Der GKV-Spitzenverband feiert die „Rettung der Hebammen“ und wirft mit Zahlen um sich, die zeigen, dass es nun sogar wieder mehr freiberuflich in der Geburtshilfe tätige Hebammen gäbe. Jede Hebamme weiß, dass diese Zahlen nicht stimmen, wenn sie tagtäglich sehr vielen Frauen auf Hebammensuche zwecks mangelnder Kapazitäten absagen muss.
Die beiden Kolleginnen, die neulich in der Klinik zu zweit einen Spätdienst mit sieben Geburten allein bewältigen mussten, sitzen indessen weinend über der Überlastungsanzeige für ihren Arbeitgeber. Die Hebammenschülerin, die statt im Kreißsaal lernen zu können, dort nur als billige Arbeitskraft eingesetzt wird, wird ebenfalls nur den Kopf darüber schütteln. Doch auch jede Frau, die gerade eine Hebamme sucht, wird gründlich daran zweifeln. Mütter, die unter der Geburt von einer Geburtsklinik in die nächste verlegt werden müssen, weil weder Platz noch Personal im Kreißsaal da ist, glauben auch nicht mehr an das Märchen von den „geretteten Hebammen“.
Die Hebammen nerven
Warum also werden trotzdem immer wieder vermeintliche Erfolgsmeldungen durch die Presseverteiler gejagt? Die Hebammen nerven, auch medial, und das schon sehr lange. Und die Eltern, die sich ihren Anliegen anschließen, nerven ebenfalls. Sowohl Politik als auch Krankenkassen würden wohl gerne endlich einen Schlussstrich unter dieses Thema ziehen. Gerade jetzt, wo es auf die Wahlkampfzeit zu geht, will man sich nicht mit Problemen befassen, die scheinbar ohnehin nicht lösbar sind. Zumindest nicht, ohne dafür Geld in die Hand nehmen zu müssen.
Darum wird an der einen Stelle ein bisschen an der Haftpflichtsituation der freiberuflichen Hebammen herumgewerkelt, um zumindest Solidarität zu suggerieren, während die angestellten Hebammen ebenfalls immer weniger werden bei gleichzeitig wieder steigenden Geburtenzahlen. Auch hier berichten immer wieder Zeitungen von schließenden Geburtskliniken oder vom Kreißsaal mit festen Öffnungszeiten. Da wird dann von den Krankenkassen gerne mit Qualität argumentiert, die kleinere Kliniken mit wenigen Geburten angeblich nicht ausreichend gewährleisten könnten. Doch ist die Alleingeburt im Auto oder die Geburt im komplett unterbesetzten Kreißsaal einer Level-1-Klinik tatsächlich qualitativ besser? Die Antwort dazu steht noch aus.
Geld statt Gesundheit
Über die Hebammentätigkeiten außerhalb der Geburtshilfe wird besser gleich gar kein Wort mehr verloren. Denn vor und nach der der Geburt geht es schon irgendwie ganz ohne Hebammen. Die Frauen können ja „im Notfall“ schließlich im Wochenbett zum Kinderarzt oder in die gynäkologische Ambulanz eines Krankenhauses gehen – lange Wartezeiten in keimbelasteter Umgebung inklusive. In Sachen Geburt gibt es aber noch die Hinzuziehungspflicht, die erforderlich macht, zu jeder Geburt eine Hebamme zu rufen. Es ist aber womöglich nur eine Frage der Zeit, bis versucht wird, auch an diesem Punkt zu rütteln.
Vielleicht kann man dann den Hebammenberuf einfach auch noch mit in die Tätigkeit der Krankenschwester (Gesundheits- und Krankenpflege) einbauen. Genauso wird ja schließlich gerade auch mit der Kinderkrankenpflege verfahren. Es ist doch ungemein praktisch, wenn man medizinisches Personal einfach spontan überall einsetzen kann. Babys, Kinder, alte Menschen, junge Menschen, Schwangere… das macht doch keinen Unterschied. Wer braucht schon spezifisches Fachwissen oder bestimmtes handwerkliches Können?
Das ist scheinbar alles überbewertet. Wer weiß, ob nicht schon an irgendeiner Stelle zumindest auf dem Papier ein Universalberuf kreiert wird, in dem irgendwer „irgendwas mit Menschen im Gesundheitssektor“ macht. Dann sind zukünftig alle Mitarbeiter im Gesundheitsdienst einfach für alles universell einsetzbar – ganz im Sinne der Ökonomisierung im Gesundheitswesen. Unternehmensziel ist schließlich nicht etwa an erster Stelle die Gesundheit und die Zufriedenheit der Patienten oder im Falle der Hebammenarbeit der neugeborenen Familie, sondern der wirtschaftliche Erfolg.
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