Tatsächlich taucht die Frage danach, wie man mit Babys spielt, schon im Geburtsvorbereitungskurs immer wieder auf. Spätestens nach der Geburt suggerieren diverse Kurse und „Lernspielzeuge“, dass vielleicht doch fachliche Expertise nötigt wäre, um zu wissen, wie man denn nun „richtig“ mit seinem Kind spielt. Denn Spielen ist ja Lernen. Und da spüren Eltern ihn gerne wieder – den Druck, alles richtig und das Kind „wettbewerbsfähig für die Zukunft“ zu machen.
Doch was ist die richtige Balance zwischen Unter- und Überforderung? Ein älteres Kind kommuniziert meist recht deutlich, was es gerade spielen will. Aber so ein Baby (und gerade das erste) stellt seine Eltern immer wieder vor viele Fragen. Die Sorge, das Kind also zu unter- oder überfordern, ist gleichermaßen da. Und spätestens ab dem zweiten Kind kommt dann noch das schlechte Gewissen hinzu. Weil man denkt, dass man viel zu wenig mit diesem Baby spielt. Dabei haben ja gerade nachkommende Kinder echte Spielexperten an ihrer Seite: die eigenen Geschwister. Mehr Anregung zum Nachahmen und selbst entdecken gibt es nicht. Diesen Input gibt es natürlich für Einzelkinder genauso – im Kontakt mit anderen Kindern bei Freunden, auf dem Spielplatz oder in der Kita.
Aber was muss ich meinem Kind nun anbieten, wenn nur wir unseren Tag gemeinsam bestreiten? Ist es ausreichend, das Baby oder Kleinkind beim Wäsche machen die Wäscheklammern ein- und ausräumen zu lassen? Oder sollten wir nicht doch lieber das pädagogisch wertvolle Holzpuzzle gemeinsam bespielen? Schließlich ist Spielen wichtig für Babys Entwicklung in allen Bereichen. Dabei ist es genauso wenig sinnvoll, ein Baby mit allerlei von Erwachsenen ausgedachten pädagogisch vermeintlich wertvoll anmutenden Lernspielen zu überfrachten wie sich die ganze Woche von Babykurs zu Babykurs zu hangeln. Nichts gegen Kurse, die sind wichtig und wertvoll für den Austausch mit anderen Eltern und um gute Anregungen zu bekommen. Sie bestimmen aber nicht über die spätere berufliche Zukunft des Kindes.
Gekocht wird in richtigen Töpfen
Babys brauchen Gelegenheit, sich und ihre Umwelt selbst zu entdecken – ganz spontan, unangeleitet und frei. Beim Spielen geht es darum, die Welt zu begreifen, in der sie irgendwann mal „alleine“ zurecht kommen wollen. Deshalb ist wohl der richtige Autoschlüssel wesentlich spannender als das Spielzeugpendant aus Holz, womit sie Mama noch nie haben die Autotür aufschließen sehen. Gekocht wird auch lieber in richtigen Töpfen, die schön laut klappern – nicht in der Plastikminiaturausgabe.
Auch das perfekt nachgeahmte Kinderwerkzeug wird nie die gleiche magische Anziehungskraft haben wie der Werkzeugkasten der Eltern. Alltagsgegenstände, unterschiedliche Materialien, also das, was die Kinder gerade interessiert, sind oftmals das beste Zeug zum Spielen. Und Spielsachen, die wir als Eltern besonders wohl überlegt ausgesucht haben, werden gerne mit Nichtachtung gestraft. So dienen sie halt als schöne Deko im Kinderzimmer, während derweil eifrig mit Klopapierrollen gespielt wird.
Was braucht ein kleiner Mensch also neben Dingen, die ihn interessieren, nun wirklich zum spielen? In erster Linie eine Umgebung, in der er sich relativ frei bewegen und selbst aktiv werden kann. Das heißt in den ersten Lebensjahren, dass Dinge, die einem als Eltern wichtig sind und die vielleicht kaputt gehen können, besser eine Etage höher wandern, als das Kind ständig in seinem Explorationsdrang ausbremsen zu müssen.
Krabbeldecke der beste Spielplatz
Für Babys, die sich noch nicht fortbewegen, ist die Krabbeldecke der beste Spielplatz. Und auch diese ist kein Traininglager. Sie bietet einen Raum, auf dem das Kind in seinem Tempo sich und seine Fähigkeiten entdecken und entwickeln kann. Selbst die früher gerne empfohlenen Tummy Times, also regelmäßige Zeiten in Bauchlage, sind inzwischen eher umstritten. Die Idee dahinter war, dass in Wachzeiten das Baby so die Rücken- und Armmuskulatur zu „trainiert“, mit der es den Kopf hebt und in den Armstütz geht. Zum Schlafen ist ja schließlich die Rückenlage empfohlen. Aber wie soll das Baby nun die entsprechenden Bewegungsabläufe erlernen?
Tatsächlich übt das Baby die entsprechende Körperwahrnehmung und die passenden Bewegungen vor allem dann, wenn es nach und nach lernt, selbst von der Rückenlage in die Seitenlage und erst dann in die Bauchlage zu kommen. Natürlich bedeutet das nicht, dass ein Baby jetzt gar nicht mehr in Bauchlage liegen darf, bevor es sich drehen kann. Es braucht aber generell kein „Tummy-Time-Trainingsprogramm“. Schon gar nicht dann, wenn sich ein Baby dabei sicht- und hörbar unwohl fühlt.
Eine Ausnahme ist, wenn das Ganze aufgrund von Auffälligkeiten z.B. im Rahmen einer Physiotherapie empfohlen wird. Dann kann die Therapeutin auch erklären, wie man die Situation möglichst angenehm für das Baby gestalten kann. Verschiedene Bewegungsanreize und immer wieder neue Perspektiven bekommt ein Baby beim Tragen, auf dem Wickleltisch oder auch beim Stillen ganz automatisch. Auch hier ersetzt quasi der Alltag das „Baby-Gym“.
Weniger Spielzeug, weniger Hektik, weniger Regeln
Babys brauchen liebevolle Spielbegleiter, die sie einfach beobachten, in ihrem Tun bestärken und sich mit ihnen beim Entdecken der Welt freuen. Kinder haben eigene Ideen und oft einen ganz anderen Plan als wir. Davon kann man sich als wohlorganisierter Erwachsener einfach mal inspirieren lassen. Kinder brauchen genug Zeit, um Dinge immer und immer zu wiederholen oder auch etwas zu Ende bringen zu können. Wie bei so vielen Dingen im Baby- und Kinderleben gilt: weniger ist oft mehr.
Weniger Spielzeug, weniger Hektik, weniger Regeln. Dafür Raum, Ruhe und Ungestörtheit, damit das Kind selbst erkunden kann. Als Eltern können wir dort unterstützen, wo das Kind uns braucht. Und uns dann zurückziehen, wenn wir vielleicht sogar stören. Je kleiner die Kinder sind, umso direkter brauchen sie uns als sicheren Hafen in der Nähe beim Spielen. Später schmeißen sie uns ganz von selbst raus. Gerade, wenn andere Kinder dabei sind, merken sie ganz schnell, was für lausige Spielpartner wir Großen doch oft sind. Also eigentlich alles ganz einfach mit dem Spielen.
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