Ich erinnere mich noch gut, wie wir über den Bau oder Kauf einer Wickelkommode für unser erstes Kind diskutierten. Über vieles machten wir uns Gedanken: Standort, Optik, Material…
Bei den noch folgenden Kindern war die Wickelkommode gar kein Thema mehr, obwohl wir natürlich auch mit ihnen im Babyalter ebenso viel Zeit mit Wickeln, Anziehen und allem verbrachten, was man so unter Babypflege versteht. Das Fazit daraus: Das eigentliche Möbelstück ist letztlich egal, wenn es um den idealen Wickelplatz geht. Aber es gibt ein paar Punkte, die werdende Eltern bei ihren Planungen berücksichtigen können.
Wärme
Die Wärmelampendiskussion kennen wohl alle Eltern, die ein Baby in der kühleren Jahreszeit erwarten. Ob man diese Heizstrahlerlampe zum Erwärmen des Wickelplatzes braucht, ist aber von mehr Faktoren als der Jahreszeit abhängig. Fakt ist, dass eine Neugeborenes aus einer Umgebungstemperatur von rund 37 Grad kommt. Egal wie kuschelig warm sich der Gebärraum gerade anfühlt, die Umstellung ist groß. Auch unter der Wärmelampe im Kreißsaal oder Geburtshaus wird die vorherige Temperatur nicht erreicht.
Die allerbeste Wärmflasche sind die Eltern selbst. Im direkten Körperkontakt kann ein neugeborenes Kind am besten seine Temperatur regulieren. Die veränderte Temperatur außerhalb der Gebärmutter ist also eine Herausforderung für das Baby. Und Kinder reagieren unterschiedlich empfindlich darauf. Für manche ist es wirklich größerer Stress, beim Wickeln und Umziehen mehr Kälte ausgesetzt zu sein. Diesen Unmut zeigen sie durch Weinen. Das wiederum erhöht das Stresslevel bei den Eltern.
Ein warmer Wickelplatz hat also nicht nur die Funktion, das Baby vor dem „Erfrieren“ zu bewahren, sondern vor allem die Wickelsituation für alle angenehmer und entspannter zu gestalten. Das Gefühl, frierend in der Umkleidekabine etwa beim Arzt zu stehen, ist für Erwachsene auch nicht angenehm. Für ein Baby, das ohnehin erst einmal mit den ganzen neuen Veränderungen außerhalb des Bauches zurecht kommen muss, ist das noch viel herausfordernder.
Ob ein leicht zu erwärmender Raum oder eine fest installierte bzw. mobile Wärmelampe genutzt wird: ein angenehm warmer Wickelplatz bringt mehr Entspannung in die Wickelsituation. Das gilt auch für alle Materialien und Produkte, mit denen das Kind in Kontakt kommt. Ein warmer Waschlappen oder ein kühles Feuchttuch machen einen Unterschied in der Wahrnehmung. Nicht umsonst wurde mittlerweile ein Feuchttücherwärmer erfunden. Eine Thermoskanne mit warmen Wasser und ein paar kleine Waschläppchen am Wickelplatz sind die kostengünstigere (und nachhaltigere) Variante. Ein vorgewärmtes Handtuch nach dem Baden ist ebenso schön wie warme Hände bei der Babymassage. Die fünfmal dünnere Babyhaut nimmt alle Berührungen und Reize viel stärker war.
Sicherheit
Ein Baby braucht uns Eltern nicht nur, um sich sicher zu fühlen, sondern auch sicher zu sein – vor Kälte, Hunger oder auch Verletzungen. Deshalb gilt natürlich auch für die Wickelsituation, dass ein Kind nie – wirklich niemals – allein auf dem Wickeltisch liegen sollte. Auch wenn so ein Neugeborenes sich scheinbar nicht selbständig drehen oder groß fortbewegen kann, kann es durch unwillkürliche Bewegungen doch in eine gefährliche Position kommen. Kurz mal weggehen, um Wasser zu holen, während das Kind auf dem Wickeltisch liegt, muss unbedingt vermieden werden.
Hier ist es schon zu Unfällen gekommen, mit denen Eltern niemals gerechnet hätten. Das gilt auch für ungesichertes Liegen auf erhöhten Flächen wie Bett oder Sofa. Bei uns persönlich hat das dazu geführt, dass das zweite Kind meist auf einem Wickelplatz am Boden versorgt wurde. So konnte man unbesorgt auch mal lossprinten, wenn das Geschwisterkind im Kleinkindalter plötzlichen irgendeine Sorge hatte. Bei größeren und schon mobilen Babys muss man ebenfalls die Wickelsituation immer wieder neu so anpassen, dass sie sicher für das Kind ist. Eltern sollten hier auf die Bedürfnisse und die Bewegungsfreude ihres Kindes eingehen, damit die Versorgung nicht zum Stressthema wird. Ein Windelwechsel ist auch im Stehen gut möglich.
Geborgenheit
Ein neugeborenes Kind kommt aus einem sehr begrenzten, umhüllenden Raum. Es hat die Innenwelt der Gebärmutter, aber auch seinen Körper selbst intensiv gefühlt. Nach der Geburt fühlt sich die neue „Bewegungsfreiheit“ anfangs erst mal grenzenlos und überfordernd an. Eine Umrandung des Wickelplatzes – ob mit einer schicken Wickeltischschlange oder einfach einem gerollten Handtuch – bietet dem Baby Halt und Begrenzung.
