Während es scheinbar etwas ruhiger rund um die Hebammen wird – zumindest sind sie nicht mehr täglich medial vertreten – habe ich so wie viele meiner Kolleginnen in dieser Woche meine Kündigung erhalten. Meine Berufshaftpflichtversicherung, die zum 01. Juli 2014 erst noch einmal um freundliche 20 Prozent (!) erhöht wird, endet laut diesem Schreiben definitiv zum 01. Juli 2015.
Dem Schreiben beigefügt ist eine Auflistung der noch verfügbaren und vom Berufsverband geprüften Versicherungsangebote. Mit dem vernichtenden Ergebnis, dass diese wenigen anderen Angebot alle nicht tragbar sind. Für die Geburtshilfe gibt es ohnehin nur einen einzigen weiteren Versicherer, dessen Prämie sich auf 6176 Euro pro Jahr beläuft – und das ohne Kündigungsschutz im Schadensfall. Aber selbst die wenigen Versicherungsangebote für die Hebammentätigkeit ohne Geburtshilfe erreichen Prämien von über 2000 Euro und das bei viel zu geringer Deckungssumme und ebenfalls fehlendem Kündigungsschutz im Schadensfall.
Viel zu oft berichtet die Presse immer noch, dass die ganze Misere ja „nur die wenigen“ geburtshilflich tätigen Kolleginnen betrifft. Das liest sich wie eine Verspottung, wenn man als Hebamme, die momentan nicht geburtshilflich arbeitet, gerade ebenfalls sein Kündigungsschreiben der Versicherung in den Händen hält.
Und weshalb es nur noch so wenige geburtshilflich arbeitende Hebammen gibt, hinterfragt scheinbar auch niemand? Es werden sehr wahrscheinlich bereits 2014 weitere Kolleginnen mit der Geburtshilfe aufhören. Damit wird diese immer wieder als angeblich einzig betroffene Gruppe weiter schrumpfen, bis es vielleicht tatsächlich nur noch ein „Problem einer Handvoll Hebammen“ ist. Dass auch die angestellten Geburtshelferinnen in der Klinik sehr häufig nicht ausreichend durch den Arbeitgeber abgesichert sind, wird bei der ganzen Debatte nur selten oder ganz am Rande erwähnt. Die zusätzlich dafür erforderliche Versicherungsoption fällt ab 01. Juli 2015 genauso weg, wie die für die Begleitung vor und nach der Geburt notwendige Absicherung.
Kein Nischenproblem
Das alles ist also definitiv kein Nischenproblem der zwei Prozent Eltern, die sich für eine außerklinische Geburt entscheiden. Wir Hebammen haben die Kündigung bekommen, die soviel mehr ist als die schlichte Auflösung eines banalen Versicherungsverhältnisses. Es ist eine Kündigung für unseren Berufsstand. Es ist eine Kündigung der Rechte von Eltern, sich den Geburtsort des Kindes frei aussuchen zu dürfen und in der Familiengründungsphase umfassend und sicher begleitet zu werden.
Und nein, das alles liegt nicht in ferner Zukunft, in der ja noch viel passieren kann. Die Mütter, die im Juli 2015 ihre Kinder zur Welt bringen, werden bereits im Oktober 2014 schwanger sein. Das heißt, es muss spätestens in fünf oder sechs Monaten eine Lösung gefunden sein. Sonst kann diesen Müttern bereits keine Hebammenbetreuung mehr bei und nach der Geburt zugesagt werden. Aber selbst Frauen, die noch im Mai 2015 ein Kind bekommen, werden keine vollständige Wochenbettbetreuung und keine Beratung in der Stillzeit mehr erhalten können.
Es ist sicher schön, wenn die gute Lobbyarbeit für die Hebammen von allen Seiten wahrgenommen und gewürdigt wird. Aber erfolgreich ist diese erst, wenn sich daraus auch eine tragbare Lösung für das Hebammendilemma gefunden hat. Deshalb darf es nicht ruhiger werden und ich hoffe, dass es das morgen auf der geplanten Demo hier in Berlin auch nicht wird. Die Kündigung jedenfalls liegt den Hebammen nun auf dem Tisch – der Countdown für das endgültige Aus der bisherigen Hebammenarbeit läuft…
Und ich hoffe, dass nicht nur die Eltern und alle Hebammenunterstützer, sondern auch die Hebammen selbst unter diesen Umständen noch weiter durchhalten. Sonst gibt es im nächsten Sommer vielleicht sowieso keine Hebammen mehr, die man noch versichern muss…
Demonstration am Samstag, 12. April 2014 um 15 Uhr vor dem Bundeskanzleramt, Willy-Brandt-Straße 1, 10557 Berlin
Mehr Infos: Deutscher Hebammenverband | Hebammenunterstützung | Hebammen für Deutschland
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