In meiner Ausbildung und den ersten Berufsjahren wurde ich oft nach eigenen Kindern gefragt. Damals hatte ich noch keine. Aber für mich war klar, dass ich mir eigene Kinder in meinem Leben wünsche. Und ich ging auch davon aus, dass das klappen wird. Denn alles beginnt immer mit einer guten Hoffnung. Doch manchmal fragte ich mich schon, wie es für mich sein würde, wenn ich keine Kinder bekommen kann. Würde ich weiter in diesem Beruf arbeiten können, der einen tagtäglich und so unmittelbar damit konfrontiert?
In meiner Ausbildung hatte ich eine wunderbare Kollegin kennengelernt, die mit ihrem Partner zusammen im besten Alter für eigene Kinder war. So ein Mensch, den man sich umgeben von drei bis vier eigenen Kindern noch ganz entspannt und immer emphatisch vorstellt. Manchmal fragte ich mich innerlich, warum sie wohl bisher keine Kinder hatte. Bis ich diese Kollegin in meinen OP-Einsatz traf – als Patientin. Sie hatte gerade ihr Baby verloren. Und es war nicht das erste Mal…
Hinter der Antwort auf die Frage: „Haben Sie auch Kinder?“ steht immer eine Geschichte. Manchmal nur die, dass eine Frau für sich entschieden hat, dass sie (noch) keine eigenen Kinder bekommen möchte, weil das für sie der passende und sich richtig anfühlende Weg ist. Dann ist diese Frage zwar immer noch recht persönlich, aber die Antwort tut nicht weh. Gar nicht so selten ist aber auch ein bisher unerfüllter Kinderwunsch vorhanden. Und dann tut es weh, danach gefragt zu werden. Von einer Frau, die gerade glücklich schwanger ist oder ihr gerade geborenes Baby in den Armen hält. Diese Frage berührt eigene Emotionen, die nicht immer leicht auszuhalten sind.
Viele Kolleginnen sind kinderlos
Berufliche Professionalität heißt auch, die eigenen Gefühle nicht zu sehr mit in die Arbeit fließen zu lassen, um objektiv und gut begleiten zu können. Wenn aber konkret nach den eigenen möglichen „Baustellen“ gefragt wird, kann alles ins Wanken geraten. Und das ist nicht gut – für beide Seiten nicht. Die Frage nach eigenen Kindern ist sicherlich niemals „böse“ gemeint. Aber man weiß eben nicht, wo sie hinzielt.
Da ist vielleicht die Frau, die seit vielen Jahren gar nicht erst schwanger wird. Oder es aus gesundheitlichen Gründen niemals werden wird. Die Frau, die gerade eine Fehlgeburt erlitten hat oder vor längerer Zeit ihr Kind durch einen schweren Schicksalsschlag verloren hat. Es gibt so viele Gründe für Kinderlosigkeit, die man als Betroffene – wenn überhaupt – nur mit den vertrautesten Menschen teilen kann.
Ich habe viele wunderbare und sehr kompetente Kolleginnen, die keine eigenen Kinder haben. Von manchen kenne ich die Gründe dafür, von manchen auch nicht. Ich werde sie nicht danach fragen. Wer etwas erzählen möchte, wird es tun, wenn Person und Situation passen. Im beruflichen Kontext passt es aber in den allermeisten Fällen nicht, auch wenn das Verhältnis zwischen Hebamme und Frau durch die große Intimität in dieser Lebensphase durchaus auch etwas „Freundschaftliches“ hat. Doch im Fokus stehen die Belange der (werdenden) Mütter und ihrer Babys. Und nicht das Befinden der Hebamme. Deshalb sollte diese Frage vielleicht besser gar nicht erst gestellt werden. Eigene Kinder sagen rein gar nichts über Kompetenz, Fachwissen und Einfühlungsvermögen aus. Und eigene Kinder machen Hebammen auch nicht zu besseren Hebammen.
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