(Werbung / Affiliate-Link) Ich habe hier schon häufiger zum Thema Kaiserschnitt geschrieben und dabei auch gerne ein Buch empfohlen, dass sich mit der Folgegeburt nach einem erlebten Kaiserschnitt beschäftigt. Die Zeiten, in denen es hieß „Einmal Kaiserschnitt – immer Kaiserschnitt“ sind zum Glück vorbei. Doch trotzdem fühlen sich viele Frauen nicht umfassend genug informiert darüber, wie sie ihre nächste Geburt selbstbestimmt planen können.
Ute Taschner hat genau zu diesem Thema zusammen mit Kathrin Schreck das Buch Meine Wunschgeburt – Selbstbestimmt gebären nach Kaiserschnitt verfasst. Die Autorinnen haben nach jeweils zwei Kaiserschnitten beim dritten Kind natürliche Geburten erlebt. Das Buch vereint persönliche Beweggründe, medizinisches Fachwissen und Erfahrungsberichte von Müttern.
Mittlerweile ist Ute Taschner Mutter von vier Kindern. Ihre ersten beiden Kinder kamen durch einen Kaiserschnitt auf die Welt, die anderen beiden auf natürlichem Wege. Die 42-Jährige hat Medizin studiert und die Facharztausbildung im Fach Gynäkologie und Geburtshilfe begonnnen. Außerdem ist sie Still- und Lakationsberaterin IBCLC. Ich freue mich sehr über den nun folgenden Gastbeitrag von Ute Taschner mit wertvollen Anregungen, wie sich Mütter auf die nächste Geburt nach einem Kaiserschnitt vorbereiten können.
Geburt nach zwei Kaiserschnitten
Nie hätte ich geglaubt, dass mir das passieren würde: Statt der ersehnten Hausgeburt finde ich mich mit einer schmerzenden Narbe auf dem Bauch und ohne Kind in einem Krankenhausbett wieder. Mein kleiner Sohn liegt im Babyzimmer, weit weg von mir. Und während ich das aufschreibe, erinnere ich mich lebhaft daran, wie unendlich schockiert ich damals vor mehr als 16 Jahren über die gerade zurückliegende Geburt war.
Beim nächsten Kind sollte alles anders werden. Bloß keinen Kaiserschnitt mehr! Ich meldete mich im Geburtshaus an und ließ mich von einer Hebamme durch die Schwangerschaft begleiten. Doch kurz vor dem errechneten Termin teilte mir die Hebamme mit, sie hätten im Geburtshaus entschieden, dort keine Mütter mehr nach vorherigem Kaiserschnitt zu begleiten. Die Kliniken, die nun zur Auswahl standen, sagten mir überhaupt nicht zu und ich bekam Angst. Da ich bei einem erneuten Kaiserschnitt wenigstens wusste, was auf mich zukommen würde, entschloss ich mich beim zweiten Kind zu einem geplanten Kaiserschnitt. Der verlief problemlos und ich erfuhr, wie wunderbar eine bindungsförderndes Umfeld nach einem Kaiserschnitt sein kann. Dies hatte ich nach dem ersten Kaiserschnitt anders erlebt.
Noch ehe ich zum dritten mal schwanger wurde, reifte in mir der Wunsch, das nächste Baby auf natürlichem Weg zur Welt zu bringen. Ich begann, so viele Informationen wie möglich zu sammeln und kontaktierte Kliniken, Hebammen und Ärzte. Zwar gilt das Dogma „Einmal Kaiserschnitt – immer Kaiserschnitt“ nicht mehr, jedoch standen nach zwei Kaiserschnitten die meisten Geburtshelfer meinem Vorhaben skeptisch gegenüber. Einige lehnten die Begleitung einer natürliche Geburt nach zwei Kaiserschnitten rundweg ab. Aber ich lernte auch Frauen kennen, die es trotzdem geschafft hatten. Und ich suchte und fand Hebammen und Ärzte, die mich in meinem Vorhaben bestärkten und ermutigten.
In den vielen Gesprächen, die ich mit anderen Müttern, Ärzten und Hebammen führte, standen die folgenden Fragen im Mittelpunkt: Wie kann eine natürliche Geburt nach einem oder mehreren Kaiserschnitt(en) gelingen? Welche Risiken gibt es und wie bereitet man sich am besten vor?
