Es kann ein wohltuender Satz für die gestresste Elternseele sein, wenn jemand anders sagt: „Das kenne ich auch…“. Man fühlt sich verstanden und gesehen mit seinen momentanen kleinen oder auch großen Sorgen. Manchmal denkt man aber vielleicht nur, dass man die Lage des anderen tatsächlich kennt. Eltern eines Kindes mit hohen Bedürfnissen hören bisweilen auch von anderen Eltern, dass sie die damit verbundenen Schwierigkeiten kennen. Alle Babys weinen ja schließlich mal.
Doch wenn diese Eltern nicht auch selbst ein „Schreibaby“ haben, werden sie es nicht kennen. Denn es ist sehr entscheidend, wie oft und wie lange ein Baby untröstlich weint, um die dadurch entstehende elterliche Belastung auch nur ansatzweise einschätzen zu können. Die meisten Babys haben immer wieder mal Phasen, in denen sie vermehrt weinen und sich vielleicht nur schwer beruhigen lassen. Zähne, Schmerzen oder auch Gebärmutterheimweh sind nur einige der möglichen Gründe. Und diese Zeiten sind wahnsinnig anstrengend. Denn das Schreien eines Babys verursacht immensen Stress- auf körperlicher und emotionaler Ebene. Deshalb handeln wir als Eltern auch und versuchen alles, um unser Baby wieder in die Entspannung kommen zu lassen. Das ist manchmal eine wirklich schwere Aufgabe.
Eltern eines Babys mit hohen Bedürfnissen stehen jeden Tag vor dieser Aufgabe. Oft stundenlang und nur unterbrochen von kurzen Momenten, in denen das Baby dann doch einmal schläft. Aber selbst dann haben sie noch das Schreien ihres Babys im Ohr. Oder sie sind in erneuter Anspannung, weil es gleich wieder losgehen könnte. Das wiederholt sich, Tag für Tag. Und sie wissen nicht, wann diese Phase wieder vorbei ist. Zähne sind irgendwann durch. Infekte klingen ab. Und auch das Gebärmutterheimweh verringert sich, wenn das Baby größer wird.
Austausch in Krisenzeiten extrem wichtig
Wann es ein Kind mit einer Regulationsstörung schafft, sich selbst und mit Unterstützung zu beruhigen, ist meist unklar. Und so wissen die Eltern nicht, wie lange sie ihr Baby noch so sehr herausfordern wird. Die Begleitung eines Kindes mit so starken Emotionen ist eine Aufgabe, die den ganzen Alltag stark beeinflusst. Das Kind „läuft“ nicht im Alltag der Eltern mit, sondern sie versuchen ihren so anzupassen, dass sich mögliche Stressfaktoren minimieren. Doch genau das wiederum kann auch zu Isolation und einer zusätzlicher Belastung führen.
Unterstützung in diesen anstrengenden Babyzeiten ist also enorm wichtig. Ebenso wie das Verständnis für die Probleme. Doch Eltern, die kein untröstlich weinendes Kind haben, kennen den Schreibaby-Alltag nicht und können darum wohl nur erahnen, wie es sich anfühlt, wenn man sein Baby nicht oder nur schwer beruhigen kann. Und das immer wieder. Wenn all die guten Tipps und Ideen nicht helfen. Wenn stillen, tragen, pucken oder Bauchmassagen das Baby nicht entspannen. Eben dann, wenn alles nicht „nur eine Phase…“ ist.
Vernetzen, online und offline
Der Austausch mit anderen betroffenen Eltern ist hier also wie in vielen Krisensituationen wichtig und hilfreich. Denn das „Kenne ich“ hat ein ganz anderes Gewicht, wenn jemand wirklich eine ähnliche Situation erlebt. Früher gehörte es auch mit zu den elementaren Hebammenaufgaben, Eltern miteinander zu verknüpfen. Das passierte im Rückbildungskurs oder in der Stillgruppe. Und auch heute brauchen Eltern andere Eltern. Heute bietet das Internet diverse Möglichkeiten, Informationen und Gleichgesinnte zu finden.
Es ist gut, wenn Eltern sich vernetzen, online und offline. Experten, Therapeuten, Bücher oder Blogs sind wichtig. Aber den realen Austausch untereinander können sie nicht ersetzen. Deshalb gibt es jetzt passend zu unserem im April erscheinenden Buch Mein Schreibaby verstehen und begleiten bei Gut & Geborgen die Gruppe Bindungsorientierte Begleitung von High Need Babys und Kindern, in der sich Eltern in einem geschützten Rahmen austauschen über ihre Erfahrungen austauschen können. Da das Projekt Gut & Geborgen aber nicht nur für High-Need-Baby-Eltern ist: Zu welchen Elternthemen wünscht ihr euch Videos und vielleicht auch weitere Gruppen?
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