Die erste Berührung des Babys

Hebammen berühren Neugeborene – klar. Wir heißen sie in der Welt willkommen. Wiegen sie, begutachten den kleinen Körper während der U1 und in der Wochenbettbetreuung. Aber Moment: Wird dieses kleine Wesen nicht bereits vor der Geburt von Hebammen berührt? Ja, natürlich.

Wir ertasten als Hebamme die Lage des Babys im Bauch der Mutter. Und bei bei einer vaginalen Untersuchung unter der Geburt wird nicht nur die Mutter in ihrem intimsten Bereich berührt. Nein, auch das Kind erfährt die Berührung dieser Untersuchung am Köpfchen. Dort laufen zahllose Nerven zusammen – und wir alle wissen, wie intim sich eine Berührung am Kopf selbst für uns Erwachsene anfühlt.

Bei diesen Berührungen des Kindes gibt es allerdings einen eklatanten Unterschied: Wenn das Baby durch die Bauchdecke berührt wird, ist es stets umgeben von Haut, Muskeln und Fruchtwasser. Berühren wir Hebammen das Baby bei einer vaginalen Untersuchung unter der Geburt, gibt es diese Schutzschichten meistens nicht mehr. Das Baby spürt die Berührung unmittelbar auf der Kopfhaut (oder am Popo, falls es in Beckenendlage sitzt). 

Zauber des Anfangs

Es ist ein ganz besonderer Moment, den wir uns als Hebammen vielleicht zu selten bewusst machen: Die erste ungefilterte Berührung erfährt das Baby meist durch die Hebamme. Und was bedeutet diese Erkenntnis nun für mich als Hebamme?

Neben der vaginalen Untersuchung gibt es noch reichlich andere Indikatoren, die mir Auskunft darüber geben können, ob eine Geburt gut verläuft. So sind vaginale Untersuchung nicht generell notwendig. In der Realität sieht dies trotzdem oft anders aus. Manchmal benötigt die Hebamme den Befund, um den Stand der Geburt einzuschätzen. Zeitlicher Druck des Voranschreitens der Geburt besonders im klinischen Setting lässt uns öfters untersuchen, als das vielleicht wirklich notwendig ist.

Aber auch Gebärende sind oftmals am Status des Muttermunds interessiert. Aber gerade im Hinblick auf die Erlebniswelt des Kindes ist eine vaginale Untersuchung stets gut abzuwägen. Wird sich im Geburtsverlauf für diese Intervention entschieden, bin ich mir als Hebamme der Intimität der Berührung von Mutter UND Kind sehr bewusst. Dies bedeutet, auch in stressigen Zeiten nicht zu schnell oder gar unsanft zu berühren. Mir hilft es, während ich mir die Handschuhe anziehe, einmal kurz die Augen zu schließen und tief durchzuatmen, um mich bewusst auf die Untersuchung vorzubereiten. 

Das Köpfchen des Kindes spüren

Was bedeutet dies alles nun für dich als Mutter? Während einer vaginalen Untersuchung wirst nicht nur du als Mutter berührt, auch dein Kind erfährt diese Berührung. Dabei liegt es doch nahe, dass auch Ungeborene Berührungen einordnen können. Ist die Berührung liebevoll, sanft und vorsichtig? Oder schnell und vielleicht ein bisschen zu kräftig? 

Es ist dein Körper! Und selbstverständlich darfst du Berührungen ablehnen, wenn sich diese nicht gut anfühlen oder du dich gerade einfach nicht bereit fühlst.

Wenn sich dein Kind zum Ende der Geburt durch dein Becken arbeitet, spürst du das als Druckgefühl. Du kannst das Köpfchen des Kindes in deiner Vagina berühren. Viele Frauen freuen sich sehr, wenn sie das Köpfchen spüren. Nicht nur, weil es die erste unmittelbare Berührung des eigenen Kindes ist. Sondern auch, weil sie spüren, wie kurz die Geburt bevorsteht. Der längste Weg ist bereits gegangen!

Außerdem spürst du mit der Hand am Köpfchen den Druck der Wehe oder deines Schiebens. Das liefert ein unmittelbares Feedback über die Kraft deines Körpers. Das kann unglaublich motivierend sein und Energie freisetzen, von der du gar nicht wusstest, dass sie noch in deinem Körper schlummert nach all der bereits geleisteten Wehenarbeit. Ich kann nur empfehlen diese Erfahrung zumindest auszuprobieren. Benötigst du deine Hände zum Festhalten oder empfindest die Berührung als nicht angenehm ist das natürlich kein Problem. Aber vielleicht wird die erste Berührung zwischen dir und deinem Baby noch vor der eigentlichen Geburt ein unvergessliches Erlebnis.

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