Rückblickend zeigte sich, dass meine Vorbereitung aus drei einfachen Schritten bestand. Ich habe die vorherigen Geburten verarbeitet und mit meiner Hebamme besprochen. Ich habe während der Schwangerschaft die medizinischen Möglichkeiten mit meiner Hebamme und meiner Ärztin ausgelotet. Ich habe mich gründlich auf die nächste Geburt vorbereitet. Diese Vorbereitung umfasste die bestmögliche Organisation der Geburt selbst, die körperliche und vor allem die mentale Vorbereitung.
Schritt 1: Über die Geburt sprechen
Besonders nach einem Kaiserschnitt lohnt es sich, mit dem beteiligten Arzt oder der Hebamme ins Gespräch zu kommen. Bei dieser Gelegenheit kann man offene Fragen stellen und damit Ereignisse, die während der Geburt eingetreten sind, besser einordnen oder verarbeiten. Es hilft, wenn dazu die Dokumentation des Geburtsverlaufes und der OP-Bericht vorliegen. Diese Unterlagen kann man normalerweise problemlos in der Geburtsklinik anfordern. Manchmal reicht das jedoch nicht. Falls sich eine Mutter nach der Geburt dauerhaft traurig oder verunsichert fühlt, oder wenn sie seelische oder körperliche Verletzungen oder beides erlebt hat, kann eine professionelle, therapeutische Begleitung notwendig sein. Nützliche Adressen und Ansprechpartner unterschiedlicher Berufsgruppen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz finden sich auf den Webseiten kaiserschnittnetzwerk.de und kaiserschnittstelle.de.
Besteht keine Möglichkeit, mit einer Fachperson über die zurückliegende Geburt zu sprechen, kann man als ersten Schritt zur Selbsthilfe einen ausführlichen, persönlichen Bericht über die Geburt schreiben oder sich in Kaiserschnittgruppen oder Internetforen mit anderen Müttern austauschen. Doch hier ist Vorsicht geboten, in manchen Foren herrscht ein rauer Umgangston.
Schritt 2: Medizinische Möglichkeiten ausloten
Viele Frauen glauben, die Risiken für eine vaginale Geburt nach einem früheren Kaiserschnitt seien hoch. Doch dies ist nur selten der Fall. Dennoch sollte man sich während der nächsten Schwangerschaft rechtzeitig über sein individuelles Risiko informieren und die Geburt in Absprache mit Arzt und Hebamme entsprechend planen. Da die Planung davon abhängt, weshalb und auf welche Weise der erste Kaiserschnitt erfolgte, benötigt man für das Gespräch unbedingt eine Kopie des OP-Berichtes.
Generell gilt: War ein dauerhaft bestehendes Problem der Grund für den ersten Kaiserschnitt, wird auch bei nachfolgenden Geburten ein Kaiserschnitt unumgänglich sein. Ein Beispiel hierfür ist die starke Verengung des mütterlichen Beckens, die heutzutage jedoch extrem selten vorkommt. Wurde der Kaiserschnitt durchgeführt, weil der Arzt eine kindliche Gefährdung während des Geburtsvorganges befürchtete, bestehen zumeist gute Chancen auf eine natürliche Geburt beim nächsten Kind. Obwohl manche Ärzte aus Sorge vor Komplikationen recht schnell zum erneuten Kaiserschnitt raten, ist in folgenden Situationen oft eine vaginale Geburt möglich:
• bei Zwillingen
• wenn das Baby in Beckenendlage liegt
• bei einem Zustand nach Kaiserschnitt wegen Geburtsstillstandes
• wenn ein großes Kind vermutet wird
Deuten individuelle Umstände auf höhere Risiken hin, kann auch ein wiederholter Kaiserschnitt das Mittel der Wahl sein. Wer den Empfehlungen seines Arztes oder seiner Hebamme nicht folgen möchte, kann eine Zweitmeinung einholen. Ein besonderer Risikofaktor stellt die Uterusruptur dar. Sie ist selbst nach vorherigem Kaiserschnitt ein seltenes Ereignis. Wissenschaftler kommen in ihren Berechnungen zu dem Ergebnis, dass zwischen zwei bis fünf von 1000 Frauen nach einem Kaiserschnitt von dieser Komplikation betroffen sind. Ein natürlicher Geburtsbeginn und der Verzicht auf wehenverstärkende Mittel während der Geburt vermindern die Wahrscheinlichkeit.
