Vor kurzem habe ich eine Mutter im Wochenbett für eine Stillberatung besucht, der von vielen Seiten gesagt wurde, wann ihr Kind trinken sollte. Und dies scheinbar so laut und eindringlich, dass sie ihr Kind und ihr Bauchgefühl gar nicht mehr richtig hören konnte. Das Baby war nämlich gar nicht damit einverstanden, nur alle vier Stunden gestillt zu werden. Und es brauchte viel Ausdauer und großen Aufwand beider Eltern, das Kind immer wieder zu beruhigen, wenn „es noch nicht an der Zeit“ war.
Später dann, als das Kind – nicht überraschend – nicht gut genug zunahm, sagte man der Frau, dass sie ihr Baby alle zwei Stunden anlegen müsse. Also weckte sie es mitten im Tiefschlaf. Doch das kleine Menschenkind ließ sich dann oft gar nicht oder nur sehr kurz anlegen. Irgendwann waren die Eltern und auch das Baby ganz durcheinander und alles lief überhaupt nicht so, wie es sollte. Die Mutter sagte, dass sie oft intuitiv gerne etwas anderes gemacht hätte, als ihr vorgegeben wurde. Doch alle um sie herum sagten ja etwas anderes.
Dabei wusste doch ihr Baby ziemlich genau, was es braucht. Und das wusste es zum Glück auch jetzt noch. Denn Babys kennen weder Uhren noch festgelegte Stillabstände. Für sie ist das Stillen nicht nur eine reine Nahrungsaufnahme, sondern sie brauchen es auch, um Nähe und Beruhigung zu erfahren, denn sie sind ja gerade erst ganz frisch in dieser Welt angekommen. Ein Baby einfach weiß nicht, dass es doch „erst vor einer Stunde“ schon getrunken hat. Es spürt nur jetzt in diesem Moment, dass es noch etwas braucht.
Hungerzeichen des Babys sind erkennbar
So ein Babyalltag ist auch für das Baby neu und anstrengend und darum schläft es viel, um alles zu verarbeiten und um zu wachsen. Es weiß nicht, warum es plötzlich zum Stillen geweckt wird und was jetzt genau von ihm erwartet wird.
Dabei ist es eigentlich so einfach: Ein gesundes und reifes Baby zeigt an, wann es hungrig und auch wann es müde ist. Die Hungerzeichen sind erkennbar. Es wird unruhig, öffnet seinen Mund und bewegt sein Köpfchen hin und her, wenn es trinken möchte. Es signalisiert ebenfalls, wenn es müde ist. Dabei interessiert sich das Baby nicht für eine Uhrzeit und ebenso wenig, zu welchen Zeiten es am Tag davor geschlafen hat. Gerade in der ersten Monaten müssen wir als Eltern mit unserem Baby mitgehen und aufmerksam sein für das, was es uns zeigt. Einfach, weil das Baby es noch nicht anders kann. Es kann sich nicht unseren Zeiten, Taktungen und möglichen Ideen eines Ablaufs anpassen.
Gerade das Gefühl von Hunger ist etwas ganz Existenzielles für ein Baby. Denn es weiß ja nicht, dass es „in 30 Minuten etwas gibt“. Das Baby hat einfach jetzt gerade Hunger. Es hilft also wenig, Eltern theoretische Zeiten und Abläufe vorzuschlagen für ein Kind, was wir als Fachpersonal ja noch viel weniger kennen als seine Eltern. Es hilft aber viel, Eltern immer wieder zu sagen, dass sie auf sich und vor allem auf ihr Kind hören sollen – und man als externer Helfer bei Fragen oder Sorgen gerne da ist. Uhren und Tabellen werden dem aber nur sehr selten im Leben mit Kindern gerecht.
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