Im Mai ist der Maternal Mental Health Month. Ein Monat, der auf ein Thema aufmerksam machen soll, was viel zu oft übersehen oder übergangen wird: die mentale Gesundheit von Frauen vor und nach der Geburt ihrer Kinder. Denn Schwangere fühlen sich nicht automatisch gut und überglücklich, auch wenn das Wunschkind unterwegs ist. Und Müttern geht es nicht selbstverständlich gut, nur weil sie doch eine unkomplizierte Spontangeburt hatten. Oder weil ihr Kind gesund ist. Und das Stillen doch ganz gut klappt. Oder der Dammriss problemlos verheilt ist.
Gesundheit ist wesentlich mehr als all diese einzelnen Fragmente.
Und vielen Frauen geht es vor und nach der Geburt eben nicht gut, nur weil rein körperlich doch „alles in Ordnung“ ist. Gesundheit ist mehr als ein scheinbar unversehrter Körper. Das seelische Wohlbefinden ist ganz maßgeblich daran beteiligt, wie gesund sich ein Mensch fühlt. Doch nach dem seelischen Befinden werden Mütter noch immer viel zu selten gefragt. Und nach der Geburt sind Sätze von Fachpersonal wie „Und Ihnen geht es auch gut?” nur selten eine Einladung, sich zu öffnen, wenn genau dies nicht der Fall ist.
Dafür braucht es meist auch eine vertrauensvolle Basis. In Zeiten von unterbesetzten Wochenbettstationen oder fehlenden Hebammen für die häusliche Betreuung fehlt diese jedoch viel zu oft. Und Mütter stehen sehr alleine da mit ihren Sorgen. Zudem sind negative oder unglückliche Gefühle nach einer Geburt noch immer sehr mit Scham behaftet. Zu sehr ist doch das Bild der glückselig lächelnden Mutter mit ihrem Baby im Arm verbreitet.
Die vermeintlich einfache Frage nach dem Befinden
Nicht wenige Frauen wenden viel Kraft auf, um dieser gesellschaftlichen Erwartung zu entsprechen. Einfach weil sie sich nicht trauen zu sagen, dass sie alles andere als glücklich sind. Dass sie eine große Erschöpfung spüren oder Angstzustände haben. Dass sie jedes Mal weinen müssen, wenn sie an die Geburt denken. Oder dass ihnen das Kind in ihrem Arm so fremd vorkommt und sie unter großer Einsamkeit leiden. Viele dieser Frauen können nicht mehr schlafen, weil der Körper unter permanenter Anspannung steht.
All diese Gefühlszustände gibt es eben auch – vor und aber auch nach der Geburt. Und sie müssen genau so gesehen werden wie die Geburtsverletzung oder der zu hohe Blutdruck. Der psychosoziale Aspekt der Hebammenarbeit wird immer noch oft belächelt. Das Baby zu untersuchen oder der Mutter Blut abzunehmen, es hat in den Augen mancher Menschen einen höheren Stellenwert, als die vermeintlich einfache Frage nach dem Befinden. Doch ein einfaches „Wie geht es dir heute?“ eröffnet oft einen Raum, in dem ich doch viel mehr über die Gesundheit einer Frau erfahre. Und der Blick auf die seelische Gesundheit einer Mutter ist von ebenso großer Bedeutung wie der auf die Blutwerte.
Oft wird auch vergessen, wie wichtig gerade in dieser besonderen Lebensphase das mentale Wohlbefinden ist. In einer Phase, in der auch das Babys vollständig abhängig davon ist, nicht nur körperlich sondern auch seelisch genährt zu werden. Doch wenn es der Mutter nicht gut geht, wird genau das zur großen Herausforderung. Psychische Krisen und Erkrankungen sind immer eine hohe Belastung für die Betroffene, aber gerade in dieser Lebensphase ist es besonders wichtig, dass Mütter und ihre Familien schnell adäquate Hilfe bekommen.
Noch besser ist es natürlich, wenn präventiv die Umstände für Mütter so gestaltet sind, dass das Risiko stark reduziert wird, vor oder nach der Geburt psychisch zu erkranken. Und da kommen wir immer wieder zu dem Punkt, dass eine Mutter selbst gut bemuttert werden sollte, damit sie gut für ihr Baby sorgen kann. Und dass eine Gesellschaft das seelische Befinden von Frauen vor und nach der Geburt als genau so wichtig erachtet wie das körperliche Wohlbefinden.
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