Berufliche Reisen waren in den letzten Jahren für mich häufiger damit verbunden, dass es nicht so lief wie eigentlich geplant. Mal versperrten Bäume die Bahnstrecke. Mal fiel ein Flug gleich komplett aus. Und Christian durfte mich auch schon in niedersächsischen Kleinststädten einsammeln, weil weder Bus noch Bahn zurück nach Hause fuhren. Und auch gestern war ich dann statt wie geplant um 21 Uhr erst um 1.45 Uhr wieder zu Hause. Die Sehnsucht nach dem Stillkind war groß. Und das nicht nur, weil ich die Milchpumpe vergessen hatte. Aber natürlich vermisst man die ganze Familie umso mehr, je länger sich die geplante Rückkehr nach Hause verzögert. Tja, selbst schuld, wenn man einen auf „working mum“ macht. Aber lassen sich Mütter und Eltern überhaupt in solche Schubladen einordnen?
Besonders schwierig finde ich den Begriff der Vollzeitmama. Ich bin doch schließlich 24 Stunden an sieben Tage in der Woche eine Mama. Ganz egal, ob ich zusätzlich noch im Büro, in einem Laden oder in der Klinik arbeite. Ich bin es auch noch, wenn ich mit der Freundin ins Kino gehe oder ein Wellness-Wochenende ganz alleine mache.
Ich stelle auch während meiner Abwesenheit sicher, dass es meinen Kindern gut geht. In meinen Gedanken und in meinem Herzen sind sie immer mit dabei. Und wenn wirklich was ist, sprechen wir Eltern uns über das weitere Vorgehen ab und Pläne werden angepasst. Umgedreht ist das genauso. Und so ist Christian nach 13 Monaten Elternzeit ja nicht auch plötzlich vom Vollzeitpapa zum Teilzeitpapa geworden. Wie wohl die meisten Eltern sind wir für unsere Kinder da, auch wenn sie oder wir nicht unmittelbar da sind.
Zweifel und das große Vermissen
Natürlich gibt es Eltern, bei denen die Rollenverteilung beabsichtigt oder auch unbeabsichtigt ganz anders aussieht. Aber selbst dort finde ich die Einteilung in Vollzeiteltern und… ja in was eigentlich… irgendwie unpassend.
Eltern können im ersten Babyjahr komplett zu Hause sein oder auch mehr oder weniger viel arbeiten. Trotzdem sind sie rund um die Uhr für die Bedürfnisse ihrer Kinder zuständig. Wie und mit welcher Unterstützung sie dann den Alltag bestreiten, ist höchst individuell. Aber die Mutter, die für ihr neun Wochen altes Kind ihre Milch abpumpt, weil sie beruflich alleine reisen muss, ist genauso eine Vollzeitmama wie die Mutter, die rund um die Uhr unmittelbar bei ihrem Baby ist.
Im Idealfall können wir selbst entscheiden, wie wir das Leben mit Kind oder Kindern gestalten. In der Realität sieht es oft anders aus. Und dann zeigen die Zweifel und das große Vermissen, dass man eine Vollzeitmutter ist. Denn wenn sich die Emotionen zum Kind einfach so abstellen lassen würden, wäre es wohl an mancher Stelle sehr viel einfacher. Denn diese Zweifel kommen oft auch, selbst wenn man sich eigentlich aufs Arbeiten freut.
Immer eine Vollzeitmama
Auch wenn die Kinder später in der Schule oder im Kindergarten sind, bleiben wir Vollzeitmütter und die Väter eben Vollzeitväter. Oder darf ich mich sonst nur an den Tagen, an denen sie wegen Krankheit zu Hause sind bzw. am Wochenende so nennen? Was für eine Mama bin ich eigentlich, wenn ich gerade schlafe oder (ohne Kind) dusche?
Vielleicht meint Vollzeitmama ja aber auch, dass einen das Mamasein nur die Arbeitnehmer-üblichen 40 Wochenstunden lang beschäftigt. Aber was ist dann mit den restlichen 128 Stunden? Natürlich empfindet das jeder Mensch anders. Aber ich nehme mich immer als Vollzeitmama wahr. Egal ob, ich hier zu Hause unmittelbar bei meinen Kindern bin oder eben beruflich unterwegs. Mal bin ich eine Stunde weg für einen Hausbesuch, mal auch einen ganzen Tag lang.
Diese vier kleinen und größeren Kinder prägen unseren Alltag so sehr. Das Leben wäre komplett anders ohne sie. Und ja, gerade in beruflichen Belangen wäre die eine oder andere Situation sicherlich deutlich einfacher. So braucht es halt viele Absprachen und immer wieder auch viel Flexibilität. Und auch immer wieder den Mut, Dinge abzusagen, weil es sich mit Familie derzeit einfach (noch) nicht vereinbaren lässt. Wenn ich keine Vollzeitmama wäre, hätte mich die gestrige Verspätung sicherlich nicht halb so sehr belastet. Aber ich bin nun mal Vollzeitmama von vier Kindern, zu jeder Zeit, überall und mit sämtlichen damit verbundenen Emotionen und Herausforderungen.
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