Den meisten Babys ist es angenehmer, nicht komplett entkleidet zu sein. Auch eine Decke oder ein Mulltuch über dem Körper können dem Kind eine sanfte Begrenzung geben. Die größte Geborgenheit bieten natürlich elterliche Arme. Und so kann auch beim Windelwechsel, beim Anziehen oder nach dem Baden das Baby zuerst auf dem Arm Nähe und Beruhigung erleben, wenn die Situation gerade überfordernd ist. Das Berühren des Babys sollte sanft, aber nicht allzu zaghaft sein. Es darf also die ganze streichende Hand spüren statt nur der Fingerspitzen, die eher ein kitzelndes Gefühl hinterlassen. Die Reaktion des Babys gibt den Eltern Auskunft über die Qualität ihrer Berührung.
Alles darf im eigenen Tempo von Eltern und Kind geschehen. Oft sagen Eltern in den ersten Tagen und Wochen, dass das Windel wechseln und das Anziehen bei ihnen noch so lange dauern würde. Das ist doch gut und genau richtig so. Schneller ist nämlich nicht besser. Babys brauchen mehr Zeit, um die neuen Reize verarbeiten zu können.
Leichtigkeit
Alles ist neu in den ersten Tagen und Wochen mit dem Baby. Und neue Situationen verunsichern auch uns Eltern schnell. Aber es ist wichtig zu wissen, dass man wirklich nicht allzu viel falsch machen kann, wenn man dem Baby mit Liebe und Feingefühl begegnet. Es ist völlig egal, ob die Hose anders herum angezogen wird. Oder statt der Wundschutzcreme mal die Wind- und Wettercreme auf dem Babypo landet. Auch eine verkehrt herum angelegte Windel führt höchstens zum schnelleren Auslaufen und vielleicht nicht mal das.
Eltern dürfen also den Erwartungsdruck an sich selbst etwas senken und mit mehr Leichtigkeit an die Sache gehen. Mütter und Väter dürfen das Elternsein lernen. Dazu gehört auch immer, dass Dinge nicht so laufen wie man sich das vorstellt. Und auch wenn das Handling der Hebamme vielleicht so viel selbstverständlicher wirkt, so ist sie niemals die Expertin für dieses Baby. Das sind die Eltern, die Tag und Nacht mit dem kleinen Menschen verbringen und ihn in kürzester Zeit so gut kennen werden, wie niemand anderes sonst.
Für mehr Leichtigkeit sorgt auch eine bequeme Haltung der Eltern. Ein Wickeltisch sollte also eine gute Höhe haben oder bei einem Wickelplatz am Boden auch eine bequeme, warme Sitzoption für die Eltern ermöglichen. Alle nötigen Dinge zum Wickeln, Waschen, Abtrocknen und Anziehen sollten griffbereit sein – auch das bringt Entspannung in die Situation.
Achtsamkeit
Die Situationen auf dem Wickeltisch sind mehr als nur Körperpflege und Windelwechsel. Gerade bei Neugeboren sind das die Wachphasen, neben dem Stillen oder Füttern, in denen man jedes Mal etwas mehr über sein Kind erfährt. Bald schon wissen Eltern nur allzu gut, was das Baby mag und was nicht. Auch das Thema Windelfrei hat vor allem mit Beobachtung und Kommunikation zu tun. Eltern bemerken in den Spiel- und Pflegesituationen, was ihr Kind schon alles kann und welche neuen Entwicklungsschritte gerade anstehen. All das kann man von Anfang an mit einbeziehen.
Das Sprechen mit dem Kind und vor allem das ankündigen von dem was jetzt geschieht unterstützt die Entwicklung des Kindes. Das Kind sollte seinen Möglichkeiten entsprechend mit einbezogen werden. Das unterstützt seine Selbstwirksamkeit. Natürlich muss es bei aller Achtsamkeit auch manchmal einfach schnell gehen – gerade wenn mehr als nur ein Kind zu versorgen ist. Aber auch dann ist das Eingehen auf und das Kommunizieren mit dem Baby möglich. In Situationen mit mehr Zeit und Ruhe kann dann wieder ausgiebiger auf die kleinen feinen Zeichen des Babys geachtet werden. Sich als Eltern immer wieder bewusst zu machen, was diese Situationen für ein gerade auf der Welt angekommenes Kind bedeuten, führt ganz automatisch zu mehr Achtsamkeit im Babyalltag
Diese fünf Faktoren empfinde ich nach 15 Jahren Elternsein und bald 20 Jahren Hebammenarbeit als wichtig für einen idealen Wickelplatz. Natürlich kann darüber hinaus noch darauf geachtet werden, dass der Wickelplatz zur Inneneinrichtung passt, aus guten sowie schadstofffreien und möglichst nachhaltigen Materialien ist. Aber da über diese Punkte viele werdende Eltern ohnehin gut informiert sind, liegt der Fokus dieses Beitrags auf den anderen Faktoren.
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