden. Diese Person sieht die die Bedürfnisse des Kindes, versteht und beantwortet sie. Weil sich das Kind gesehen und verstanden fühlt, entwickelt das Kind ein Vertrauen in diese neue Bezugsperson. Dieses Vertrauen und die Kommunikation des Kindes führen wiederum dazu, dass die neue Bezugsperson ein gutes Gefühl für die Begleitung des Kindes bekommt und sich zunehmend sicher fühlt.
So beeinflussen sich Kind und Erzieher*in gegenseitig im Aufbau der Beziehung. Das bei der Eingewöhnung begleitende Elternteil übernimmt dabei anfangs eine Sicherheits- aber auch Vermittlungsposition. Es vermittelt dem Kind, dass diese neue Bezugsperson vertrauenswürdig ist. Und es hilft auf der anderen Seite, die Signale des Kindes zu erklären, damit die Beziehung ausgebaut werden kann. Kind, Elternteil und Erzieher*innen nehmen alle einen wichtigen Raum ein und beeinflussen sich gegenseitig.
Zeit für den Aufbau von Beziehung
Aber auch die umgebende Kindergruppe ist wichtig dafür, dass das Kind sich sicher und wohl fühlt. Auch zu den Kindern der neuen Gruppe werden Beziehungen aufgebaut und der Kontakt spielt eine wichtige Rolle in der Eingewöhnung. Für Eltern ist dabei wichtig zu wissen, dass hier keine Konkurrenz um die Beziehung entsteht: Kinder können viele verschiedene sichere Beziehungen zu Menschen unterschiedlichen Alters aufbauen. Es ist sogar gut, wenn Kinder mehrere sichere Bezugspersonen haben, die vielleicht alle ein wenig anders sind, dem Kind unterschiedliche Erfahrungen ermöglichen und sich auch zeitlich und emotional ergänzen können.
Der Aufbau einer solchen neuen Beziehung, die dann keineswegs mehr als Fremdbetreuung bezeichnet werden kann, braucht Zeit. Das Münchner Eingewöhnungsmodell, in den 1990er Jahren entwickelt unter Leitung von Prof. E. Kuno Beller, nimmt dies in den Blick: Das Kind wird nicht eingewöhnt, sondern es kann sich eingewöhnen. Es ist also aktiv beteiligt und bestimmt selbst das Tempo der Eingewöhnung.
Am Anfang ist es nur eine kurze Zeit, die Kind und Elternteil in der neuen Umgebung verbringen. Diese Zeit wird langsam gesteigert, wobei die neue Bezugsperson als sichere Ansprechperson zur Verfügung steht und das Kind im Blick haben sollte, um Freude oder auch Überforderung wahrzunehmen und darauf reagieren zu können. Für die Regulation von Gefühlen ist das begleitende Elternteil zuständig: Das Kind kann sich in den sicheren Hafen dieser Beziehung zurückziehen, wenn es verunsichert oder gestresst ist.
Mit der Zeit lernt das Kind die Strukturen und Abläufe immer besser kennen, so dass der Stress geringer wird. Gleichzeitig entwickelt sich das Vertrauen in die neue Bezugsperson. Mindestens vier bis sechs Wochen sollten Eltern für die Eingewöhnungs-Phasen Vorbereitung, Kennenlernen, Sicherheit, Vertrauen und Reflexion einplanen. Bei einigen Kindern ist das Tempo etwas schneller, bei anderen etwas langsamer – all das ist okay.
Alle ziehen an einem Strang
Neben der ausreichenden Zeit ist es also wichtig, dass Eltern und Erzieher*innen zusammenarbeiten und sich das begleitende Elternteil in die Eingewöhnung einbringt. Die Haltung gegenüber der neuen Bezugsperson ist deswegen wichtig: Spürt das Kind die Unzufriedenheit oder Sorge der Bezugsperson, kann sich das auf die Eingewöhnung auswirken. Ist das Elternteil emotional oder körperlich nicht anwesend, fehlt dem Kind der sichere Hafen, zu dem es sich bei Stress zurückzieht, und von dem aus es die neue Umgebung und die Menschen erkunden kann. Der Stress, der durch fehlende Begleitung aufgebaut wird bzw. durch das Fehlen nicht reguliert wird, kann langfristig nachteilig auf das Kind und dessen Beziehungen wirken.
Innerhalb der Eingewöhnungszeit erlebt das Kind viele neue Dinge, lernt neue Menschen kennen, neue Orte, neue Regeln. Wahrscheinlich riecht es dort anders als zu Hause und auch die Geräusche sind anders. All das will verarbeitet werden: nicht nur in der Kita. sondern auch zu Hause. Es ist gut, mit dem Kind altersangemessen über die Erlebnisse des Tages zu reden. Vor allem ist es wichtig, zu verstehen, dass diese Umstellungsphase anstrengend sein kann und das Kind vielleicht weniger kompromissbereit am Nachmittag ist als sonst.
Es kann helfen, diese Zeit am Nachmittag eher als Entspannungszeit zu betrachten und nicht zusätzlich Termine einzuplanen. Auch der Schlaf kann in der ersten Zeit wieder unruhiger sein. Deswegen ist es nicht nur wichtig, dass die Kinder ausreichend Entspannungszeit außerhalb der Eingewöhnung haben, sondern auch Eltern darauf achten, gerade jetzt gut für sich zu sorgen, um der sichere und entspannte Hafen sein zu können, den die Kinder brauchen.
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