Wenn ich meine ernsthaften Bedenken über den Fortbestand der Hebammen äußere, reagieren viele Leute mit dem Satz: „Die können doch nicht einfach die Hebammen abschaffen!“ Wie gerne würde ich mich auch an diesen Satz klammern, doch es fällt zunehmend schwerer.
Erst heute berichtete mir eine Kollegin von einem persönlichen Gespräch, das eine von ihr betreute Schwangere mit einer Mitarbeiterin der AOK Rheinland-Hamburg führte. Die Hebammenkollegin hatte der Schwangeren eine Bescheinigung über den errechneten Geburtstermin ausgestellt, der für den Erhalt finanzieller Leistungen durch die Krankenkasse erforderlich ist. Als erstes wollte die Sachbearbeiterin diesen nicht anerkennen und bestand auf eine ärztliche Bescheinigung. Diskussionen darüber haben alle Hebammen immer wieder. Wahrscheinlich, weil doch ein Großteil der Frauen vermehrt die ärztliche Schwangerenvorsorge in Anspruch nehmen und die Mitarbeiter der Krankenkassen nicht immer wissen, dass sehr wohl auch Hebammen Bescheinigungen ausstellen dürfen. So etwas erschüttert eine Hebamme also nicht wirklich…
Da die werdende Mutter nun schon mal vor Ort war, nutzte sie die Gelegenheit zu fragen, wie es denn ab nächstem Jahr mit der Hebammenversorgung weiter gehe. Gute Frage, schließlich ist bis heute ungeklärt, ob ab Juli 2016 überhaupt noch die Option besteht, sich als Hebamme versichern zu lassen. Die Antwort darauf erschütterte nicht nur die Fragende, sondern auch alle Hebammen, denen meine Kollegin heute davon erzählte.
„Die Hebammen werden abgeschafft“, lautete die profane Antwort der Mitarbeiterin der AOK Rheinland-Hamburg.
Natürlich fragte die schwangere Frau betroffen nach, wer denn dann der Ansprechpartner bei Fragen und Problemen sei. Hier war die Antwort der AOK-Sachbearbeiterin, dass ja eine Beratung im Krankenhaus stattfinde und ansonsten halt der Arzt zuständig sei. Außerdem habe die AOK ja auch eine Hotline, durch die sich einige Probleme lösen ließen.
Tatsächlich bietet diese Krankenkasse eine Hotline an 365 Tagen rund um die Uhr an. Auf der Krankenkassen-Homepage findet man Sätze wie diese: „Und nach der Geburt? Beim Stillen klappt es nicht wie gewünscht? Der Sohnemann schläft nicht durch? Und müsste er nicht schon längst krabbeln? Antworten zum Thema Kindergesundheit liefern auch hier die Fachleute an der Hotline.“
Meine Kollegin wird morgen bei der Krankenkasse nachfragen, was es mit der Aussage zur „Abschaffung der Hebammen“ auf sich hat. Doch der Pessimismus in Hebammenkreisen wächst stetig weiter. Diese belastenden Arbeitsbedingungen sorgen dafür, dass viele sich umorientieren und wir uns im schlimmsten Fall als Hebammen nach und nach selbst abschaffen. Im Hintergrund wird ja scheinbar längst daran gearbeitet, uns durch Callcenter-Mitarbeiter und Ratgeber-Foren zu ersetzen. Wer braucht da denn noch echte Hebammen?
Bild: Screenshot der AOK Rheinland-Hamburg
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