Immer wieder werde ich „vorsichtig“ von Frauen gefragt, ob ich denn auch zum Abstillen beraten würde. Selbstverständlich tue ich das. Denn auch das Ende der Stillzeit wirft oft Fragen auf oder hat vielleicht Unterstützungsbedarf. Als Stillberaterin IBCLC lebt man vielleicht immer noch ein bisschen mit dem Vorurteil anderer, dass es Stillberaterinnen primär darum geht, andere Mütter vom Stillen zu überzeugen – und natürlich sollten sie das möglichst lange tun.
Dabei geht es doch viel mehr darum, die jeweilige für diese Mutter und ihr Kind passende Stilldauer bestmöglich zu unterstützen. Und manchmal eben auch dabei zu helfen, den passenden Abstillzeitpunkt zu finden. Oder konkret dabei zu helfen, den Abstillwunsch in die Realität umzusetzen. Es stimmt zwar schon, dass sich jedes Kind von alleine irgendwann abstillt, aber oft ist dieser Zeitpunkt wesentlich später als von Seiten der „betroffenen“ stillenden Mutter gedacht oder auch erhofft. Denn Stillen ist kein einseitiger Prozess und sollte sich für beide Seiten passend und gut anfühlen. Und manchmal tut es das nicht mehr. Dann wünscht sich eine Mutter eben allmählich das Ende der Stillzeit herbei.
Die Gründe dafür sind vielfältig. Von einem Unwohlsein beim Stillen bis zum Wunsch nach einer neuen Schwangerschaft ist alles dabei. Weder ein erneuter Kinderwunsch noch eine bereits wieder eingetretene Schwangerschaft sind zwar zwingende Abstillgründe. Aber manchmal hemmt ein noch sehr häufiges Stillen vielleicht doch die Fruchtbarkeit. Oder das Stillen fühlt sich durch die Schwangerschaft unangenehm an. Das wird von Schwangerschaft zu Schwangerschaft und natürlich auch von Frau zu Frau ganz unterschiedlich erlebt.
Abstillberatung mit Blick auf Bedürfnisse von Mutter und Kind
Wichtig ist vor allem, das eigene Empfinden wahr und ernst zu nehmen. Je nach Alter des Kindes hängt das Baby oder das Kleinkind noch sehr am Stillen. Tatsächlich ist es oft einfacher, ein jüngeres Kind abzustillen. Das sollte aber deshalb keine vorzeitige Strategie für eventuell später aufkommende Abstillbedürfnisse der Mutter sein. Das Abstillen ist dann angezeigt, wenn es sich für die Mutter entsprechend richtig anfühlt. Hier fragen wir als Stillberaterinnen sicherlich noch mal genauer nach. Dies geschieht jedoch nicht aus dem Grund, eine Frau mit Abstillwunsch zum Weiterstillen zu überreden. Manchmal sind jedoch Mütter von Kommentaren und Verurteilungen in ihrem Umfeld von Partner, Kinderarzt oder die Schwiegermutter derart verunsichert, dass sie deshalb abstillen möchten. Dann ist es aber sinnvoller, diese Mutter anders zu stärken und zu unterstützen, als gemeinsam einen Abstillplan zu gestalten.
Das Abstillen gehört zum Stillen dazu. Und genau wie die Stillzeit selbst kann es ganz selbstverständlich und unproblematisch laufen. Oder mit Fragen, Sorgen oder Beschwerden einhergehen. Und dann darf und sollte man sich Unterstützung holen. Mal reicht das Gespräch mit der Freundin, die vielleicht schon Abstillerfahrung hat. Mal ist der Austausch im fachlich begleiteten Rahmen einer Stillgruppe die passende Unterstützung. Die darf natürlich auch nach dem Abstillen noch besucht werden. Und manchmal ist die Beratung und Begleitung durch die Hebamme oder eine Stillberaterin sinnvoll.
Im Leistungskatalog der Krankenkassen für die Hebammenbetreuung ist die Hilfe bei Still- und Ernährungsschwierigkeiten des Kindes als ambulante hebammenhilfliche Leistung bis zum Ende der Abstillphase vorgesehen. Und es ist ganz egal, ob diese Abstillphase sechs, zwölf oder 36 Monate nach der Geburt stattfindet. Natürlich wirft das Abstillen im ersten Lebensjahr andere Fragen als im dritten Lebensjahr auf. Aber berechtigt sind alle. Und darum nochmal deutlich der Hinweis, dass sich jede Mutter zu jedem Zeitpunkt in der Stillzeit und in der Abstillzeit Hilfe durch Fachpersonal holen darf. Und dann hoffentlich auch genau jene Unterstützung bekommt, die ihren Weg und ihre individuellen Wünsche sowie die Bedürfnisse des Kindes gleichermaßen im Blick hat.
Schreibe einen Kommentar