Schritt 3: Vorbereitung auf eine natürliche Geburt nach Kaiserschnitt
Eine Geburt nach Kaiserschnitt braucht etwas mehr Vorbereitung, als eine „normale“ Geburt, denn die Strukturen der heutigen Geburtshilfe begünstigen Kaiserschnitte. Deshalb ist es wichtig, für die nächste Geburt hilfreiche Rahmenbedingungen zu schaffen. Idealerweise unterstützen Arzt oder Hebamme das Vorhaben. Sollte dies nicht der Fall sein, kann man einen Wechsel erwägen.
Der Geburtsort hat großen Einfluss auf das Gelingen einer natürlichen Geburt nach Kaiserschnitt. Vor allem sicher und geborgen sollte man sich dort fühlen. Es ist wichtig, dass an diesem Ort die eigenen Wünsche und Bedürfnisse respektiert werden. Bei der Wahl der Klinik sollte man auf eine möglichst niedrige Rate an Kaiserschnitten und sonstigen Eingriffen in den physiologischen Ablauf der Geburt achten. Dazu gehören auch Routinemaßnahmen wie Geburtseinleitungsversuche oder das Anlegen eines Dauer-CTG.
Es gilt zudem, Vertrauen in die eigene Gebärfähigkeit zu gewinnen. Denn nicht nur die äußeren Umstände, sondern auch ein gutes Körpergefühl, Selbstvertrauen und Zuversicht spielen für das Gelingen der Geburt eine wichtige Rolle. So bestätigen viele Frauen, die nach Kaiserschnitt(en) natürlich geboren haben, dass die mentale Geburtsvorbereitung für sie sehr wichtig war. Dazu kann man sich die Geburt mit Hilfe innerer Bilder ausmalen. Manchen Frauen helfen leichter Ausdauersport, Entspannungstechniken oder Yoga, um das Körpergefühl zu verbessern und damit genauer auf die Signale des Körpers zu achten. So kann man während der Geburt selbstbewusster mit den Herausforderungen umgehen, die es zu meistern gilt.
Einige Frauen trauen sich die nächste Geburt nicht zu, weil der vorherige Kaiserschnitt wegen eines Geburtsstillstandes erfolgte. Andere befürchten, es könnte im Verlauf der Geburt zu einer Notsituation kommen. Diese Ängste und Sorgen sind ganz normal. Im Gespräch mit dem Arzt oder der Hebamme kann gemeinsam überlegt werden, welche Handlungsoptionen in derartigen Fällen bestehen. Auch die beste Vorbereitung kann eine natürliche Geburt allerdings nicht garantieren. Vielleicht passiert es sogar, dass sich eine Frau trotz gegenteiligem Vorsatz plötzlich selbst einen erneuten Kaiserschnitt wünscht. Entweder, weil sie in das vertraute Muster zurück möchte, oder weil sie selbst, ohne dass es bereits objektive Anzeichen dafür gibt, eine Gefahr für das Kind oder sich spürt.
Manchmal erfordern neu aufgetretene medizinische Umstände eine operative Geburt. Deshalb sollte man einen alternativen Geburtsplan für den Fall eines Kaiserschnittes bereithalten. Folgende Standards in der Klinik der Wahl können Mutter und Kind im Falle eines wiederholten Kaiserschnittes den Start erleichtern:
• im Falle eines Kaiserschnittes wird das Bonding im OP-Saal ermöglicht
• es gibt kompetente Unterstützung beim Stillen und dem Umgang mit dem Baby
• beim geplanten Kaiserschnitt warten die Ärzte in der Regel den Beginn der Wehen ab, weil die Babys sonst häufiger unter Anpassungsstörungen, wie Atemnot leiden
• eine Trennung von Mutter und Kind wird konsequent vermieden
Fazit:
Eine gute Vorbereitung kann eine natürliche Geburt nicht garantieren, aber die Wahrscheinlichkeit dafür erhöhen. Es lohnt sich, bereits zu Beginn der Schwangerschaft Geburtshelfer und Hebammen zu suchen, die den Wunsch nach einer natürlichen Geburt unterstützen. Wenn man so viele Informationen wie möglich zusammen trägt, steigen die Chancen auf eine natürliche Geburt. Unter guten Voraussetzungen liegen diese mit über 75 Prozent ziemlich hoch.
Literatur: Meine Wunschgeburt – Selbstbestimmt gebären nach Kaiserschnitt, Ute Taschner, Kathrin Scheck, edition riedenburg 2012
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