Bindung zwischen Geschwistern – und wie Eltern sie stärken

Kommen Kinder in eine Familie, in der es schon Kinder gibt, ist das manchmal eine besondere Herausforderung. Vor allem für neue Geschwisterkinder. Das neue Baby will kennengelernt werden und hat – je nach Temperament – wenig aufschiebbare Bedürfnisse. Die Wöchnerin ist vielleicht von der Geburt erschöpft. Körper und Hormonhaushalt verändern sich gerade. Auch der nicht-gebärende Elternteil möchte zum neuen Baby eine Beziehung aufbauen. Und gleichzeitig ist da das ältere Kind mit eigenen Bedürfnissen, die ebenfalls je nach Alter wenig aufschiebbar sind.

Mit jedem neuen Familienmitglied verändert sich das System Familie ein Stück. Oft finden sich alle erst nach Monaten, vielleicht sogar einem Jahr, an einem neuen Platz so richtig ein. Bis dahin ist es wichtig, den Umstellungsprozess zu begleiten, Verständnis zu haben und nachsichtig zu sein mit sich selbst und allen anderen.

Realistische Erwartungen schützen dabei vor möglichen Enttäuschungen. Von Geburtskarten oder aus Medien kennen wir die niedlichen Bilder, auf denen der große Bruder oder die große Schwester glückselig das Baby auf dem Arm hält. Und ja, es gibt sie sicherlich auch, diese entzückenden Momente. 

Realistische Vorbereitung

Aber genauso gehört es zur Realität, dass das größere Geschwisterkind das Baby langweilig oder auch blöd finden wird. Denn natürlich bedeutet die Versorgung von mehreren Kindern, dass automatisch weniger Ressourcen für den Einzelnen da sind. Und das gilt auch für die Eltern selbst. Pausen und Auszeiten haben umso weniger Raum, je mehr Kinder in der Familie sind – vor allem dann, wenn sie noch recht jung sind.

Passende Kinderbücher oder auch Geschwistervorbereitungskurse helfen dabei, dass auch Geschwister mit einem realistischeren Bild auf das neue Familienmitglied schauen. Babys können mit ihren Bedürfnissen nicht warten. Und besonders gut spielen kann man mit ihnen auch nicht. Darüber vor der Geburt altersentsprechend zu reden, ist wirklich hilfreich.

Bilder und Geschichten aus der eigenen Babyzeit des Geschwisterkindes können helfen, das Verständnis für die besondere Situation nach der Geburt aufzubauen. Gleichzeitig zeigt es auch, dass es eine vergleichsweise kurze Zeit ist, in der die Situation so ist. Und auch wenn gemeinsames Spiel anfangs noch keine Option ist, gibt es doch genug Situationen, in denen Geschwister altersentsprechend einbezogen werden können. Gemeinsam für das Baby zu sorgen fühlt sich gut an. Und es bewahrt davor, dass sich große Geschwister ausgeschlossen fühlen.

Den Beziehungsaufbau unterstützen

Zur Unterstützung des Beziehungsaufbaus zwischen den Geschwistern ist es hilfreich, die Leichtigkeit und Neugierde gegenüber dem neuen Geschwisterkind nicht beständig auszubremsen. Es sollte lieber über angemessenes Spiel, Sprache und Körperkontakt einen Zugang zum Baby ermöglicht werde. Geschwister gehen miteinander ebenfalls Bindungsbeziehungen ein, die das weitere Leben beeinflussen.

Im besten Fall entwickelt sich eine gute Bindungsbeziehung, die ein Leben lang anhält und damit die längste Bindungsbeziehung im Leben der Kinder sein kann. Natürlich ist auch hier wieder die Passgenauigkeit der Temperamente ein wichtiger Einflussfaktor. Es braucht manches Mal eine gute Regulation und Unterstützung durch die Bezugspersonen, gerade wenn Geschwister sehr unterschiedliche Ausprägungen einzelner Temperamentsdimensionen haben.

Interaktion in machbare Bahnen lenken

Es ist aber gut, wenn wir die Neugierde des größeren Kindes erst einmal annehmen. Eltern können die Wünsche des großen Geschwisterkindes nach Interaktion in machbare Bahnen lenken. Vielleicht möchte es beim Wickeln helfen und das Baby abschließend eincremen. Oder es möchte das Baby auch sicher auf dem Arm halten im Sitzen auf dem Bett, an einer Stelle, von der aus das Baby nicht herunterfallen kann.

Es gibt viele Möglichkeiten, größere Geschwister aktiv einzubeziehen. Auch der stillenden Mama ein Kissen oder dem Baby die Söckchen zu holen, zeigt dem Kind, dass sein Mitwirken wichtig ist. Nur für das Füttern haben Kleinkinder noch nicht das nötige Maß an Empathie, um die Signale des kleinen Geschwisters richtig zu deuten. In vielen anderen Bereichen können sie aber aktiv teilhaben. So vertiefen sie nicht nur die Beziehung, sondern bauen Selbstbewusstsein auf und haben einen Lerngewinn für die eigene Zukunft. 

Autor.in dieses Beitrags

Beitrag veröffentlicht am

in

,

Von

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert